Tragische Frauenfiguren dominieren den Spielplan 2017/2018 des Theaters Basel. Das mag etwas darüber hinwegtrösten, dass das Publikum eine Auszeit des Regiestars Simon Stone wird verkraften müssen. Und überdies macht in der deutschsprachigen Theaterszene ein Gerücht um Direktor Andreas Beck die Runde.
Zuerst ein paar Worte zum Spielplan 2017/2018, den das Theater Basel am Mittwoch vorgestellt hat. Die dritte Spielzeit unter Andreas Beck verspricht in erster Linie viele spannende Begegnungen mit tragischen Frauenfiguren: mit der Violetta aus Verdis «La Traviata», mit Elektra aus Richard Strauss‘ gleichnamiger Oper, der Schwanenprinzessin aus Tschaikowskis «Schwanensee», dem Aschenputtel aus Giacchino Rossinis «La Cenerentola», mit der Yerma aus Federico García Lorcas gleichnamiger Tragödie oder mit Mary Page Marlowe aus dem Schauspiel «Eine Frau» von Tracy Letts.
Man könnte nun noch Alkmene aus Kleists hintersinnigem Lustspiel «Amphitryon» nennen. Oder die Seeräuber-Jenny aus Brecht/Weills «Die Dreigroschenoper» anfügen. Aber da geht es bekanntlich mehr um Mackie Messer und weitere Männer. Der in Berlin lebende Basler Filmemacher Dani Levy wird dieses musikalische Schauspiel inszenieren, das «wie gespuckt» zur Zeit passt, wie sich Theaterdirektor Andreas Beck an der Präsentation des kommenden Spielplans ausdrückte.
Beck spricht von «verstörenden Zeiten», die Menschen dazu bringen, aus geordneten Bahnen auszubrechen. Und diese Menschen und Schicksale stehen im Zentrum der Spielzeit 2017/2018, die am 9. September mit einem Theaterfest beginnen wird.
«85 Prozent Werktreue»
Die Ausnahme-Theaterfigur Woyzeck aus Büchners gleichnamigem Dramenfragment ist so ein Mensch im Ausnahme-Zustand. Büchner kommt noch ein zweites Mal zum Zug. Mit «Leonce und Lena». Beziehungsweise mit einer Bearbeitung des Stoffs durch Thom Luz, der damit nach eigenen Angaben zum ersten Mal ein «richtiges Theaterstück» inszenieren und für einmal seine Finger von szenischen Jenseits-Tableaus lassen wird. Lutz verspricht sogar «85 Prozent Werktreue».
Was gibt es sonst noch? Eine Operette fürs Schauspielensemble («Die Blume von Hawaii» von Paul Abraham), ein ganz früher Mozart (die Opera seria «Lucio Silla»), eine ganze Reihe von Uraufführungen, unter anderen von «Der Revisor oder: Das Sündenbuch» des Basler Dramatikers Lukas Linder.
Hier gibt es detaillierte Informationen zum Spielplan 2017/18
Der grosse Abwesende
Zurück zu Thom Luz. Er ist einer der Hausregisseure, die 2015 mit Beck in Basel angefangen haben. Nora Schlocker und Julia Hölscher sind zwei weitere, die auch weiterhin hier inszenieren werden. Nicht mehr aufgeführt ist der Vierte im ursprünglichen Bunde: Simon Stone, der gefeierte Regiestar, um den so viele grosse Theater das Basler Haus beneidet haben.
Stone wird mit drei Wiederaufnahmen («Engel in Amerika», «John Gabriel Borkman» und «Drei Schwestern») auf den Bühnen zwar weiterhin präsent sein. Aber auf eine neue Inszenierung müssen seine vielen Basler Fans zumindest in der Saison 2017/2018 verzichten. Stone wolle sich auf ein Filmprojekt konzentrieren, sagte Beck an der Spielplan-Präsentation. Er werde aber übernächste Saison mit einer Koproduktion mit dem Burgtheater in Wien wieder in Basel zu sehen sein. Genaueres über die Produktion sagte Beck nicht. Und auch in der Spielplanbroschüre des Burgtheaters ist nur von «einer neuen Inszenierung von Simon Stone» die Rede.
Springt Beck aufs Intendantenkarussell auf?
Das Wiener Burgtheater sucht übrigens einen neuen Direktor. Karin Bergmann, die aktuelle Direktorin der grössten deutschsprachigen Schauspielbühne, hört 2019 auf. Und obwohl die Stelle noch gar nicht offiziell ausgeschrieben ist, wie die Sprecherin des österreichischen Kulturministers Thomas Drozda sagt, werden branchenintern bereits mögliche Nachfolger genannt.
Dazu gehört neben dem Intendanten des Bayerischen Staatsschauspiels, Martin Kušej, und der Direktorin des Schauspielhauses in Hamburg, Karin Beier, auch Andreas Beck, der sich mit seinem Neubeginn in Basel viel Beachtung verschafft hat.
Beck selber will sich nicht dazu äussern. «Zu Gerüchten nehmen wir keine Stellung», heisst es im Theater Basel dazu knapp.
Beck, der von 2002 bis 2007 als Dramaturg am Burgtheater gearbeitet hat, kennt das renommierte Wiener Haus von innen. Allerdings müsste er, falls er tatsächlich nach Wien wechseln würde, ein Jahr früher aus seinem Vertrag mit dem Theater Basel aussteigen, der bis 2020 läuft.
Aber dass er im Intendantenkarussell um den höchst angesehenen Direktorensessel in Wien Platz nehmen könnte, ist erst einmal nur ein Gerücht, das durch Theater in Berlin, Wien und Basel schwirrt. Die konkrete Suche nach einem neuen Chef werde im Sommer beginnen, heisst es aus dem österreichischen Kulturministerium. Und Minister Thomas Drozda werde die Nachfolge voraussichtlich Ende Jahr bestimmen.