Name und Titel sind vielversprechend: Dani Levy, der bekannte Filmemacher mit Basler Wurzeln, inszeniert «Die Dreigroschenoper» von Bertolt Brecht und Kurt Weill – eines der beliebtesten und erfolgreichsten Werke der Theaterliteratur des 20. Jahrhunderts. Die Erwartung war also hoch. Und sie wurde in weiten Teilen enttäuscht.
Levy hatte sich im Vorfeld mehreren Zeitungen gegenüber skeptisch zur Produktion geäussert. Noch nie zuvor habe er eine literarische Vorlage für die Theaterbühne inszeniert. Erst als ihm eine spezielle Rahmenhandlung eingefallen sei, habe er den Zugang zur Inszenierung gefunden.
Elf arme Teufel mit klischeehaften Macken
Der Einfall: Das Ganze in eine psychiatrische Heilanstalt für gefallene Turbokapitalisten versetzen. Diese sollen in einer «Psychodramasitzung» Heilung durch «Katharsis im Spielen» erfahren, erklären die zwei japanischen Klinikleiter (Gen Seto und Nahoko Fort-Nishigami) im neuen Vorspiel zur «Dreigroschenoper».
Das klingt ganz originell. Wenn Levy zu diesem Einfall nur auch inszenatorisch etwas Originelles eingefallen wäre. Von der angekündigten Krankheitsgeschichte Turbokapitalismus bleibt im Spiel nichts übrig.
Zu erleben sind lediglich elf arme Teufel, die mit klischeehaften psychischen Macken und physischen Zuckungen durch die ironisch-parabelhafte Geschichte aus der Londoner Unterwelt hampeln. Die Schauspieler müssen schauderbare Kostüme im Zwangsjackenschnitt tragen – und das alles in einem hässlich-überladenen Japangarten-Verschnitt, der in keinster Weise zur Handlung passt.
Dass der Abend nicht ganz im Desaster endet, liegt an den phantastischen Songs von Kurt Weill, die einen immer wieder aus dem Wellental der Ermüdung reissen. Das in der Bühnenmitte eingepferchte Salonorchester mit Musikern von Basel Sinfonietta begeistert unter der Leitung von Johannes Kalitzke mit einer vorzüglichen Leistung.
Und zum Glück ist da noch die Qualität der Protagonisten, die sich durch den verschwurbelten Klinikrahmen nicht ganz sedieren lassen. So etwa Macheath, vulgo Mackie Messer (Thiemo Strutzenberger), dessen melancholisch-durchtriebener Unterwelt-Charme durchblicken lässt, welche Kraft der Theaterabend eigentlich haben könnte, hätte man ihn durch den Rahmen nicht vernebelt. Das gilt auch für den hinterhältigen Bettlerkönig Peachum (Thomas Reisinger) und seine Gattin (Cathrin Störmer) sowie die Spelunken-Jenny (Myriam Schröder).
So kam es, dass der inszenatorische Höhepunkt des Premierenabends eine Feuerwehrübung war, die in den kommenden Vorstellungen nicht mehr zu erleben sein wird. Weil der Schauspieler Thomas Reisinger wegen einer starken Erkältung zwar spielen und sprechen, nicht aber singen konnte, hat ihm das Theater Basel für die Premiere spontan einen singenden Pfleger beiseite gestellt: Klaus Brömmelmeier, der diese Rolle in der aktuellen Inszenierung am Zürcher Schauspielhaus spielt, meistert diesen Einsatz mit charmanter Zurückhaltung und viel stimmlicher Kraft.
Theater Basel: «Die Dreigroschenoper» von Bertolt Brecht und Kurt Weill. Nächste Vorstellungen am 12. und 18. Februar sowie von März bis Juni.