Der Schweizer Chansonnier bringt am 7. März sein jüngstes Album «L’ Envolée» ins Stadtcasino Basel.
Sein jüngster Clip birgt eine Ahnung davon, wo Stephan Eicher zu Hause ist: unterwegs und unter Menschen. Zum Lied «Le Sourire» sitzt er mit einer jungen Frau im Zug und klebt mit ihr Bilder von lächelnden Politikern aus der Zeitung ans Abteilfenster. Als sie in einer Stadt ankommen, die irgendwo in Frankreich sein muss, weil dort massive gotische Kirchen auf grossen Kopfsteinpflasterplätzen rumstehen und weil überall junge schöne Menschen auftauchen, die weisse Zigaretten rauchen und roten Wein trinken, stellt er sich mit einem Glas in der Hand nebendran. Und schaut den Menschen zu, wie sie tanzen zu seinem kurzen Lied mit dem leichtfüssigen Beat, den sanften Bläsersätzen und dem raunenden Chor, die Eichers flüsternden Gesang umranken.
Das Lied gehört zu «L’ Envolée» (2012), Eichers elftem Studioalbum. Mit dem Vorgänger «El Dorado» (2007) hat es einiges gemeinsam, die Kurzweil, die zarten Arrangements, die verschmolzenen Kontraste von Folk, Jazz und atmosphärischen elektronischen Einschüben.
Eine ungewohnte Kontinuität in Eichers Vita, der in seiner über 30-jährigen Musikkarriere stets in verschiedenen Genres seine Spuren hinterliess. Von den Anfängen in der Neuen Deutschen Welle als Grauzone zusammen mit seinem Bruder Martin, wovon der Synthie-Klassiker «Eisbär» übrig blieb, zum französischen Chanson in «Les Chansons Bleues» und «My Place» bis zu dem Abstecher zum Rock («Engelberg»).
Als programmatischste Platte zeichnete sich aber «Taxi Europa» (2003) aus, das konzeptuell verkündete, was in Eichers Schaffen schon immer präsent war: die Roadtrips entlang der Stile und Kulturen. Denn in der besungenen Autofahrt von der Nordsee bis ans Mittelmeer, von Paris nach Istanbul, wurde Eichers weltmusikalischer Esprit besonders offenbar.
Wie überzeugend er das intoniert, verdeutlicht vor allem sein Erfolg in Frankreich: sein grösster Hit dort wurde neben «Déjeuner en paix» ausgerechnet das berndeutsche «Hemmige» von Mani Matter, das Eicher mit Bläser, Streicher und Akkordeon üppig neu interpretierte. Das bezeugt auch, dass Eicher ein hochmusikalischer Grenzgänger, jedoch kein klassischer Singer/Songwriter ist, der Botschaften zu vermitteln hat.
Die schweizerdeutschen Verse schreibt seit «El Dorado» der Schriftsteller Martin Suter, und mit dem Pariser Autor Philippe Djian verbindet Eicher eine jahrzehntelange Freundschaft, aus der die grösste Zahl seiner französischen Liedtexte hervorgegangen ist. Auch auf «L’ Envolée» lieh Djian sieben Liedern seine Worte, indes tritt er auf Eichers jüngstem Album erstmals selbst ans Mikrofon: In «Elle me dit» rätseln Djian und Eicher im Duett aufgewühlt den Worten einer Frau hinterher, während die Band eindringlich rumpelt. Ein weiteres, ein neues Juwel in Eichers reich gefüllter Schatzkammer.
- Stephan Eicher & Band: Stadtcasino (Musiksaal), Basel. Donnerstag, 7. März, 20 Uhr.
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 01.03.13