Wie klingt das Leben in der 5. Dimension? Der spanische Komponist Hèctor Parra eröffnet die Saison im Gare du Nord mit seiner Kammeroper über Liebe, verborgene Universen und die Grenzen unseres Verstehens.
Schon lange suchen Physiker nach der Weltformel, nach einer Erklärung, wie unser Universum funktioniert. Auch Lisa Randall. Die Harvard-Professorin schrieb mit «Warped Passages» (2006 auf deutsch als «Verborgene Universen» erschienen) einen Bestseller und inspirierte den spanischen Komponisten Hèctor Parra (37) – selbst Sohn eines Physikers – zu einer Kammeroper. Der Komponist bat die Physikerin, ein Libretto über ihr Welterklärungsmodell zu schreiben. Herausgekommen ist eine Liebesgeschichte: Sie, die Wissenschaftlerin, die sich voll und ganz der Theoretischen Physik verschrieben hat, wagt den Sprung in die fünfte Dimension. Ihr Partner bleibt zurück, skeptisch, gebunden an die normale Raumzeit.
2009 wird die Kammeroper «Hypermusic Prologue» konzertant in Paris uraufgeführt. Eine «wahnwitzige, Grenzen sprengende Partitur», urteilte damals die «Süddeutsche Zeitung». Nun kommt es im Gare du Nord – und in den kooperierenden Sophiensälen Berlin – erstmals zu einer szenischen Inszenierung. Regie führt Benjamin Schad, die deutsche Sopranistin Johanna Greulich und der Basler Bariton Robert Koller singen die Titelpartien, es spielt das Berliner Zafraan Ensemble, der Basler Wolfgang Heiniger steuert die komplexe Live-Elektronik.
Physikalische Formeln als Musik
Doch wie kann etwas klingen, das der menschlichen Vorstellungswelt scheinbar völlig entzogen ist: Eine andere Dimension, in der unsere Gesetze von Raum und Zeit nicht gelten? «Hèctor Parra hat versucht, die physikalischen Formeln, an denen Lisa Randall auf der Suche nach dem ‹Gottesteilchen› arbeitet, in Musik zu übertragen», sagt Desirée Meiser, Künstlerische Leiterin des Gare du Nord. Eine futuristische Musik à la Raumschiff Enterprise solle man sich aber nicht vorstellen, betont sie: «Es ist für Parra eine musikalische Welt, die eher zu ‹Alice im Wunderland› passt: Klänge, die das Überschreiten unserer wahrnehmbaren Realität hörbar machen.»
Dazu gibt es vor jeder Vorstellung ein Gespräch zwischen Wissenschaftlern und Künstlern. «Es ist zwar nicht so, dass man die Oper erklären muss», betont Desirée Meiser, «aber es ist gut, dieser komplexen Materie einen Boden zu bereiten.» Gäste der Diskussionsrunden «After Work Science» sind etwa Sigve Haug vom Genfer Cern und Andri Hardmeier, Leiter der Abteilung Musik bei Pro Helvetia, die Chefärztin der Basler Erwachsenen-Psychiatrie, Undine Lang und der Komponist Hèctor Parra selbst. Die Moderation übernimmt der Wissenschaftsjournalist Roland Fischer, der zum Abschluss mit seiner Wissenschafts-Show «Wildes Wissen» zwar nicht in eine neue Dimension vordringen, aber ein ganz neues Format aus Physik, Popmusik, Alltagswissen und Science-Fiction etablieren will.
- «Hypermusic Prologue»: Gare du Nord, Schwarzwaldallee 200, Basel. 16., 17. und 18. Oktober, 20 Uhr. «After Work Science»: je 18:30 Uhr.