Sie finden, alle aktuellen Popsongs klingen irgendwie gleich? Recht haben Sie. Grund dafür: Der «Millennial Whoop», eine Tonfolge, die momentan alles von Katy Perry bis Aurora dominiert.
Es liegt in der Natur von Popmusik, dass man sie nicht mehr aus dem Ohr kriegt. Ihre Melodien sind einfach und eingängig, man erkennt sie sofort wieder und sie laufen einem tagelang nach. Das hat gute Gründe: Sie klingen alle gleich. Spanische Wissenschaftler haben kürzlich herausgefunden (die englische Version des Berichts hier), dass Poplieder immer weniger Vielfalt aufweisen.
Sie untersuchten dazu 464’000 Aufnahmen der letzten 50 Jahre auf Tonlage, Klang, Lautstärke und sogenannte «pitch transitions» – Abwechslungen in Intervallen und Melodien innerhalb eines Songs. Und kamen zum Schluss: Die Melodien gleichen sich an, es werden weniger Instrumente und immer ähnlichere Notenabfolgen eingesetzt.
4 x Akkord = Song
Die Studie beweist endlich, was wir schon lange geahnt haben: Popmusik bedient sich immer gleicher Schemata und klingt verdächtig oft nach Cat Stevens. Was die australischen Komiker von «The Axis of Awesome» bereits 2009 wussten: Viele der berühmtesten Popsongs bestehen oftmals aus genau der gleichen Abfolge von nur vier Akkorden.
Aktuellstes Phänomen: Der Millennial-Whoop
Das aktuellste Phänomen in dieser Reihe von Beobachtungen, die den Untergang interessanter Popmusik prophezeien, liegt aber dieses Mal nicht in der Melodie, sondern im Gesang. Aufgefallen ist dies dem amerikanischen Komponisten und Produktmanager Patrick Metzger. Der bemerkte, wie Popsänger immer und immer wieder die gleichen beiden Töne ins Mikrofon plärrten. Auf der Dur-Tonleiter von der Quint zur Terz und wieder zurück.
Sowas ist nicht neu, aber laut Metzger exemplarisch – so etwas wie die Signatur der Popmusik der letzten Jahre. Er nannte den Trend also sinngemäss «Millenial Whoop» und hing eine Liste von Liedern an, die den Whoop aufweisen. Den Anfang des «Whoop-Peaks» setzte er bei Katy Perrys und Snoop Dogs «California Gurls» von 2010:
Ab da gebrauchten immer mehr Künstler die simple melodische Sequenz («oh-oh, oh-oh», beliebig oft wiederholt) für ihre Songs. Metzger hat bis heute über 30 Lieder gefunden, in denen der Whoop vorkommt.
Als Grund für diese Häufung nennt er einerseits das Wesen der Popmusik, in der alles ein Remix sei. Man nimmt Melodien, die ankommen, und verwertet sie immer wieder. Menschen sind Gewohnheitstiere und gewöhnliche Songs verkaufen sich besser. Der andere Grund für das ubiquitäre Gewhoope ist ähnlich simpel: Because they can. Niemand kann beweisen, die kurze Tonfolge «erfunden» zu haben, dafür ist sie einfach zu omnipräsent.
Also bedienen sich alle weiterhin fröhlich dem anspruchslosen Whoop, bis sich was besseres findet. Beziehungsweise was, das sich noch besser verkauft. Whoop!
Eine Auswahl:
Frank Ocean – «Ivy» (2016, Millennial Whoop bei 2:53)
AURORA – «Running With the Wolves» (2016, Millennial Whoop bei 1:11)
Berlin After Midnight – «All Night Long» (2016, Millennial Whoop bei 0:52)
twenty one pilots – «Ride» (2015, Millennial Whoop bei 0:48)
Tove Lo – «Habits (Stay High)» (2014, Millennial Whoop bei 0:48)
Of Monsters and Men – «Mountain Sound» (2014, Millennial Whoop bei 2:15)
Fifth Harmony – «Anything Is Possible» (2014, Millennial Whoop bei 0:20)
Filter – «Burn It» (2013, Millennial Whoop bei 1:10)
One Direction – «Heart Attack» (2012, Millennial Whoop bei 0:37)
One Direction – «Live While We’re Young» (2012, Millennial Whoop bei 0:53)
The Lumineers – «Ho Hey» (2012, Millennial Whoop im Wort «heart» bei 0:58)
Rebecca Black – «Sing It» (2012, Millennial Whoop bei 0:03)