Viele Baustellen und der Kampf ums Geld

An der Museumsnacht vom 13. Januar werden die Besucher den Museen die Türen einrennen – dort aber nicht immer entdecken, was sich in letzter Zeit verändert hat. Denn das meiste geschieht im Hintergrund, wo Finanzen diskutiert und Ausstellungen vorbereitet werden.

(Bild: Hans-Jörg Walter)

An der Museumsnacht vom 13. Januar werden die Besucher den Museen die Türen einrennen – dort aber nicht immer entdecken, was sich in letzter Zeit verändert hat.

Im Oktober 2010 fanden die Basler Museen wenig Grund zum Jubeln. Das für die Kultur zuständige Präsidial­departement hatte ihnen soeben eine massive Sparübung aufgebrummt. Zwei Millionen sollten die Kulturinstitutionen jährlich einsparen, 1,2 Millionen Franken davon allein die fünf staatlichen Museen, was zwischen drei und vier Prozent der Gesamtbudgets dieser Häuser ausmachte. Alle mussten sie über die Bücher, das Kunstmu­seum, das Historische Museum, das Antikenmuseum und das Naturhistorische Museum. Nur das Museum der Kulturen wurde ausgeklammert, weil es 2011 den erneuerten und erweiterten Hauptbau eröffnen sollte. Diese Eröffnung wäre mit einem redimensionierten Budget nicht möglich gewesen.

Die Einsparungen stellten die Häuser vor Schwierigkeiten, da in den Budgets bereits vorher kaum bewegliche Gelder vorhanden waren. Das Kunstmuseum, das 430’000 Franken einsparen musste, hob deshalb übers Jahr 2011 hindurch vier Leitungsstellen – darunter jene für Bildung und Vermittlung — auf, verflachte die Hierarchien und senkte so die Lohnkosten. Das Antikenmuseum erhöhte die Eintrittspreise für die Dauerausstellungen im Haupthaus und in der Skulpturhalle von 7 auf 10 Franken. Zudem erhofft es sich durch das neue Museumsbistro zusätzliche Einnahmen.

Reserven aufgelöst

Beim Historischen Museum ging man im letzten Jahr über die Bücher, löste zwischenzeitlich Reserven auf und setzt die beschlossenen Sparmassnahmen nun um. Einerseits wurde der Eintrittspreis für die Dauerausstellung in der Barfüsserkirche per 1. Ja­nuar 2012 von 7 auf 12 Franken erhöht. Der Anschaffungskredit des Museums in Höhe von 60’000 Franken wurde gestrichen; will das Museum nun seine Sammlung erweitern, ist es auf Schenkungen oder Gelder des Vereins und der Stiftung für das Historische Mu­seum angewiesen. Zuletzt gab die Museumsleitung bekannt, dass das Kutschenmuseum auf Ende September 2012 geschlossen werden muss – die Kutschen werden in einem Lagerraum verschwinden. Damit spart man auch gleich die 20-Prozent-Kuratorenstelle ein, die wegen Pensionierung sowieso hätte neu besetzt werden müssen.

Auch beim Naturhistorischen Museum wurden die Sparmassnahmen in der Höhe von rund 200’000 Franken bisher mehrheitlich durch Auflösung von Reserven und Nichtbesetzungen von Abgängen kompensiert. Ausserdem überlegt sich die Museumsleitung laut dem Bericht der Finanzkommission des Grossen Rats, gewisse Sammlungsbereiche vollständig zu schlies­sen. Genauer ins Detail will Museumsdirektor Christian A. Meyer noch nicht gehen. Die Schliessung von Teilbereichen würde jedoch dazu führen, dass bestimmte Kernaufgaben der Museumsarbeit, wie sie im Museumsgesetz festgehalten sind, nicht mehr geleistet werden können – ein Problem, das auch die anderen Häuser kennen.

Des einen Leid, des andern …

Während das Portemonnaie bei den staatlichen Häusern schlanker werden musste, führte die neue Subventionspolitik des Bundes dazu, dass das Sportmuseum und das Schweizerische Architekturmuseum künftig mehr Geld und damit mehr Planungssicherheit erhalten.Beim Sportmuseum, das im Herbst sein Begehlager auf dem Dreispitz-Areal eröffnete, sind es von 2012 bis 2015 jährlich 150’000 Franken zusätzlich zu den gleich hohen Geldern der Kantone Baselland und Basel-Stadt, beim Architekturmuseum fliessen ab 2014 200’000 Franken, ein Jahr später 300’000 Franken jährlich vom Bund zum Museum.

Anfang 2012 ist der Unmut über die Sparmassnahmen grundsätzlich überall zu spüren – auch wenn man sich bei den staatlichen Museen gezwungenermassen mit den gekürzten Geldern abgefunden hat. Und beim Kunstmuseum durfte man sich gar freuen, denn nach fünfjähriger Pause konnte der Sponsoringvertrag mit der Credit Suisse erneuert werden. Damit sind wenigstens die grossen jährlichen Ausstellungen gesichert.

Gleichzeitig sucht man noch Gelder für den Erweiterungsbau, für den das Baugesuch im November eingereicht worden ist. Rund 5 Millionen Franken fehlen noch, die Hälfte davon soll der Kanton übernehmen – was im Grunde ziemlich genau jenem Betrag entspricht, den die Basler Kulturinstitutionen gesamthaft einsparen mussten. Sollte dieser Betrag aufs Kulturbudget draufgeschlagen werden, käme man nicht umhin zu sagen, dass die zusätzlich anfallenden Betriebskosten für den Erweiterungsbau auch auf Kosten der anderen Ausstellungshäuser gingen. Es ist anzunehmen, dass der Finanzdruck auf die Museen künftig noch wachsen wird.

 

Ein Überblick über die Veränderungen:

Das Historische Museum sorgte vor allem im letzten Quartal 2011 für Schlagzeilen: Nach zehn Jahren Planungs- und Umsetzungszeit konnte endlich die neue Dauerausstellung im Untergeschoss eröffnet werden. Gleichzeitig erschien der umfangreiche Sammlungskatalog «Die grosse Kunstkammer». Die Nachrichten kurz vor Ende Jahr waren weniger positiv: Wegen der Sparmassnahmen sei man gezwungen, Ende September 2012 das ­ Kutschenmuseum zu schliessen, liess das Museum verlauten. Bevor es so weit ist, wird aber noch die neue Leitung bekannt gegeben: Direktor Burkhard von Roda geht per Ende Juni in Pension.

 

Das Schweizerische Architekturmuseum hat aufregende Zeiten hinter sich, doch es ist Besserung in Sicht: Nachdem das Haus im Sommer 2008 vor dem finan­ziellen Kollaps stand, ist der Schuldenberg Anfang 2012 abgetragen. Die Besucherzahlen steigen. Dank Subventionen des Bundes kann sogar an eine Intensivierung des Programms gedacht werden.

 

Das Antikenmuseum wird in zwölf Monaten eine grosse Veränderung ­erfahren: Auf Ende 2012 geht ­Direktor Peter Blome in Pension. Seine Stelle wird bald ausgeschrieben.

 

Beim Naturhistorischen Museum lebt man schon eine Weile mit einer ungewissen Zukunft: Man sucht nach einem neuen Standort, ist bislang aber nicht fündig geworden. Inzwischen ist das Haus eine Art Dauerbaustelle: Für den Besucher meist unsichtbar, werden einzelne Gebäude­teile laufend saniert.

 

2011 wurde die Papiermühle für knapp 7 Millionen Franken von Grund auf saniert und neu gestaltet. Durch den Umbau konnte die Ausstellungsfläche vergrössert werden. Am 11. November war die Eröffnung, einen Monat später erhöhte die Basler Regierung die Subventionen fürs Papiermuseum um 100’000 auf jährlich 260’000 Franken.

 

Nach der feierlichen Eröffnung der neuen Räumlichkeiten auf dem Dreispitz rumorte es im Herbst im Team des Hauses für elektronische Künste. Der Vertrag mit Kurator Raffael Dörig wurde nicht verlängert, und die Leute des «Shift»-Festivals wussten nicht, wie es weitergeht. Kurz zuvor war Sabine Himmelsbach zur neuen Leiterin gewählt worden. Die Deutsche wird ihre Stelle im April 2012 antreten. Zusammen mit dem Team sucht sie nun eine Lösung fürs «Shift», das offenbar zu viel Geld vom Budget absorbiert. Aktuell denkt man etwa über die Möglichkeit nach, das Festival biennal weiterzuführen.

 

Anfang September präsentierte sich das Museum für Kulturen nach jahrelangem Umbau im neuen, erweiterten Kleid unter extravagantem Dach. Zur Eröffnungsausstellung gab es Lob, aber auch Kritik: Wo ist denn die vielgerühmte Sammlung hin? Für all jene, die sie vermissen: In den Ausstellungen 2012, «Schwebend – Von der Leichtigkeit des Steins» oder «Pilgern», werden Sammlungsstücke wieder eine zentrale Rolle spielen.

 

Das Museum für Gegenwartskunst hat sich 2011 etwas ausgebreitet, zum Rhein hin, ins Haus, das früher das «Plug.In» beherbergte. Dort, im Projektraum «Elaine», probt die Institution neue Ausstellungs- und Vermittlungsformen. Ein Versprechen für die Zukunft?

 

Fürs Sportmuseum gab es 2011 zwei Highlights: Einerseits freute man sich im September über die Eröffnung des «Begeh­lagers» auf dem Dreispitz-Areal, in dem der gesamte Fundus von über 150 000 Exponaten entdeckt werden kann. Andererseits sprachen sowohl der Bund wie auch die beiden Basler Halbkantone ihre Subventionsbeiträge: Das Sportmuseum war gerettet. Im Frühjahr nämlich hatte man noch befürchtet, die ­Bilanz deponieren zu müssen.

 

Abgesehen von den Sparmassnahmen war 2011 für das Kunstmuseum ein gutes Jahr. Man veröffentlichte einen wunderbaren Meisterwerke-Katalog und fand mit der Credit Suisse einen neuen, alten Hauptsponsoren für grosse Ausstellungen. Beim Projekt Erweiterungsbau läuft alles nach Plan: Ende 2011 wurde das Baugesuch eingereicht, im Juni wird mit dem Abbruch des Burghofs die Bauphase eingeleitet. Und, last but not least: Die «Renoir»-Ausstellung, die im April eröffnet wird, verspricht, ein Kunst-Highlight des Jahres zu werden.

 

Ins Schaulager pilgerte man 2011 nur für Veranstaltungen oder zu Forschungszwecken. Eine Ausstellung gab es im Haus keine. Sie war ausgegliedert worden ins Haus zum Kirschgarten, wo Francis Alÿs Bilder der heiligen Fabio­la zwischen die dauerausgestellten Exponate hängte und stellte. Dem Haus zum Kirschgarten tat der Publikumsandrang gut, das Schaulager rückte hingegen noch etwas mehr an den Rand, als es durch seine periphere Lage eh schon liegt. 2012 wird das nicht besser, denn in den ersten sechs Monaten des Jahres wird das Haus saniert und umgebaut und bleibt komplett geschlossen. Erst im Februar 2013 wird mit «Steve McQueen» wieder zahlreiches Publikum angezogen. Ausgerichtet wird diese Ausstellung erneut von einem Gastkuratoren – seit Theodora Vischer 2010 ihren Posten als Direktorin und Kuratorin verliess, ist dieser vakant. Und er wird es auch mindestens mittelfristig bleiben. Mäzenin Maja Oeri bleibt dafür im Tagesgeschäft stärker involviert.

Artikelgeschichte

Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 06/01/12

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