Vincent Ruiz ist besessen vom Bass

Der junge Musiker Vincent Ruiz hat vor sechs Jahren zum ersten Mal ein Instrument gespielt. Seither geht es steil aufwärts.

Vincent Ruiz

(Bild: Nils Fisch)

Der junge Musiker Vincent Ruiz hat vor sechs Jahren zum ersten Mal ein Instrument gespielt. Seither geht es steil aufwärts.

Vincent Ruiz ist besessen. «Es gibt kaum einen Moment, in dem ich nicht an Musik denke. Manchmal wache ich nachts auf und muss mir eine Platte anhören, weil mich ein Stück beschäftigt.» Sollte Ruiz zu diesem Zeitpunkt nicht gerade auf Tournee sein, dann wacht er in einem kleinen Zimmer in einer WG im Kleinbasel auf, das neben Schallplatten, CDs, Notenblättern und elektronischem Equipment nur knapp Platz bietet für eine Matratze am Boden. 

Seit sechs Jahren spielt der 24-Jährige sein Instrument, den Kontrabass. In dieser kurzen Zeit hat er bereits Beachtliches erreicht. Mit dem Minimal-Jazz-Trio Plaistow tourt er seit drei Jahren durch die Welt. Unter anderem am Jazzfestival in Montreux und in Japan hat Ruiz sein Instrument bereits auf Bühnen gehievt. Soeben hat er seinen Bachelor an der Musikakademie in Basel abgeschlossen, und bald beginnt er eine Masterclass in Kopenhagen, wo er Komposition studieren will.

Später, umso fulminanterer Start

Den Studienplatz im Ausland verdankt er ebenfalls seiner Musik. Er konnte die Jury der Leenaards Stiftung in Lausanne überzeugen, deren Stipendium ermöglicht ihm nun den Aufenthalt im Norden.



Vincent Ruiz

Ambitioniert und gleichzeitig bescheiden: «Ich versuche, mich immer mit Musikern zu umgeben, die besser sind als ich», sagt Vincent Ruiz. (Bild: Nils Fisch)

Ruiz ist in seinem Elternhaus nie mit Musik in Kontakt gekommen, bis ihn mit 18 jemand überredete, sich für einen Workshop anzumelden. Das einzige Instrument das dann noch zur Verfügung stand, war eine Bassgitarre. Na gut, dachte er sich und legte los. Von diesem Moment an, gab es nichts anderes mehr im Leben des jungen Künstlers. Den späten Einstieg machte Ruiz wett, indem er sich voll und ganz der Musik verschrieb.

«Unsere Musik ist aufgebaut wie Techno, doch alles ist instrumental.»

Plaistow bilden auf der Bühne ein Dreieck. Die Stücke sind von epischer Länge und dabei reduziert arrangiert, zuweilen klingen sie düster. Das Klavier bildet das Rückgrat, das Schlagzeug die Muskelmasse und der Bass hält alles zusammen, mehr gefühlt als gehört.

«Unsere Musik ist aufgebaut wie Techno, doch alles ist instrumental», sagt Ruiz. Die Repetition verstärkt jede noch so subtile Veränderung. Wer sich darauf einlässt, kann sich forttragen lassen.

Dieser Stil verlangt von den Musikern höchste Konzentration und Körperbeherrschung. «Manchmal leiden wir richtig, wenn wir über mehrere Minuten den gleichen Takt wiederholen», sagt Ruiz. Dass sich die Musik in den Gesichtern der Bandmitglieder widerspiegelt, lässt die Plaistow’schen Klänge noch dramatischer wirken.

Erholung sucht Ruiz in einem anderen musikalischen Projekt. Mehr scherzhaft hat er sich als Soloprojekt ein Alter Ego aufgebaut. Unter dem Namen Yung Veerp produziert er elektronische Musik, das ganze Equipment dazu hat er in seinem Schlafzimmer aufgestellt. Eine ganze Reihe Synthesizer und Drum Machines stehen dort. Seine Aufnahmen überspielt er mit einem Kassettenrekorder des legendären Schweizer Herstellers Revox, «damit es nicht so sauber klingt».

Aus dem Scherz wurde Ernst, als Ruiz aka Yung Veerp für die diesjährige Red Bull Music Academy (RBMA) in Paris ausgewählt wurde. Die RBMA ist eine Förderplattform für Musiker vornehmlich aus dem elektronischen Bereich. Die Plätze sind begehrt, aus vielen Hundert Bewerbern werden jährlich rund 60 ausgewählt. Nun darf Ruiz während zwei Wochen in Paris an Workshops und Studio Sessions teilnehmen, Vorlesungen besuchen und – besonders wichtig – viele Kontakte knüpfen.

Mit dem Bass im Treppenhaus

Doch bevor Ruiz den Zug in die französische Hauptstadt besteigt, stehen noch einige Konzerte mit Plaistow auf dem Programm. Eben erst aus New York zurückgekehrt, führt ihn sein Weg als Nächstes nach Berlin. Gleichzeitig erscheinen dieser Tage seine ersten beiden Solotracks auf Platte. Und dann hat er auch noch ein Video auf Lager, das ebenfalls demnächst veröffentlicht wird.

Zum Schluss des Gesprächs soll Ruiz noch für ein Foto posieren, zusammen mit seinem Kontrabass. Er packt das mächtige Instrument aus und stellt sich aus Platzgründen ins Treppenhaus. Wie von selbst finden seine Finger die Saiten und während die Kamera klickt, hallt der Bass durch die zugigen Gänge der Kleinbasler Altliegenschaft. Reduziert und präzis.



Vincent Ruiz

Der Zufall hat sie zusammengeführt: Vincent Ruiz und sein Kontrabass. (Bild: Nils Fisch)

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Mit dem Minimal-Jazz-Trio Plaistow tritt Vincent Ruiz am 28. November im Haus der elektronischen Künste auf. Türöffnung ist um 21 Uhr. 

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