Weniger Kunsthalle, mehr Sammlung

In der Diskussion um die Erweiterung des Kunstmuseums Basel wurde die Frage nach der Zukunft des Museum für Gegenwartskunst stets elegant umschifft. Jetzt ist klar: Für Mäzenin Maja Oeri steht das Haus nicht zur Debatte. Unter neuer Leitung soll es noch stärker auf die jüngsten Bestände ausgerichtet werden.

Wie weiter mit dem Museum für Gegenwartskunst? Eine Frage, die vor allem die künftige Leitung beschäftigen wird. (Bild: Juri Weiss/bs.ch)

In der Diskussion um die Erweiterung des Kunstmuseums Basel wurde die Frage nach der Zukunft des Museum für Gegenwartskunst stets elegant umschifft. Jetzt ist klar: Für Mäzenin Maja Oeri steht das Haus nicht zur Debatte. Unter neuer Leitung soll es noch stärker auf die jüngsten Bestände ausgerichtet werden.

Ab dem Jahr 2016 tanzt die Öffentliche Kunstsammlung Basel gleich auf drei Bühnen: Im altehrwürdigen Hauptgebäude, im freudig erwarteten Neubau, und – für viele nur vom Hörensagen bekannt – im Museum für Gegenwartskunst (MGK). Dabei gibt es das Haus im St. Alban Tal schon seit 1980. Bei der Eröffnung als erstes rein auf Gegenwartskunst fokussiertes Museum weltweit gefeiert, hat es zuletzt insbesondere durch die Neugründung privater Kunstinstitutionen in und um Basel Terrain eingebüsst – darunter pikanterweise auch das mächtige Schaulager, das genau besehen das Depot des MGK ist: Für die ständige Präsentation der Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung wurde das MGK damals gebaut. 

In der öffentlichen Wahrnehmung zuletzt unter Wert geschlagen, droht dem MGK nun ab 2016 endgültig ein Dasein im Schatten der beiden Hauptgebäude. Schon heute verirren sich pro Tag gerade mal 55 Besucher ins St. Alban Tal (2011, ohne Museumsnacht), womit man sich auf Augenhöhe mit dem Anatomischen Museum befindet. Das Haupthaus kommt auf rund 550 Besucher pro Tag – nur jeder Zehnte nimmt von da also den zehnminütigen Fussweg ins Tal hinab auf sich.

Wenig Publikumswirksames

Dass sich nicht jeder, der sich an Stillleben und Landschaftsbildern labt, auch den Videocollagen einer Hilary Lloyd aussetzen will, liegt auf der Hand. Da auch ein attraktives Kombi-Ticket für den Besuch beider Häuser fehlt (ein Erwachsener spart gerade mal zwei Franken), gibt es aber auch wenig Anreize. Schwerer wiegt, dass in jüngster Zeit publikumswirksame Ausstellungen mit Gegenwartsbezug meist im Hauptgebäude stattfanden (Andreas Gursky 2008, Gabriel Orozco 2010). Kunstmuseum-Direktor Bernhard Bürgi will so sein Stammhaus öffnen und auf die Breite seiner Sammlung hinweisen; ausserdem ist mehr als ein klassischer Blockbuster pro Jahr kaum mehr finanzierbar.

Was also tun, wenn oben am Rhein bald viel Raum für Gegenwartskunst bereitgestellt wird und eine attraktive Hülle noch dazu? War von kostenbewussten Skeptikern in der Budgetdebatte gar eine Stilllegung des MGK gefordert worden, war das laut Bürgi «nie ein Thema». Allen voran für die Mäzenin Maja Oeri, die mit ihrer 50-Millionen-Franken-Spende den Neubau erst ermöglicht hat, ist das MGK nicht verhandelbar. Der Grund liegt auf der Hand bzw. in der Familie: Maja Oeri, die auch das Schaulager betreibt und in der Kunstkommission der Öffentlichen Kunstsammlung sitzt, fühlt sich dem Erbe ihrer Grossmutter Maja Sacher verpflichtet, die damals das MGK gegründet hat. Das MGK für den Neubau zu opfern wäre in besseren Basler Kreisen wohl nicht gut angekommen.

Neue Leitung gesucht

Trotzdem: Die Situation ist unbefriedigend, was weniger dem Programm als der Lage im putzigen St. Alban-Quartier am Rhein geschuldet ist. Um dem Haus neue Impulse zu verleihen, wurde nun frühzeitig die Direktorenstelle ausgeschrieben. «Der Vertrag mit Nikola Dietrich war von Beginn weg befristet», sagt Bürgi. Dietrich leitet das MGK seit 2007 und hat insbesondere die aktive lokale Kunstszene eingebunden. Zugleich lässt Bürgi durchblicken, dass das Haus, das seit 2011 auch das progressive Kunstlabor «Elaine» betreibt, etwas gar nah an einer Kunsthalle operiert. «Das MGK soll in Zukunft wieder stärker der Sammlung verpflichtet sein.»

Der neuen Leitung, die voraussichtlich im November 2013 das Amt antritt, wird genau dies nicht ganz leicht gemacht. Denn gleichzeitig wird das MGK noch stärker in Richtung Gegenwart ausgerichtet. Der Plan sieht vor, dass im MGK ab 2016 nur noch die Zeit nach 1990 verhandelt wird, während im Erweiterungsbau (neben den Sonderausstellungen) der Fokus auf 1950 bis 1990 liegt. Werke bis 1950 werden im Altbau gezeigt.

Das bedeutet, dass auch die bedeutendsten Teile der MGK-Dauerausstellung, insbesondere die wichtigen US-Künstler der Nachkriegszeit – Minimal Art, Pop Art, Konzeptkunst – in den Neubau wandern. Die Lücken zu füllen sei kein Problem, versichert Bernhard Bürgi: «Sowohl die Öffentliche Kunstsammlung wie auch die Sammlung der Emanuel Hoffmann Stiftung haben riesige Bestände, die im Depot schlummern. Zudem werden beide Sammlungen laufend ergänzt und erweitert.» Und noch etwas Positives gibt es zu vermelden: Basel hat mit dem neuen MGK wahrscheinlich das erste öffentliche Museum weltweit, das ganz der Kunst nach 1990 verpflichtet ist.

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