Die Kunststadt Basel steht 2016 ganz im Zeichen der Eröffnung des Erweiterungsbaus. Und sonst? Clubs stehen vor Fragezeichen, «The Cure» feiern ein Comeback in der St. Jakobshalle, und auch die TV-Serie «Twin Peaks» kehrt zurück. Dies und vieles mehr in unserer Jahresvorschau.
Konzerte
Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Oder ihre Lidstriche. So kommen zwei meisterhafte Verfechter der gothisch angehauchten Rockmusik in die Schweiz: Black Sabbath sind auf Abschiedstournee. Man kann gespannt sein, wie sich Ozzy Osbourne auf der Bühne halten wird – und woran! Auf jeden Fall muss man von diesen dunklen Vätern des Hardrock gebührend Abschied nehmen: am 19. Juni im Hallenstadion Zürich.
Nicht so weit reisen muss man für The Cure – aber etwas länger warten: Am 4. November gastiert die Band um den Struwwelsänger Robert Smith in der Basler St. Jakobshalle. Ein Comeback, auf das man sich freuen darf.
Und dazwischen? Feiert das berühmteste Festival der Schweiz ein grosses Jubiläum. 50 Jahre Montreux. Ohne Gründer Claude Nobs, leider, aber dennoch mit schäumenden Partys und Konzerten, auf dass es am Ufer des Lac Léman wusle vor Lebensfreude. Vom 1. bis 16. Juli, Programm wird im April bekannt gegeben.
Serien
2016 freuen wir uns weniger auf die neuen Serien als auf die neuen Staffeln: «Girls» geht in die 5. Runde und verspricht endlich wieder gut zu werden (erwachsene Beziehungen, Hochzeit und Japan-Aufenthalte – vielversprechend), ebenso «Broad City», «Game of Thrones» und das «Breaking-Bad»-Spinoff «Better Call Saul».
Bei den neuen Serien siehts weniger rosig aus. Bis auf einen grossen Coup: David Lynchs Meisterwerk «Twin Peaks» kehrt zurück! Und wird voraussichtlich 2016 ausgestrahlt, unter Mitarbeit der beiden ursprünglichen Produzenten Lynch und Mark Frost.
Auch zurück ist die Neunzigerjahre-Familienserie «Full House». Name: «Fuller House». Es ist zu befürchten, dass sie punkto Kreativität ihrem Titel gleichkommt. Das Haus Netflix plant zudem eine Serie zu der «Lemony Snicket»-Kinderbuch-Reihe – wenn die nur halb so gut wie die Bücher wird, ist Grosses zu erwarten.
Auch Mulder und Scully sind zurück: 14 Jahre, nachdem die letzte Folge der TV-Serie über die Bildschirme flimmerte, werden die X-Akten wieder geöffnet. Wie die neue Verschwörung wohl aussieht? Ab Ende Januar wissen wir mehr.
Clubs
Ob das Gerücht stimmt, wonach Simon Lutz (Kuppel) und Agron Isaku (Nordstern) künftig Das Schiff schaukeln wollen, wird sich 2016 zeigen. Tatsache ist, dass die beiden eine Aktiengesellschaft (Luis AG) gegründet und Kapital eingeschossen haben, Tatsache ist auch, dass der Nordstern ab Mai am alten Standort Geschichte sein wird. Auch die Kuppel, das ewige Provisorium, verschwindet zu diesem Zeitpunkt. Für sie ist aber seit Jahren ein Ersatz in Planung. Will heissen, dass Simon Lutz 2016 besonders gefordert sein wird: Die Parkplanung der Stadt hat einen klaren Zeitplan, im Frühjahr 2017 sollte die neue Kuppel stehen, doch hat man noch immer nichts von einer Trägerschaft vernommen. Wo bleibt die Kuppel-Stiftung mit Geldern aus Basler Privatkreisen? Die Zeit drängt!
Sie drängt aber nicht nur für Kuppel und Nordstern, sondern auch für den Hinterhof. Ob es für diesen ebenfalls eine Ersatzlösung geben wird?
Kunst & Museen
Das Basler Kunstereignis des Jahres wird mit Sicherheit die Eröffnung des Erweiterungsbaus des Kunstmuseums im April sein. Dies wird mit der grossen Sonderausstellung «Sculpture on the Move 1946–2016» geschehen. Damit aber nicht genug Veränderung: Im Herbst wird sich Direktor Bernhard Mendes Bürgi verabschieden und seinen Posten an seinen Nachfolger Josef Helfenstein übergeben.
Apropos Nachfolger: Das Historische Museum Basel will 2016 kommunizieren, wer den Posten von Ex-Direktorin Marie-Paule Jungblut übernimmt.
2016 wird ausserdem das Jahr für Comic-Fans: Im April kommt Joe Sacco für ein Künstlergespräch ins Cartoonmuseum. Wer an diesem Tag verhindert ist, kann den preisgekrönten Comicreporter einen Tag vorher am Comix-Festival Fumetto (das 2016 übrigens 25 Jahre feiert) im Gespräch mit den nicht minder tollen Zeichnern Guy Delisle und Olivier Kugler sehen.
Im Sommer gehts weiter mit den grossen Namen: In einer Ausstellung über Aline und Robert Crumb, die Pionierin des autobiografischen Comics und ihren Mann, den Schöpfer von Fritz the Cat. Im November ist dann Zeit für eine der berühmtesten Schweizer Comicfiguren: Titeuf, vom Westschweizer Zeichner ZEP, alias Philippe Chappuis. Zwischen diesen grossen Werkschauen streut das Cartoonmuseum weitere feine Schweizer Comic-Kunst, wie die der Luzerner Illustratoren des grandiosen «Ampel Magazins» oder des in Basel geborenen Karikaturisten Hans Meury, alias Haëm.
Und die Fondation Beyeler? Da sind wir vor allem auf eine Ausstellung gespannt, die Mobiles von Alexander Calder mit Werken von Fischli/Weiss kombiniert. Im Zentrum der Ausstellung stehe «das Moment des fragilen Gleichgewichts, eines prekären und gleichzeitig glücksverheissenden, immer nur temporären Zustands», schreibt das Haus dazu. Zu sehen ist es ab Ende Mai.
Literatur
Peter Stamm, «Weit über das Land»: Peter Stamms sechster Roman handelt wieder einmal von einem Mann in der Krise: «Weit über das Land» erzählt die Geschichte von Thomas, der eines Tages ganz nonchalant sein altes Leben zurücklässt. «Ein Roman, der die alltäglichste aller Fragen stellt: die nach dem eigenen Leben», meint sein Verlag. Reisst Stamm damit was Grosses oder verkommt er langsam zum One-Trick-Pony? Wir sind gespannt. Ab 25. Februar im Buchhandel.
Don DeLillo, «Zero K»: Postmodernisten ahoi! Euer Meister hat ein neues Buch in petto – und es verspricht interessant zu werden: Milliardärssohn konserviert alten Papa, Fragen um Ethik, Biomedizin und Endlichkeit des Lebens stellen sich. «Wir wählen unser Dasein auf der Erde nicht, wieso sollte es sich mit unserem Abschied nicht auch so verhalten?» So viel ist bis jetzt zu «Zero K» bekannt. Wer DeLillo kennt, weiss: Das wird gut! Das Buch erscheint im Mai 2016 auf Englisch.
Héctor Germán Oesterheld und Francisco Solano López, «El Eternauta»: Der berühmteste Comic Argentiniens wird endlich ins Deutsche übersetzt: Die Science-Fiction-Geschichte um den Familienvater Juan Salvo, der in Buenos Aires gegen eine übermächtige ausserirdische Bedrohung kämpft und auf der Suche nach seiner Familie durch Zeit und Raum reist, gehört zu den wichtigsten literarischen Werken Argentiniens. Sie wird heute noch bei Demonstrationen und Unruhen als Motiv gebraucht, um an den Widerstand gegen die Militärdiktatur zu erinnern, der Autor Oesterheld in den Siebzigerjahren zum Opfer fiel. Jetzt erscheint sie erstmals auf Deutsch, voraussichtlich Mitte Januar, im avant-Verlag.
Film
Im Januar läuft Quentin Tarantinos «The Hateful Eight» bei uns an: Der begnadete Fanboy und Frauenversteher gibt dem Western die Sporen und lässt Kopfgeldjäger in einer winterlichen Blockhütte aneinandergeraten. Ein Muss, schon allein deshalb, weil man diesen Winter noch Schnee sehen möchte.
Im Januar läuft auch «Anomalisa» von Charlie Kaufman an, der die Drehbücher für «Being John Malkovich» und «Eternal Sunshine of the Spotless Mind» schrieb. «Anomalisa» handelt von einem Motivationstrainer, der selbst auf Sparflamme läuft, bis er, nun ja, eine Frau kennenlernt. Unspektakulär? Nicht, wenn die existenziellen Verrenkungen von Puppenfiguren aufgeführt werden.
Im Februar verhohnepiepeln die Coen-Brüder das alte Hollywood: Der Star eines aufwendigen Sandalenfilms wird entführt, die Glitzermetropole steht Kopf. Schon der Trailer zu «Hail, Caesar!» versprüht gute Laune, und der Cast der Komödie ist episch mit George Clooney, Tilda Swinton, Josh Brolin, Frances McDormand und Scarlett Johansson als Meerjungfrau – gekauft!
Freunde der überkreuzten Paralleluniversen kommen im März auf ihre Kosten, wenn sich ein Millionär mit Fledermaus-Phobie und ein ausserirdischer Krypton-Allergiker Saures geben: In «Batman v Superman: Dawn of Justice» steht wieder einmal das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel, und wo zwei sich streiten, freut sich der Dritte: Auf Jesse Eisenberg als infamer Bösewicht Lex Luthor freuen wir uns besonders.
Ebenfalls im März bringt der Basler Regisseur Nicola Bellucci seinen neuen Dokumentarfilm «Grozny Blues» in die Kinos: Erzählt wird die Geschichte von vier Freundinnen, die in Tschetschenien unter schwierigsten Bedingungen für die Menschenrechte kämpfen. Das hört sich nach einem diffizilen Stoff an, aber wer Belluccis hinreissenden «Nel giardino dei suoni» gesehen und gehört hat, weiss, dass der Filmemacher den richtigen Ton treffen wird.
Im April lädt uns Thomas Vinterberg zu einem Besuch ins Kollektiv ein: Der dänische Regisseur hat sein eigenes Theaterstück über das Leben in einer Kommune verfilmt, das sich bei aller Toleranz und Offenheit in ein klaustrophobisches Bootcamp verkehrt. Dem «Festen»-Regisseur wird es eine Freude sein, die heile Welt der verbiesterten Gutmenschen zwischen Ämtliplan und freier Liebe aufzureiben.
Die diversen Sequels im Fortsetzungssommer spielen Verstecken, indem sie zumeist auf sachdienliche Ziffern im Filmtitel verzichten. Doch «Ghostbusters» sticht ins Auge: War da nicht einmal was mit Bill Murray? Nach Jahrzehnten in der Development Hell kommt jetzt der Reboot, wie die Neuerfindung des Protonen-Rucksacks heisst, mit einem ausschliesslich weiblichen Team. Nostalgiker werden sich den Film wegen eines Kurzauftrittes von Murray anschauen.
Und dann ist da noch «Trainspotting 2», den Regisseur Danny Boyle 2016 rechtzeitig zum 20-jährigen Jubiläum der stilbildenden Drogen-Groteske in der originalen Besetzung drehen will. Ob sich der Film an den Fahrplan halten kann, wird das Jahr weisen.