Gleich bei der ersten Versteigerung sorgte Beurret & Bailly mit einem Rekordpreis für ein Anker-Gemälde für Schlagzeilen. Mit der auf den 23. Juni angesetzten zweiten Auktion könnten sich die Basler Newcomer in die erste Garde der Schweizer Autionshäuser einreihen.
Es ist eine Mischung aus konzentrierter Betriebsamkeit und Ruhe vor dem grossen Sturm, die den Besucher in den Räumlichkeiten an der Ecke Schwarzwaldallee und Riehenstrasse empfängt. Früher war hier das Restaurant Wiesental daheim, das mit seinen Lotto-Matches eine eher kleinbürgerliche Atmosphäre verströmte. Jetzt hängen gediegene Gemälde – darunter solche in Museumsqualität – an den Wänden, haben prächtige Möbelstücke aus dem 17. Jahrhundert und Kunstobjekte der Antike das Restaurantmobiliar von einst verdrängt. Seit Mitte Mai ist das ehemalige Restaurant im stattlichen Eckhaus beim Badischen Bahnhof Ausstellungs- und Auktionsraum des 2011 gegründeten Basler Auktionshauses Beurret & Bailly. Bereits am 13 Juni, also just auf die Eröffnung der Art hin, sollen die Räume für die Vorbesichtigung der Werke zur Verfügung stehen, die am 23. Juni dann zur Versteigerung gelangen werden.
Für dass so wenig Zeit für die Einrichtung zur Verfügung steht, wirkt Nicolas Beurret, einer der beiden Partner und Gründer des Auktionshauses, erstaunlich gelassen. «Wir haben lange nach geeigneten Räumlichkeiten gesucht», sagt der 53-jährige gebürtige Basler, der in Binningen aufgewachsen ist, aber mit seiner Familie bereits seit längerer Zeit im zürcherischen Meilen wohnt. Die Räumlichkeiten entsprächen aber von den Ausmassen und von der Lage – in kurzer Gehdistanz zum Messezentrum und damit zur Art Basel – her den Anforderungen so gut, dass man das Manko der kurzen Einrichtungs- und Vorbereitungszeit gerne in Kauf genommen habe.
«Anker in Blocher-Qualität»
Dafür kann das Auktionshaus Beurret & Bailly nun in eigenen Räumlichkeiten wirken. Für seine erste Versteigerung hat sich das im März 2011 gegründete Haus im Saal des Restaurants Mägd einmieten müssen. Ideale Umstände waren das nicht. Dennoch führte die erste Aution von Beurret & Bailly am 18. Juni 2011 zu einem spektakulären Ergebnis: Das zu einem Schätzwert zwischen 1,2 und 1,5 Millionen angebotene Gemälde «Schulmädchen bei den Hausaufgaben» (1879) von Albert Anker erzielte einen Preis von beinahe 5,6 Millionen Franken. Das war damals ein Rekordpreis für einen Anker, der im selben Jahr allerdings im Zürcher Traditionshaus Koller mit 7,38 Millionen Franken bereits wieder geschlagen wurde. Dennoch brachte der «Anker in Blocher-Qualität» («Finanz und Wirtschaft») das frisch gegründete Basler Autionshaus zumindest in die nationalen Schlagzeilen.
Die etwas eigenartige Verwendung von Christoph Blochers Nachnamen als Qualitätsbezeichnung für ein Kunstwerk dürfte ihren Ursprung darin haben, dass das versteigerte «Schulmädchen» ganz und gar dem Bild der ländlichen Idylle entsprach, mit dem Ankers Genremalerei so gerne kategorisiert wird und die wohl auch eine der Triebfedern für die Anker-Begeisterung des Milliardärs aus Herrliberg sein dürfte. Kein Wunder also, dass in den Medien vielfach die Frage auftauchte, ob Blocher seine Sammlung mit diesem hohen Geldeinsatz bereichert habe. Beurrets Antwort auf diese Frage fällt aber verständlicherweise so vieldeutig wie diplomatisch aus: «Wenn Christoph Blocher der einzige begeisterte Anker-Sammler wäre, könnten wir nicht solche Preise erzielen.»
Gelassen ins «verflixte» zweite Jahr
Der fulminante Einstand vom letzten Jahr mit dem «Weltrekord» bringt das junge Basler Auktionshaus nun natürlich gehörig unter Druck. Beurret will sich dadurch nach eigenen Angaben aber nicht aus der Ruhe bringen lassen. «Ich gehe gelassen an unsere zweite Versteigerung heran, zumal wir dieses Jahr alles in allem mehr Qualität im Angebot haben als im vergangenen Jahr», sagt er. Vor allem geht es aber quantitativ einen Riesenschritt aufwärts: Waren es im ersten Jahr noch 74 Nummer, stehen jetzt bereits 330 Werke und Objekte zur Versteigerung. Beurret besitzt als langjähriger ehemaliger Mitarbeiter in den grossen internationalen Auktionshäusern Sotheby’s und Philips verfügt offensichtlich nicht nur über einen reichen Erfahrungsschatz, sondern auch über ein wertvolles Beziehungsnetz zu verkaufsbereiten Kunstbesitzern.
Dass er zusammen mit seinem französischen Partner Emmanuel Bailly Basel als Standort für sein Auktionshaus auserkoren hat, liegt nicht nur daran, dass er hier aufgewachsen ist. «In Basel herrschte auf dem Auktionsmarkt bislang ein Vakuum», sagt er. Zwar gibt es mit Vogler bereits ein Auktionshaus auf dem Platz. Unter dem Strich bewegt sich das Autionshaus im Gundeldinger Quartier in einem weit tieferen Preissegment, während Beurret & Bailly eher auf dem Niveau der grossen und traditionellen Häuser der Schweiz einzuordnen ist. Dennoch möchte sich Beurret zumindest im Gespräch mit den Journalisten (noch) nicht auf eine Stufe mit Koller in Zürich, Kornfeld in Bern oder Fischer in Luzern stellen: «Wir wollen in erster Linie unser Ding durchziehen und nicht mit traditionellen Häusern konkurrenzieren», sagt er.
Überdies ist Beurret überzeugt, trotz des aufgebauschten Angebots von der gleichzeitig stattfindenden Kunstmesse Art profitieren zu können. «Auch wenn man sich über Internet von der ganzen Welt aus bequem über unser Angebot informieren kann, bleibt es für Sammler wichtig, sich vor Ort direkt über die Qualität und den Zustand des Originals zu überzeigen», betont Beurret. Da ist es überaus praktisch, das Who is Who der Sammlerwelt in der unmittelbarer Nachbarschaft zu wissen. Dennoch haben die beiden Auktionatoren eine Auswahl der zur Versteigerung stehenden Werke bereits in Zürich sowie in Lausanne zur Schau gestellt.
Wiederum Anker im Angebot
Auch bei der zweiten Versteigerung sind wiederum Werke von Albert Anker im Angebot. Neben mehreren Zeichnungen und einem Aquarell sind auch zwei beachtenswerte Ölbilder darunter – beides Bildnisse eines Mädchens mit dem Namen Emilie Weiss, einmal als Kleinkind und im zweite Fall als siebenjähriges Mädchen. Beide Gemälde stammen aus einer Privatsammlung aus dem Waadtland, aus der über 60 Werke in die Auktion einfliessen – darunter auch mehrere bemerkenswerte Gemälde des Lausanners François Bocion (1828-1890), der als «Maler des Genfer Sees» international bekannt wurde. Beide Anker-Porträts dürften aber weit weniger hohe Preise erzielen als das Genrebild aus dem letzten Jahr. Das liegt nicht unbedingt an der Qualität der Werke, sondern vielmehr am Umstand, dass die Porträts des Mädchens aus einer gutbürgerlichen Familie nicht in die Bilderbuchwelt der ländlichen Idylle passen. Entsprechend liegen auch die angegeben Schätzwerte mit 200’000 und 700’000 Franken einiges unter dem Wert, der 2011 dem «Schulmädchen» beigemessen wurde.
Dazu kommt, dass der Anker-Boom des vergangenen Jahres etwas abzuflauen scheint. So brachte die Sotheby’s-Auktion für Schweizer Kunst Anfang Juni eher ernüchternde Resultate. Ein auf 1,4 bis 2 Millionen Franken geschätzter Schulknabe von Anker fand gar keinen Käufer, während das Bildnis eines Mädchens mit 1,43 Millionen Franken unter dem geschätzten Maximalpreis von 1,8 Millionen blieb. Beurret möchte daraus aber keine Tendenz ablesen und ist überzeugt, dass zumindest das Porträt des Kleinkinds den Schätzwert deutlich übertreffen werde – wie er nach eigenen Angaben im vergangenen Jahr auch vom erzielten Rekordpreis nicht überrascht gewesen sei.
Erklärtes Highlight der kommenden Auktion ist aber nicht ein Anker, sondern ein impressionistisches Gemälde: «Argenteuil, Fète foraine» von Gustave Caillebotte aus dem Jahr 1883 (Schätzpreis: 700’000 bis 900’000 Franken). Auch wenn Caillebottes Name es bei weitem nicht mit der Popularität seiner Impressionistenkollegen Renoir, Monet oder Degas aufnehmen kann, gehört er zu den wichtigen Vertretern dieser Kunstbewegung. Lange Zeit wurden vor allem seine Verdienste als Sammler und Mäzen hervorgehoben. Mehrere Museumsausstellungen der jüngeren Vergangenheit vermochten mittlerweile aber auch den Wert von Caillebottes künstlerischem Schaffen einem wachsenden Publikum näher zu bringen.
Beurret & Bailly Auktionen
Vorbesichtigung: 13.–20. Juni, 10-19 Uhr
Schwarzwaldallee 171, Basel