Ummantelte Hölzer und Duftlampen

Gemeinsamkeiten haben sie im Grunde keine: Lydia Giffords Kunst wirkt reduziert, Jan Kiefers bodenständig. Beiden jedoch ist das Handwerk ein Anliegen, wie ihre Einzelausstellungen im Kunsthaus Baselland zeigen.

(Bild: zVg/©)

Gemeinsamkeiten haben sie im Grunde keine: Lydia Giffords Kunst wirkt reduziert, Jan Kiefers bodenständig. Beiden jedoch ist das Handwerk ein Anliegen, wie ihre Einzelausstellungen im Kunsthaus Baselland zeigen.

Lassen wir die ersten Werke einfach mal aussen vor und gehen im Kunsthaus Baselland strikt auf die kurze Treppe zu, die zum Balkon hinaufführt. Dort, an der Wand, hat Lydia Gifford eines ihrer Werke befestigt: Eine senkrechte Platte, auf der einen Seite in einem rostroten Ton, auf der anderen in Beige bemalt. Interessant wird das Werk vor allem an jener Stelle, wo die Platte auf die Wand trifft. Dort hat die britische Künstlerin eine betonartige Masse mit den Fingern so aufgetragen, dass das Werk auf der Wand seinen Fortgang findet.

Gifford hält nicht viel von vorgegebenen Begrenzungen. Ebenso wenig liegt ihr daran, ihre gewählten Medien Skulptur und Malerei so zu gebrauchen, wie der Kanon das vorsieht. Als Beispiel für die erste Behauptung sei das für die Ausstellung titelgebende Werk «Siding» erwähnt. Das englische Wort verweist auf architektonische Ver- oder Bekleidungen, auf räumliche Elemente, die eine Unterbrechung im traditionellen Architekturgefüge darstellen. Eine 40 Meter lange Wand stellt für Kunstschaffende im Kunsthaus Baselland immer wieder eine Herausforderung dar. Gifford hat sich dieser Wand gestellt, indem sie eine Art Regal über die ganze Länge zieht.

Dabei ist nicht nur die Höhe, auf der sie dieses «Regal» angebracht hat, wichtig (nämlich auf Höhe der menschlichen Körpermitte), sondern auch die Farbgebung: Die Bretter, aus denen das Regal gefertigt sind, sind alle in unterschiedlichen Beigetönen bemalt, die sich nur in feinsten Nuancen unterscheiden. Diese Nuancen sind ein erster Verweis auf die Unendlichkeit von Möglichkeiten, die eine Gesamtkonzeption beinhaltet. Der zweite Verweis liegt in der Bauart des Regals: Wenige Bretter sind von hinten an der Wand befestigt, die restlichen nur lose darauf abgelegt.

Fragile Haptik

Giffords Arbeiten erwecken so den Anschein von Fragilität, haben aber eine Haptik, die sich auch durch die Textur ergibt – gerade in den Skulpturen und Gemälden. Gifford spannt nicht, wie die meisten Maler das tun, eine Leinwand über einen fixen Holzrahmen und bemalt diese, sondern sie nimmt dicken Baumwollstoff, den sie grossflächig einfärbt und schliesslich über gefundene Hölzer spannt. Was übersteht, wird mehr oder weniger lose um das Holz geschlungen und festgemacht, was dazu führt, dass die Bilder nicht flach an der Wand hängen, sondern gegebenenfalls vorstehen und eine skulpturale Form erhalten. Auf dieselbe Weise entstehen auch die frei im Raum stehenden Skulpturen, die eine Körperlichkeit aufweisen, die in Kontrast zu ihren flachen Materialien steht.

Die Spuren des künstlerischen Handwerks verwischt auch Jan Kiefer nicht, der im Kunsthaus Baselland seine erste institutionelle Ausstellung zeigt. Im Gegenteil. Der 33-Jährige setzt alles daran, das Handwerk sichtbar zu machen. Nichts in dieser Ausstellung ist vorgefertigt. Nicht die Rahmen, in denen Fotografien aus Handwerksmagazinen aus den 70er Jahren kleben, nicht die grossen, jeansüberzogenen Hände, die den Mahnfinger erheben, nicht die Kleiderbügel, auf denen selbstbedruckte T-Shirts hängen.

Handwerk als Konzept

Kiefers Kunst darf man durchaus konzeptuell nennen, doch im Gegensatz zu anderer konzeptueller Gegenwartskunst prägen seine Sprache nicht minimale Gesten und reduzierte Formen. Nein, in Kiefers Universum duftet es sogar, nach Arvenholz. Denn die Auseinandersetzung mit dem Thema Handwerk hört bei Kiefer nicht bei der Handarbeit auf, die das tägliche Leben in den Siebziger und Achtziger Jahren mitprägte, sondern nimmt auch esoterische Ausformungen auf, zu denen etwa Duftlampen gehören. Ein riesenhaftes Exemplar einer solchen Schale steht im letzten Raum seiner Schau – natürlich selbst gebaut.

Die Arve, deren Duft und Holz Kiefer nutzt, gilt als äusserst zäher Baum. Sie ist Brenn- wie Gebrauchsmittel, wird zum Lawinenschutz eingesetzt, und ihre Destillate sollen nicht nur bei Schlafstörungen helfen, sondern auch in Liebesdingen. Ihr Duft soll zudem Böses vertreiben. Kiefers Duftlampe verwandelt somit das Kunsthaus Baselland zu einer wahrhaftigen Wohlfühloase.

  • Kunsthaus Baselland, Bis 31. März. (Die parallel stattfindende Ausstellung von Renatus Zürcher wird noch in einer separaten Kritik besprochen)

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