Dies ist die Geschichte von einem Mann, der sich gegen alle Widerstände durchsetzt. Und von seinen Gegnern, die nur aus der Deckung gegen ihn schiessen, weil sie sich vor ihm und seiner Machtposition fürchten. Es ist die Geschichte von Thomas Kastl, dem Leiter der St. Jakobshalle und den Veranstaltern, die gegenüber der TagesWoche über die kuriosen Auflagen bei Events erzählen.
Aber von vorne: Thomas Kastl ist wohl einer der umstrittensten Kantonsangestellten. Die Kritik gegen ihn beginnt bereits, bevor er zum Hallenchef erkoren wird. Die BaZ schreibt 2006, Kastl sei nur dank eines einflussreichen Freundes, des damaligen Leiters des Sportamts, Andrea Müller, zu seinem Mandat bei der Joggeli-Halle gekommen. Müller habe ihm bereits für kommerzielle K-1-Kämpfe Lotteriegelder verschafft, als Kastl noch Kickbox-Manager war. Seine Event-Firma Levent AG erhielt laut BaZ 130’000 Franken aus dem Basler Lotteriefonds. Da lag es nahe, dass ihm sein Amigo im Sportamt auch zum Posten als Hallenchef verhalf.
Zwischen Breitensport und Mega-Events
Kastl und seine Levent AG übernahmen die Leitung der St. Jakobshalle 2006 auf Mandatsbasis. Der Auftrag vom Chef des Erziehungsdepartements (ED), Christoph Eymann, war klar: Die Halle, die dem Kanton gehört, soll mehr Einnahmen generieren. Kastl stand in einer schwierigen Doppelrolle: Einerseits sollten weiterhin kleine Sportevents – wie Badminton oder Volleyball – Platz haben, andererseits wollte der Kanton die Halle für Mega-Events stärken – wie «Wetten, dass …» oder die Swiss Indoors.
Kastl begann damit, Catering, Technik und Sicherheit zu zentralisieren. Der Hallen-Manager unterschrieb Exklusiv-Verträge mit Catering-Zulieferern. Zum Beispiel mit Nestlé und Feldschlösschen. Alles, was die Gäste in der Halle konsumierten, sollte fortan über diese Lieferfirmen gekauft werden.
Mehr für den Kanton, weniger für die Veranstalter
Für den Kanton hiess das: mehr Profit. Für die Veranstalter blieb weniger übrig. Sie sind darauf angewiesen, eigene Ess- und Trinkstände anzubieten. Manche hatten auch Sponsoren, die die Lebensmittel als Gegengeschäft für ihren Werbeauftritt lieferten. Das ging unter dem neuen Regime nicht mehr.
Veranstalter, die sich dazu äussern, wollen anonym bleiben. Sie fürchten um ihre Verhandlungsposition. Einer erzählt, er habe für seinen Event etwa 2000 bis 3000 Franken mehr bezahlt, weil er die Getränke über Feldschlösschen beziehen musste und nicht über einen Grossverteiler wie Coop, bei dem die Getränke günstiger im Angebot waren.
Die Auflagen von Kastl gingen soweit, dass Veranstalter die Verpflegung ihrer Mitarbeiter über die offiziellen Vertragspartner des ED – also zum Beispiel Feldschlösschen – ausrichten mussten. Das heisst: Sie durften kein Sixpack Mineralwasser von M-Budget oder Denner ins Backoffice stellen, damit die Helfer etwas zu trinken haben, sondern mussten das Wasser über Feldschlösschen bestellen.
Das ED bestätigt diese Praxis. Die Getränke müssten immer bei den ED-Lieferanten bestellt werden. Immerhin erhielten die Veranstalter das zurückerstattet, was sie nicht konsumierten.
Das Catering-Reglement würden alle vergleichbaren Hallen auf der Welt so kennen, sagt ED-Sprecher Simon Thiriet, der sich schützend vor Kastl stellt und sämtliche Anfragen zur St. Jakobshalle beantwortet. «Wir investieren massiv Steuergelder in den Unterhalt der Infrastruktur. Da haben wir dann auch den Auftrag, dieses Geld wieder hereinzuholen.»
«Es ist dem Hallen-Management vollkommen egal, ob ein Event stattfindet oder nicht. Was zählt, ist der Profit.»
Ein anderer Veranstalter sagt: «Mit diesem Catering-Zwang, schneidet Kastl den kleinen Veranstaltern ins Fleisch.» Es sei Kastl vollkommen egal, ob ein Event stattfinde oder nicht. «Was für ihn zählt, ist der Profit.»
Den Grossen ist alles erlaubt
Das strenge Catering-Reglement gilt nicht für alle. Während kleine Veranstalter sich damit arrangieren müssen und sich deshalb kaum über Wasser halten können, erhalten Grossveranstalter alle Freiheiten. Es existieren Verträge mit Standard- und solche mit Spezialkonditionen. Die TagesWoche konnte die verschiedenen Verträge einsehen.
Bei den Gross-Events – wie den Swiss Indoors oder auch bestimmten Generalversammlungen – ist fast alles erlaubt. Sie können sich teilweise von dem Catering-Zwang befreien, indem sie eine Pauschale zahlen. Thiriet bestätigt, dass es solche Ausnahmefälle gibt. Diese seien «historisch bedingt oder dann spezifische Einzelfälle».
Der Unterschied zwischen grossen und kleinen Veranstaltern deutet es an: Bei den Kleinen wird geholt, die Grossen werden gehätschelt.
Abgang und Neuzugang von Kastl
Das Regime führte zu hohen Erträgen. Zumindest für die Zeit bis 2008 ist das durch einen Bericht der Finanzkontrolle verbürgt. Dieser zeigte, dass sich die Erträge in den ersten zwei Jahren unter Kastl verdreifacht hatten. Wie sich die Erträge danach entwickelten, darüber will sich das ED nicht äussern. Thiriet sagt, ein aussagekräftiger Vergleich verschiedener Jahreszahlen sei nicht möglich, weil seit 2006 diverse Umorganisationen stattgefunden hätten.
Weiter will er sich dazu nicht äussern – obwohl die St. Jakobshalle als Dienststelle der kantonalen Verwaltung geführt wird und sie deshalb dem Öffentlichkeitsprinzip unterstellt ist. Thiriet sagt nur, dass der Ertrag seit 2006 gesteigert werden konnte.
Von 2010 bis 2013 fiel die Leitung der Halle an Michel Loris-Melikoff. Kastl trat 2010 eine Stelle bei der Konzertagentur Good News an. Loris-Melikoff sollte die Strategie von Kastl weiterführen und den Umsatz weiter erhöhen.
2013 holte Eymann Kastl zurück auf den Posten als Hallenchef; mit der Begründung, Kastl verfüge über die notwendige Event-Erfahrung und das internationale Netzwerk.
Kein Fingerspitzengefühl
Drei Jahre blieb es ruhig um den neuen alten Hallenchef. Dann kam eine Geschichte wieder hoch, die bereits bei der Anstellung 2006 von Kastl Thema war: Der Kantonsangestellte Kastl wirtschafte mit der Joggeli-Halle ins eigene Kässeli, schrieb die «bz Basel» diesen Juli. Nämlich indem er über Events, die seine Levent AG organisiert, privat mitverdiene.
Kastl ist auch politisch ein Thema. Der SP-Grossrat Thomas Gander reichte im September eine Interpellation ein, in der er nach dem Doppelmandat und der Bilanz unter Kastl fragt. Der Regierungsrat wischte mit seiner Antwort Ende September alle Kritik an Kastl vom Tisch. Der Hallenchef beziehe keine Provisionen aus Events, die über seine Firma laufen. Denn es sei «vertraglich ausgeschlossen», dass die Levent AG in der Halle Anlässe durchführe. Die «bz Basel» schrieb hingegen, dass Kastl über seine Firma Provisionen erhält.
Nicht nur das Doppelmandat sorgt indes für Kritik. Auch seine Doppelrolle prangern manche an. Denn einerseits muss der Hallenchef fürs Publikum ein vielfältiges Event-Angebot schaffen. Andererseits sollte Kastl so wirtschaften, dass ein möglichst geringes Defizit übrig bleibt, das der Steuerzahler berappt.
Aus Event-Kreisen hört man, Kastl fehle dabei das nötige Fingerspitzengefühl. Er denke in den falschen Momenten zuerst ans Geld und vergraule damit Veranstalter, die auf den Goodwill des Kantons angewiesen wären.
Modernste und grösste Halle der Schweiz
Das Thema ist auch deshalb brisant, weil die Halle derzeit für über 100 Millionen Franken saniert wird. Wenn die Sanierung 2018 abgeschlossen ist, soll es die modernste und grösste Halle der Schweiz sein. Der Druck auf Kastl, die Erträge zu steigern, wird dadurch sicher nicht kleiner.