Andreas Storm und Cathrin Störmer belästigen uns mit skurrilen, musikalischen Verbrechen.
Diesen Montag lädt die Kaserne Basel zum Vortrag über schlechte Musik. Vortrag? Klingt langweilig. «Mitnichten», wie Katrin Schmidlin, die Pressesprecherin der Kaserne, dementiert, «er wird auf jeden Fall amüsant.» Gute Unterhaltung wird also für diesen Abend versprochen. Die Bar ist während der Vorstellung geöffnet – so kann man sich in lockerer Stand-up-Comedy-Atmosphäre die Kehle befeuchten, während die Protagonisten durch die schlimmsten musikalischen Verbrechen der jüngsten Zeit führen. Die Moderatoren des Abends: Cathrin Störmer, freischaffende Schauspielerin beim Theater Zürich, und Andreas Storm, seines Zeichens Regisseur und Schauspieler, zwei alte Bekannte aus der Zürcher Theaterszene.
Aus der Not geboren
Angefangen hat das «Worst Case»-Projekt, als Andreas Storm zu wenig Material für eine Vorlesung der damals kommerziell erfolgreichen Lyrikerin Kristiane Allert-Wybraietz hatte und deshalb zwecks Aufstockung auf seinen persönlichen Fundus skurriler Lyrik zurückgriff. Das kam gut an beim Publikum. Seitdem führt er zusammen mit Cathrin Störmer seit mittlerweile drei Jahren die «Worst Case»-Szenarien in Zürich, Basel, Bern, Baden und Buchs auf.
Gegliedert ist das Projekt in 14 Sparten, in denen grauenhafte Beispiele aus bizarren Ratgebern, grässlicher Musik, menschenfeindlichen Weltanschauungen, frauenfeindlicher Esoterik und misslungener Grosskunst vorgestellt werden. Die Vorträge sind eine Sammlung aus Lesungen, Diashows, Musikbeispielen und Filmen über schreckliche Kunstwerke, Ratgeber, Musikstücke, Prosa, Gedichte und Filme. Die einzelnen Folgen sind in sich geschlossen. Man kann also der Aufführung folgen, ohne Kenntnisse der anderen 13 Vorträge zu besitzen.
«Ohne Vorbereitung kann man nicht improvisieren»
Störmer und Storm tauschen sich in lockeren Gesprächen über subjektive Erfahrungen zum jeweiligen Thema anhand von Beispielen aus. «Dabei verfolgen wir», so Andreas Storm, «einen sehr improvisierten Ansatz.» Den Vorwurf, dass dadurch die Qualität der Vorführung sehr von der Tagesform der Protagonisten abhängt, lässt er nicht gelten: «Natürlich sind wir nicht völlig unvorbereitet», erklärt Andreas Storm, «denn ohne Vorbereitung kann man nicht improvisieren. Aber als erfahrene Schauspieler können wir uns etwas Improvisation leisten, ohne gleich das Publikum zum Gähnen zu animieren.»
Ein besonderes Augenmerk wird am kommenden Montagabend auf Musikvideoclips gelegt. Doch wer nun visuelle Schandtaten à la Modern Talking oder Tokio Hotel erwartet, wird bitter enttäuscht sein. Storm und Störmers Interesse liegt vor allem an den skurrilen Ideologien der musikalischen Missgeburten. Darunter finden sich von John Travolta eingesungene Scientology-Lieder aus den 80er-Jahren. Diese waren, so Andreas Storm, «sehr schwer und nur auf Kassette aufzutreiben. Doch die Mühe hat sich gelohnt.» Ins Visier nehmen die zwei ausserdem Städtelieder, die Ohrbluten verursachen, wie der neue Tourismuswerbesong für die Stadt Zürich. Oder politische Lachnummern, jüngst eingesungen von der FDP Reinach, inklusive Catwalk-für-Dorftrottel-Videoclip. Es wird an diesem Abend also einiges geboten, um sich fremdzuschämen.
- Vorstellung: Rossstall 2, Kaserne Basel
- Montag, 25. Juni 2012, 20 Uhr
Artikelgeschichte
Erschienen in der gedruckten TagesWoche vom 22.06.12