Die Fondation Beyeler rückt das nach-impressionistische Werk des Künstlers in den Fokus.
Sie denken, Sie haben für dieses Jahr mit Pierre Bonnard und Auguste Renoir genug gesehen von französischen Künstlern des ausgehenden 19. Jahrhunderts? Falsch gedacht, denn nun kommt Edgar Degas! Und das fulminant. Gleich 150 Werke versammelt die Fondation Beyeler für ihre Ausstellung «Edgar Degas», und allesamt stammen sie aus den späten Jahren des Malers.
Sechs Jahrzehnte lang hat Degas, der bei seinem Tod im Jahr 1917 83 Jahre alt und fast blind war, ununterbrochen künstlerisch gearbeitet. Er hat unzählige Gemälde, Zeichnungen und Pastelle hinterlassen, und Museen präsentieren seit Jahrzehnten immer wieder gern sein Werk. Doch die meisten Ausstellungen beschränken sich auf seine impressionistische Phase – ist diese doch ein garantierter Publikumsmagnet.
Zu langweilig, das ein weiteres Mal zu reproduzieren, dachte man sich bei der Fondation Beyeler und suchte einen anderen Ansatz. Den Anstoss bot schliesslich die hauseigene Sammlung: Zwei Degas-Pastelle sind darin zu finden – «Le petit déjeuner après le bain» entstand zwischen 1895 und 1898 und «Trois danseuses» um 1903. Es sind Werke, die die Radikalität und Modernität von Degas’ später Phase unmittelbar erahnen lassen. Der Fokus auf das Spätwerk, auf die Jahre von 1886 bis 1912, lag damit geradezu auf der Hand.
So bieten sich ab diesem Wochenende Darstellungen von Tänzerinnen und weibliche Akte, Jockeys und Pferde, Landschaften und Porträts dem Besucher dar. Alles Motive, die exemplarisch für Degas’ Spätwerk stehen.
Keine nostalgisch schönen impressionistischen Bilder mehr, kein Zeugnis einer verschwundenen Welt, sondern den Maler als Wegbereiter der Moderne will uns die Fondation vorführen. Dazu setzen die Ausstellungsmacher zu einem Zeitpunkt an, an dem sich in Degas’ Werk grundlegende stilistische und inhaltliche Veränderungen abzeichnen. Damals, nach acht Impressionismus-Ausstellungen, mag sich der Künstler gedacht haben: Schluss damit, nun mach ich mein eigenes Ding! Konsequenterweise zog er sich gleich gänzlich aus dem öffentlichen Leben zurück und arbeitete wie ein Besessener für sich allein – das Bild des schwierigen Einzelgängers, das sich damals ausprägte, hat sich bis heute weitgehend gehalten.
Degas konzentrierte sich in seinen späten Jahren obsessiv auf wenige Motive. Immer wieder arrangierte und variierte er diese neu. So hat er mehrere umfangreiche Serien in den unterschiedlichsten Medien geschaffen. Die Fondation Beyeler bezieht in ihre Ausstellung nun alle Techniken und Motive mit ein und versucht aufzuzeigen, wie sich die Einzelwerke nicht nur aufeinander beziehen, sondern sich auch gegenseitig befruchten.
- Fondation Beyeler, Riehen. Ab Sonntag, 30. September
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 28.09.12