Anne Mosseri-Marlio ist das jüngste Mitglied des Vereins Galerien Basel und beim Season-Opening dieses Wochenende zum ersten Mal dabei. Nach Stationen in Kalifornien, New York und Zürich hat die Französin ihre Galerie endlich nach Hause gebracht.
Als Erstes fällt der Geruch auf. Der Ausstellungsraum an der Malzgasse 20 ist von einem sonderbaren Duft erfüllt – irgendwas zwischen Grossmutters Küche und Inder-Lädeli. «Bockshornklee» lacht Anne Mosseri-Marlio und stolpert ein wenig über das Wort. Die gebürtige Französin und Amerikanerin musste die Bezeichnung für «Fenugreek» von ihrer Assistentin übersetzen lassen, beherrscht sie mittlerweile aber ganz gut. Auf den Vorschlag hin, auf Englisch zu kommunizieren, winkt sie ab. «Wir sind hier schliesslich in der Schweiz!»
Der Bockshornklee kommt in Form eines quadratischen Bildes daher. Die amerikanische Künstlerin Meg Webster (*1944) (die Ausstellung entstand in Kooperation mit der Paula Cooper Galerie in New York) hat organische Stoffe als Farbe gebraucht und sie ebenmässig auf der Leinwand verteilt. Man wird sofort in Erinnerungen katapultiert: Der letzte Besuch bei der Grossmutter, das hervorragende Curry damals in Bern, als die Markthalle noch keine Media-Markt-Baustelle war. Neben Bockshornklee hängen weiter hinten ausserdem gemahlene Senfkörner, Maizena und Kaffee, säuberlich auf die viereckigen Leinwände verteilt.
Stress in Zürich
Die Gewürz-Werke sind noch zu haben, nur das Kaffee-Bild ist unverkäuflich: Es gehört Mosseri-Marlio, die seit Jahren leidenschaftlich Kunst sammelt. Das war auch der Grund, weshalb sie mit ihrem Mann nach Basel gezogen ist: «Die Kunstszene hier ist einfach unglaublich. Wir sind sehr verwöhnt mit der Art Basel und das war bei jedem Besuch ein richtiger Eye-Opener». Damals noch in der Finanzbranche, entschied sich die heutige Galeristin bald einmal, ganz auf ihre Leidenschaft zu setzen. Seit 21 Jahren wohnt sie nun in Basel und ist froh, die Galerie jetzt auch zu sich nach Hause geholt zu haben: «Hier fühle ich mich einfach wohler. Vorher war das nicht unbedingt der Fall»
Mit vorher ist Zürich gemeint, wo Mosseri-Marlio vier Jahre lang die Galerie betrieb. «Zürich wurde mir nach einer Weile zu stressig. Es wurde Zeit, meine Galerie nach Basel zu bringen. Jetzt habe ich mehr Zeit für meine Künstler und weniger Pendler-Stress.» Sie kündete 2012 die Liegenschaft am Bleicherweg. Der Raum war zu gross und zu übersichtlich. Hier hat Mosseri-Marlio mehr Flexibilität: Die Galerie ist ein kleiner, übersichtlicher Raum mit Flügelwänden, die sie beliebig umstellen kann.
130 Liter Kunst
Plötzlich klopft es und ein Lieferant steht mit eingepackten Bildern vor der Tür. Mosseri-Marlio erhebt sich energisch und läuft lachend zum Eingang, wo sie den Handwerker freundschaftlich begrüsst. Sie hilft ihm, die Bilder hineinzutragen und sagt im Vorbeigehen: «Auch deshalb mag ich Basel so gerne – die Handwerker hier sind unglaublich nett!». Anne Mosseri-Marlio greift gerne unter die Arme und legt Hand an, wo immer sie kann.
Das gilt auch für die Installation von Websters «Contained Water Pair (Filled with Water from Nearest Glacier and from Nearest River)», zwei hohe, dreiecksförmige Glasbehälter, die mit Wasser aus dem Rhein und vom Rhone-Gletscher aufgefüllt sind. Für das Rheinwasser hat Anne Mosseri-Marlio mit ihrer Assistentin am Tag zuvor eimerweise Wasser in die Galerie geschleppt. «Wir haben glücklicherweise den idealen Standort dafür.» Fürs Rhonewasser gings ein paar Kilometer weiter: Da ist sie mit ihrem Mann nach Gletsch gefahren und hat 13 10-Liter Eimer Wasser ins Auto gepackt und nach Basel gebracht.
Neben den Wasserbehältern sind in der Ausstellung zudem ein Foto einer Waffe und zwei ineinandergelegte Boxen ohne Deckel zu sehen. Webster hat in «Melted Weapon Box» eine M4 Militär-Maschinenwaffe abfotografiert und gleich darauf in Aluminium- und Stahlboxen schmelzen lassen. Diese zwei Boxen liegen nun unschuldig auf einem weissen Sockel, befreit von jeglicher Gefahr, die sie ursprünglich einmal als Kriegsobjekte aussandten. Aber wenn man sie aufhebt und sich überlegt, dass man hier das Gewicht einer M4 in den Händen hält, wirds doch ein bisschen gruselig.
Abstraktionen, Konzepte, Auseinandersetzung
Mit dem Season-Opening öffnet auch Mosseri-Marlio wieder ihre Türen. Es ist die zweite Ausstellung in Basel, nach einer Schau mit dem dänischen Maler Nils Erik Gjerdevik. Das Programm der Galerie wird in Basel dasselbe wie in Zürich bleiben: Geometrische Abstraktion, Minimal Art und Konzeptkunst. Kunst, die Auseinandersetzung braucht. Die nächste Ausstellung wird mit dem deutschen Künstler Alexander Wolff sein, danach stehen die politischen Arbeiten des französischen Künstler-Kooperativs Société Réaliste auf dem Programm.
Und was wünscht sich die Galeristin für ihre Zukunft in Basel? «Ich habe mehr als einen Wunsch» lacht die sympathische Französin. Dazu gehören, dass ganz Basel vorbeikommt, dass die Ausstellung Gedanken und Auseinandersetzung ermöglicht und dass die Künstler Erfolg haben. Der letzte Punkt ist Anne Mosseri-Marlio enorm wichtig: Die Künstler sind die, die sehr hart arbeiten. Sie verdienen Wahrnehmung und Förderung. Ich versuche, sie zu unterstützen wo ich kann. Das liegt für mich an erster Stelle. Der Rest ist sehr wichtig aber im Endeffekt nur Business.»