Wenns regnet in Montreux, lockt eine königliche Erfahrung

Wenn der Regen hektoliterweise auf Montreux niederprasselt, kann der Tag für Besucher des Jazz Festivals lang werden. Wie soll man die Zeit überbrücken bis zu den Konzerten? Mit einem Besuch im neuen Museum «Queen: The Studio Experience».

(Bild: Marc Krebs)

Wenn der Regen hektoliterweise auf Montreux niederprasselt, kann der Tag für Besucher des Jazz Festivals lang werden. Wie soll man die Zeit überbrücken bis zu den Konzerten? Mit einem Besuch in einem neuen Museum: «Queen: The Studio Experience» zeichnet die Zeit nach, als Freddie Mercury und Co. im Casino Platten aufnahmen.

Sie gehört zu den meistfotografierten Sujets in Montreux: Die Statue von Freddie Mercury. 1996 wurde sie ihm zu Ehren am Ufer des Lac Léman platziert. Dass der Sänger von Queen (1946–1991) eine enge Verbindung zu Montreux pflegte, ist bekannt: Er verbrachte hier einen Grossteil seiner letzten Lebensjahre, in einem Holzhäuschen direkt am See. Auf dem posthum veröffentlichten Album «Made In Heaven» ist seine Loggia zu sehen.

Mercury hat Montreux aus beruflichen Gründen kennengelernt: 1978 buchten Queen die Mountain Studios, um ihr Album «Jazz» aufzunehmen. Das Studio war 1975 eröffnet worden und gehörte zu den bestausgestatteten Europas. Zwei 24-Spur-Recorder der Schweizer Marke Studer waren zu dieser Zeit State of the Art – und für eine experimentierfreudige Band wie Queen, die alleine für ihre Chorgesänge ganze Bänder brauchte, genau das Richtige. 1979 erwarb die Gruppe das Studio, vermietete es fortan an andere Bands wie Yes oder Led Zeppelin. Zudem arbeiteten Queen dort selber an sieben ihrer Alben, bis die Band durch den Tod von Mercury auseinander gerissen wurde und das Studio verkaufte.

Velorennfahrer führten zu «Bicycle Race» 

Man wunderte sich bislang immer, dass das Touristenstädtchen Montreux nicht mehr aus dieser Geschichte herausgeholt hat. Jahrelang zeugte nur ein versteckter, von Fans bekritzelter Seiteneingang von der Tatsache, dass hier im Casino Musikgeschichte geschrieben wurde. Immerhin sind hier Welthits wie «Bicycle Race», «The Show Must Go On» oder «Under Pressure» entstanden.

Jetzt hat der Mercury Phoenix Trust, eine in Freddie Mercurys Andenken gegründete Stiftung zu Gunsten der AIDS-Forschung und -Hilfe, im Casino ein kleines Museum einrichten lassen: Queen: The Studio Experience. Dort, wo einst eine Bar und dahinter der Control Room der Mountain Studios lagen, kann man nun eine Ausstellung besuchen, die einem die Geschichte von Queen in Montreux näher bringt. Für Fans ein lohnenswerter Abstecher – gerade auch dieser Tage, an denen das schlechte Wetter nach einem Museumsbesuch schreit.

In Vitrinen finden sich zahlreiche Memorabilia aus dem Fundus der Band – von Singles über Promo-Artikel, Bühnenkostümen bis zu handgeschriebenen Songtexten: Mercurys Entwürfe für «One Vision» zum Beispiel. Auch Instrumente und Studiosituationen werden gezeigt und nebst der Bandgeschichte auch immer wieder die Verbindung zu Montreux hergestellt. Hinter Glasscheiben finden wir auch Mercurys allerletzte Textzeilen, die er 1991 schwerkrank und geschwächt in Montreux verfasst hatte, den Blick auf den Genfersee und die Alpen gerichtet, den Optimismus im Herzen: «A Winter’s Tale». 

Montreux inspirierte Mercury schon bei seinem ersten Besuch 1978: Die Tour de France passierte das Städtchen, was ihn auf die Idee für den Song «Bicycle Race» brachte.

Die legendäre Jamsession mit David Bowie  

Eine andere Anekdote gefällig? 1981 ass David Bowie beim umtriebigen Konzertveranstalter Claude Nobs in dessen Chalet zu Abend, als dieser einen Besuch im Queen-Studio vorschlug. Die spontane Begegnung führte zu einer gemeinsamen Jam-Session. Ein Basslauf, eine Songidee, eine ganze Nacht reichten ihnen, um den Welthit «Under Pressure» zu schaffen.

Die letzten Aufnahmen von Mercury

Von der Krankheit geschwächt, sang Mercury noch drei Wochen vor seinem Tod neue Lieder ein: Er wollte seinen drei Bandkollegen in Montreux möglichst viele Gesangsaufnahmen für weitere Songs hinterlassen, im Wissen, dass er diese selber nie in der fertigen Fassung hören würde.

Spätestens als die Ausstellung dem Besucher Informationen wie diese vermittelt, wird einem klamm ums Herz. Dass man dann auch noch den Control Room betritt und eine Tafel darauf hinweist, an welcher Stelle Mercury stand, als er die letzten Töne sang, ist für den Fan fast schon zu viel des Guten.

Trauer und Bewunderung empfindet man für diesen Musiker, der kurz vor dem Tod noch ein neueres Appartement am Genfersee erwarb – Mercury, so erfährt man, wusste, dass er nicht mehr dorthin umziehen würde. Aber er wollte seinen Lebenswillen bis zum Ende nicht aufgeben und sich lieber mit Inneneinrichtungsfragen und letzten Songs beschäftigen, als sich dem Tod auszuliefern. Ergreifend.

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Queen: The Studio Experience. Im Obergeschoss des Casino, Montreux.
Täglich offen von 10 bis 22 Uhr, Eintritt frei.
Um eine Spende für Mercurys Phoenix Trust (AIDS-Hilfe) wird gebeten.

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