Eine grosszügige Schenkung hat dem Kunstmuseum Basel den Erwerb einer Werkgruppe von Gerhard Richter ermöglicht: Vier Gemälde aus der Serie «Verkündigung nach Tizian» gehören neu zur Museumssammlung.
Vier Tage bevor die Fondation Beyeler ihre grosse Gerhard Richter-Ausstellung eröffnet, gibt das Kunstmuseum Basel den Erwerb von vier Richter-Bildern bekannt. Als «epochal» bezeichnen die Museumsverantwortlichen den Erwerb der Werkgruppe «Verkündigung nach Tizian». Möglich gemacht haben den Ankauf «überaus grosszügige Schenkungen einer von Basler Persönlichkeiten gegründeten Gesellschaft und von Frau Dr. h.c. Maja Oeri».
Die vier Gemälde, die 1973 entstanden, haben sich bislang in einer Zürcher Privatsammlung befunden. Das bisherige Besitzerehepaar ermöglichte laut Kunstmuseum den Erwerb durch eine «mäzenatische Preisgestaltung». Solche mäzenatische Leistungen haben im Kunstmuseum Basel Tradition – sie ermöglichen seit Jahrhunderten den Ausbau der hauseigenen Sammlung. Billig sind die Werke Richters sicherlich nicht gewesen: Die Arbeiten des deutschen Malers erzielen im Kunstmarkt immer wieder neue Höchstpreise – sein Gemälde «Domplatz, Mailand» wurde im Mai 2013 bei Sotheby’s für 37 Millionen Dollar verkauft.
Richters Werkgruppe «Verkündigung nach Tizian» ergänzt den Bestand des Kunstmuseums im Bereich der Moderne um einen neuen Höhepunkt. Bereits seit 1977 findet sich in der Sammlung des Kunstmuseum Richters Gemälde «Motorboot» – ein wichtiges Werk Richters aus seiner fotorealistischen Phase in schwarzweisser Farbigkeit.
In Farbe aufgelöst
Bevor das Kunstmuseum die neu angekauften Arbeiten allerdings zeigen kann, werden sie in der Fondation Beyeler ausgestellt. Wer will, kann sich dort ab dem 18. Mai mit der «Verkündigung nach Tizian» bekannt machen. Darin bezieht sich Richter auf die grosse europäische Maltradition – konkret auf ein Verkündigungsbild von Tizian, das in den Jahren 1542 und 1543 entstand und in der Scuola di San Rocco in Venedig hängt. Eine Postkarte diente dem deutschen Maler als Vorlage.
In Richters Versionen des Wandbildes löst sich das Motiv mehr und mehr in Farbe auf und erlangt gerade dadurch seine Körperlichkeit: Die Verkündigung, die Fleischwerdung des göttlichen Wortes, scheint im Moment der Entstehung erfasst. Richter wagte sich nur zögerlich an den alten Meister, wie er einst gestand: «Ich kam aus Venedig von der Biennale zurück, hatte das Gemälde in der Scuola die San Rocco gesehen und habe gedacht, das machst du jetzt nur für dich und dein Wohnzimmer. Mit so einem Anspruch, nur für mich zu malen, ging das.»
Angesichts der Masse der Gemälde (zwischen 1,25×2 Meter und 1,5×2,5 Meter) muss Richter über ein sehr grosses Wohnzimmer verfügt haben. Oder aber die Gemälde verfügen in ihrer Anlage bereits über den Anspruch, an einem öffentlichen Ort ausgehängt zu werden. Das wird nun tatsächlich der Fall – spätestens mit dem Erweiterungsbau hoffentlich auch in den Räumlichkeiten des Kunstmuseums.