Und die Füchse jagen Eier

Die Sprache in Saša Stanišićs Roman «Vor dem Fest» ist extrem gestaltet. Das könnte nerven, ist aber viel zu gut.

In Fürstenfelde geht es in der Nacht «vor dem Fest» zu und her. Ebenfalls auf grosser Mission: eine eierjagende Füchsin. (Bild: Hansjörg Walter)

Die Sprache in Saša Stanišićs Roman «Vor dem Fest» ist extrem gestaltet. Das könnte nerven, ist aber viel zu gut.

Friederike Mayröckers Ponyfrisur ist Legende, der Scheitel von Saša Stanišić könnte es werden. Seine Literatur bereitet den Weg: Der Debütroman von 2006, «Wie der Soldat das Grammofon repariert», fand sich gleich mal auf der Shortlist des deutschen Buchpreises wieder. Sein neues Buch «Vor dem Fest» wurde schon mit dem Alfred-Döblin-Preis und dem Hohenemser Literaturpreis ausgezeichnet, bevor es überhaupt erschienen war.

Hype liegt in der Luft. Aber dafür kann Saša Stanišić nichts.

Und das Buch? Darin ist es noch eine Nacht bis zur grossen Feier in Fürstenfelde, einem Kaff in der deutschen Uckermark.

Saša Stanišić

Saša Stanišić

«Vor dem Fest» heisst insgeheim: vor dem Sturm. Es braut sich was zusammen, doch was? Vielleicht ja auch nichts. Die Nacht jedenfalls flirrt. «Irgendwie hab ich auf einmal ein gutes Gefühl. Ich glaub, morgen wird gut», sagt Lada zu Ulli. Während das Fest heranrückt, schleicht sich die Erzählung in die Nischen des Dorfes. Zur Malerin Frau Kranz, die seit 70 Jahren nichts anderes malt ausser Fürstenfelde und heute mit Pinsel und Schnaps in die Nacht ausschwärmt. Und zu Herrn Schramm, der die Pistole schon an der eigenen Schläfe hat und dann doch noch an Zigaretten kommt.

Zu gut um manieriert zu sein

Beim Lesen in diesem Buch kommt irgendwo bei einer zweistelligen Seitenzahl unweigerlich der Moment, in dem einem Stanišićs Sprache auf den Senkel geht. Kein Satz kann einfach nur einfach sein. Alles ist charakteristisch, jede Formulierung ist pfiffig, klug, cool.

Eine Weile lang hält man sich mit diesem Eindruck auf. Doch die Sprache ist zu treffend, als dass man sich länger nerven könnte. Zu deutlich entfaltet sich die Eigenart der Dörfler. Man hört sie sprechen, man spürt sie denken. Fürstenfelde und seine Bewohner könnte ferner in der Pampa nicht liegen. Doch Stanišićs poetischer Blick auf die Menschen ist so klar, dass man sich dauernd selbst gesehen fühlt.

_
Saša Stanišić: «Vor dem Fest». Luchterhand, 320 Seiten.

Nächster Artikel