Das fulminante Rocktrio aus den USA tritt am 25. November in der St. Jakobshalle auf. Das wird wild.
«Gossip is a band», stand geschrieben, gut sichtbar, auf den T-Shirts der Fans. Solche Rechtfertigungen sind inzwischen nicht mehr nötig. Die Band aus Portland (Oregon, USA) ist riesig, füllt Stadien, sammelt Platten in Edelmetall. Verwechslungen mit dem Getratsche über Promis sind vorbei. Sie sind längst selbst zur Zielscheibe der People-Presse geworden.
Bei Bands, die so gross sind, besteht bei Musiksachverständigen der tief verwurzelte Reflex, zu sagen, dass «die alten Sachen» besser gewesen seien, echter irgendwie. Und in der Tat hat sich die Musik von Gossip in den letzten Jahren stark verändert. An die Stelle des rauen, sperrig-kantigen Postpunks ist ein hochproduzierter, geschliffener Rock-Disco-Hybrid getreten; beheimatet nicht mehr in stickigen Untergrundbars mit klebrigen Böden, sondern in schimmernd ausgeleuchteten Clubs mit bunten Drinks und teuren Musikanlagen.
Nathan Howdeshell, der als Gitarrist und Bassist der Band unter seinem Künstlernamen Brace Pain auftritt, gibt im Interview (hier gehts zum vollständigen Interview) mit der TagesWoche zu, die alten Tage zumindest musikalisch zu vermissen: «Die neuen Songs gefallen mir weniger gut als unsere Sachen von früher», gesteht er, betont aber im selben Atemzug: «Das gilt nur für die Plattenproduktionen.»
«Mir gefallen unsere alten Sachen besser.»
Nathan Howdeshell ist zwar so etwas wie der «musical Mastermind» der Band (auch wenn er den Begriff etwas unheimlich findet), das heisst, abgesehen von den Songtexten schreibt er die Stücke und abgesehen vom Schlagzeug spielt er die Instrumente ein. Hat er aber die Songs einmal eingespielt, liegt es nicht mehr in seinen Händen, was damit geschieht. «Beim letzten Album haben wir mit einem Pop-Produzenten zusammengearbeitet. Ist ja klar, dass er die Songs stark überarbeitet.» Und das geschehe dann nicht unbedingt so, wie er es sich vorgestellt habe.
Ganz anders sieht es aus, wenn Gossip live auftreten. Auf der Bühne spielen Nathan Howdeshell aka Brace Pain, Hannah Blilie und natürlich die umwerfende Sängerin Beth Ditto ihre Songs genau so, wie sie sein sollen. «Das wird richtig dreckig», verspricht Nathan.
Gossip live, das ist wild, das ist laut, das muss man erlebt haben. Beth Ditto, Frontfrau, Soulrock-Röhre, Ikone der Homo-sexuellenbewegung und Fleischwerdung des Prinzips «Fuck it» (Scheiss drauf!), verausgabt sich an den Konzerten komplett.
Sie knüpft den Draht zum Publikum so eng wie nur wenige, holt jedesmal einige Zuschauer auf die Bühne und tanzt mit ihnen. Ihrer Körperfülle ungeachtet, zieht sie sich auch mal bis auf die Unterwäsche aus und wird dafür vom Publikum und den Medien bejubelt, wofür sie sich mit einem Bad in der Menge bedankt. Dann folgt noch mehr Jubel, noch mehr Energie, noch mehr Euphorie, noch mehr Punk: Man schaukelt sich gegenseitig hoch und taumelt irgendwann, vom Tanzen und Schreien halb bewusstlos, von allerlei Glücks- und Stresshormonen berauscht, in eigenem und fremdem Schweiss gebadet nach Hause. Real dirty, eben.
- Konzert: 25.11.2012, 19:30 Uhr, St. Jakobshalle, Basel. Tickets unter www.ticketcorner.ch
Gossip live, eine Kostprobe:
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 23.11.12