Wer ins Theater geht, sollte sich warm anziehen

Die neuen Sitze sind bequem, die neue Obermaschinerie funktioniert wie am Schnürchen, die neue Lüftung ebenfalls. Nur die Heizung und die Publikumstoiletten sind im Theater Basel einen Tag vor Saisoneröffnung noch nicht betriebsbereit.

«Sie sind sehr bequem»: Intendant Andreas Beck und Verwaltungsdirektorin Danièle Gross auf den neuen Zuschauersitzen.

(Bild: Dominique Spirgi)

Die neuen Sitze sind bequem, die neue Obermaschinerie funktioniert wie am Schnürchen, die neue Lüftung ebenfalls. Nur die Heizung und die Publikumstoiletten sind im Theater Basel einen Tag vor Saisoneröffnung noch nicht betriebsbereit.

Als gebürtiger Rheinländer habe er ein optimistisches Gemüt geerbt, sagte der neue Theaterdirektor oder Intendant, wie er nun offiziell genannt wird, einen Tag vor der Saisoneröffnung. Er sagte dies an einem Presserundgang, zu dem nicht er, Andreas Beck, sondern das Bau- und Verkehrsdepartement eingeladen hatte. Der Rundgang führte an die massgeblichen Schauplätze der umfassenden Gesamtsanierung, welcher der Stadttheaterbau aus dem Jahr 1974 unterzogen wurde (und noch immer wird).



Neu ist alles maschinell steuerbar: die Obermaschinerie, 26 Meter über dem Bühnenboden

Neu ist alles maschinell steuerbar: die Obermaschinerie, 26 Meter über dem Bühnenboden (Bild: Ruedi Walti/Theater Basel)

Über ausgedehnte Treppenauf- und abstiege führte der Rundgang an Orte, die man normalerweise nicht sieht im Theater: zur sanierten Obermaschinerie auf der Ebene 13 ganz oben und zum neu eingerichteten Lüftungs- und Heizungskeller auf Ebene 1 ganz unten. Und er endete an dem Ort, den man immer sieht, wenn man ins Theater geht: im Zuschauerraum. Dieser wurde mit neuen Sitzen ausgestattet, die mehr Bein- und Ellenbogenfreiheit erlauben.

Heizung und Toiletten funktionieren noch nicht

Aber zurück zum optimistischen Gemüt des Intendanten. «Wir sind ganz froh, Ihnen das Theater so zeigen zu können, wie es sich heute präsentiert», sagte Beck. Vor wenigen Wochen habe es hier noch ausgesehen wie im Sarkophag von Tschernobyl. Das tut es wahrlich nicht mehr. Aber nicht alles war bereits in bester Ordnung, was zwar nicht zu sehen, wohl aber zu spüren war: Noch haben es die Verantwortlichen nämlich nicht geschafft, die Heizung in Gang zu bringen. Und auch die sanierten und im Damen-Bereich ausgebauten Publikumstoiletten funktionierten noch nicht.

Der Leiter des Basler Hochbaumamts, Thomas Blanckarts, und der Vertreter des Generalplaners, Thomas Bertschmann, gaben sich aber zuversichtlich, dass sich auch diese beiden Probleme lösen lassen. «Wir müssen das letzte Schälterchen finden, das noch nicht umgelegt ist», sagte Bertschmann zum Heizungsproblem. Ob der Begriff «Schälterchen» symbolisch oder konkret gemeint war, sagte er nicht.

Blanckarts fasste zusammen, dass bei den umfassenden und komplexen Umbauarbeiten zum Teil bei laufendem Betrieb «sehr vieles gut und sehr wenig nicht geklappt» habe. Das, was längere Zeit nicht geklappt hat, nämlich die Sanierung der elektrotechnischen Installationen, haben die Verantwortlichen in einer Feuerwehrübung in den Griff bekommen. Sodass Beck nun auch bei der Heizung und den Toiletten glaubt, optimistisch sein zu dürfen.

Warme Mäntel hängen lassen

So oder so kann aber davon ausgegangen werden, dass sich das Publikum an der Eröffnungspremiere am Donnerstag ohne zu frieren in die neuen Sessel setzen kann. Bis zu 863 Menschen im Zuschauerraum plus die vielen Scheinwerfer – das dürfte auch ohne Heizung für ausreichend Wärme sorgen. So sollte sich selbst eine russische Oper («Chowaschtschina» von Modest Mussorgsky) von drei Stunden Dauer (Pause nicht mitgerechnet) komfortabel durchhalten lassen – sofern man nicht zur Toilette muss.



Blick aus dem neuen Zuschauerraum auf die alte Bühne mit dem neuen Bühnenbild für die Eröffnungsproduktion.

Blick aus dem neuen Zuschauerraum auf die alte Bühne mit dem neuen Bühnenbild für die Eröffnungsproduktion. (Bild: Dominique Spirgi)

Mehr Sorgen als um das Publikum macht sich Beck denn auch um die rund 200 Mitwirkenden an der Eröffnungsproduktion (zu denen sich übrigens auch noch zwei Schweisshund-Dackel-Mischlinge gesellen, wie aus der ersten Ausgabe des «Theater-Journals» hervorgeht). Die Atemwege der Sängerinnen und Sänger sind empfindlich.

Trotzdem gibt es Gründe auch für die Zuschauerinnen und Zuschauer, sich warm anzuziehen, wenn Sie am Donnerstag zur Premiere erscheinen. Zumindest, wenn sie eine Aktion des Theaters Basel für Flüchtlinge unterstützen möchten. Am Finale der Saison-Auftakt-Serie «Aussichtspunkte» am Samstag, 17. Oktober, riefen die Mitglieder des neuen Basler Schauspielensembles die Zuschauerinnen und Zuschauer dazu auf, ihre Mäntel nach der Vorstellung in der Garderobe hängen zu lassen. Diese würden dann einer Sammelaktion von Winterkleidern für Flüchtlinge übergeben.

«Toi toi toi» oder «Toi Toi»

Am Donnerstag hat nun das lange Warten auf die neue Ära des Theaters Basel ein Ende. Man darf dem Theater, wie es in Künstlerkreisen üblich ist, Toi toi toi wünschen für einen gelungenen Saisonstart auf und vor der Bühne. Toi toi toi, dass das Theater die Heizung in Gang bekommen wird und dass es an der Premiere nicht zum «Notdurft-Problem» kommt, wie sich Andreas Beck ausdrückte. Toi toi toi also, dass das Theater Basel nicht notfallmässig auf Toi Toi zurückgreifen muss.

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