Jede Stadt hat ihre eigenen Rocklegenden. Basel hat Anthony Thomas, Gitarrist und Kopf des Garage-Trios Lombego Surfers. Dieser Tage feiert die Band das 25-jährige Bühnenjubiläum und den zehnten Longplayer «Ticket out of Town».
Anthony Thomas, Herz und Kopf der Lombego Surfers, ist kein junger Mann mehr. Die 60 hat er bereits überschritten, auch wenn ihm das keiner glauben würde. Der Basler Gitarrist mit amerikanischen und italienischen Wurzeln strahlt einen fast jungenhaften Enthusiasmus aus, wenns um seine Band, Tourneen und Konzerte geht. Schnell wird klar: Das ist kein Hobbymusiker, der nach Feierabend zur Klampfe greift. Der Mann lebt für die Musik, die Band und das Publikum: «Meine Freundin hat mal gesagt, ohne Band wäre ich unvollständig.»
Tourleben statt bürgerliche Existenz
Anthony und seine Band investieren viel in die Musik. Ganz zum Leben hat es aber nie gereicht – auch wenn die Band in der Schweiz, in Deutschland und von Frankreich bis Kroatien eine ansehnliche Fangemeinde hat und über die Jahre mehr als 20’000 Longplayer und Unmengen von Merchandise-Artikeln unters Volk gebracht hat.
Aber Anthony Thomas, Pascal Sandrin (Bass) und Olivier Joliat am Schlagzeug sind und bleiben in erster Linie Musiker. Sie verzichten auf eine bürgerliche Existenz, um möglichst viel auf Tour gehen zu können. «Und es ist ja nicht so, dass wir die Einzigen wären. In der Indie/Alternativ-Szene siehst du jedes Jahr bekannte Leute touren, die im Sommer als Dachdecker oder so was arbeiten.» Anthony oder Tony, wie ihn manche nennen, gibt Musikunterricht.
Solange der Tourbus hält
Es ist nicht so, dass die Lombego Surfers aus dogmatischen Gründen den Durchbruch zu einem breiteren Publikum abgelehnt hätten: «Ende der 90er haben wir noch mal richtig Gas gegeben und alles versucht. Aber wir sind nun mal eine Band für die Bühne, nicht für Tonträger. Irgendwie hat immer das letzte Bisschen gefehlt. Trotz treuen Fans und guten Kritiken.»
«Wir sind integrierter Teil der Rock’n’Roll-Nation. Wir kennen überall auf der Welt Leute und Bands.»
Verbittert ist Anthony deshalb keine Spur. «Für mich ist der Rock’n’Roll mehr als eine Freizeitbeschäftigung. Er ist mein Leben.» Auf ihre Art, so Anthony, hätten die Lombego Surfers geschafft, was eine anständige Band zu schaffen hat: «Wir sind integrierter Teil der Rock-’n‘-Roll-Nation. Wir kennen überall auf der Welt Leute und Bands, auch grosse Nummern. Haben mit denen zusammengespielt und Party gemacht. Was interessiert mich da das Geld.» Darum denkt Tony auch nicht ans Aufhören – nicht solange der klapprige Tourbus hält und die Gesundheit mitmacht.
In Basel ist die Band schlicht Kult. Es gibt kaum eine Band mit einer derart treuen Fangemeinde. Gegründet während der Besetzung der alten Stadtgärtnerei in den 80ern, kommen heute noch 200 Leute an die Konzerte. Und im Gegensatz zu anderen Schweizer Bands, sind die Lombegos auch regelmässig im Ausland unterwegs. Jahr für Jahr absolviert das Trio zwei grössere und eine kleinere Tournee und spielt dabei 50 bis 60 Gigs.
Als gäbs weder Arthrose noch ein Morgen
Ab Ende April stehen wieder ein Dutzend Auftritte in Deutschland und der näheren Umgebung auf dem Programm – unter anderem die Taufe des neuen Wers «Ticket out of Town» im Alten Zoll. «Früher waren es noch deutlich mehr Konzerte. Aber das halten wir nicht mehr durch.» Denn immer noch geben die Lombegos alles, wenn sie auf der Bühne stehen. Da scheinen die Jahre von Anthony abzufallen. Und das Publikum gibt das Seine. Schweiss, Bier, blaue Flecken und einen Tinnitus nach dem Konzert. Wenn das Setting stimmt, fühlt man sich an den Lombego-Konzerten zurückversetzt in die grossen Zeiten der Stooges und der frühen Ramones – beides grosse Vorbilder von Anthony und seine Mitmusiker.
Wenn mal was Besonderes ist, wie die Abbruchparty im ehemaligen Gefängnis Schällemättelli 2009, reissen die Lombegos auch mal 1000 Leute vom Hocker. «Unsere Fans sind extrem treu. Und mittlerweile sind unsere Konzerte ja schon Familienausflüge. Da kommen Eltern mit ihren auch schon erwachsenen Kindern.» Wobei die Elterngeneration mittlerweile eher im hinteren Teil des Publikums mit den Füssen wippt, während ihre Kleinen sich beim Stagediving halsbrecherisch von der Bühne stürzen. «In Basel gibt es Leute, die uns wohl schon 30 mal live gesehen haben und immer noch kommen.
Tatsächlich ist – insbesondere in der linksalternativen Szene noch immer jedes Lombego-Konzert ein «Must Go» und ein Event, auf den sich die jungen Port-Land-Skater im Hafen genauso freuen wie ältere Semester in der Kleinhüninger Tiki-Bar. Und so lange das so ist, machen sie mit der gewohnten Power weiter, als gäbe es keine Arthrose und kein Morgen: «Wir haben mal darüber diskutiert, wann denn der Zeitpunkt ist aufzuhören. Wir sind zum Schluss gekommen, solange uns die Jungen noch geil finden, machen wir weiter.» Wenns danach geht, wäre selbst ein 50-jähriges Bühnenjubiläum nicht ausgeschlossen.