Giovanni Antonini und das Kammerorchester Basel präsentierten sich mit hochexplosivem Haydn und stürmischem Beethoven abermals als Dreamteam. Erstaunlich viel Kühle brachte die Pianistin Khatia Buniatishvili mit.
Man hört und liest viel von Khatia Buniatishvili dieser Tage. Sogar die Tagesschau des Schweizer Fernsehens, die nicht eben für eine breite Kulturberichterstattung bekannt ist, sendete über die «Georgische Starpianistin». Die 25-Jährige wird zu einer Hoffnungsträgerin des Klasskimarktes stilisiert – ihrer eigenwilligen Interpretationen und ihrer aussergewöhnlichen technischen Souveränität wegen.
Doch was Buniatishvilis CD-Einspielungen mit Chopin und Liszt auszeichnet, das ist in Ludwig van Beethovens Klavierkonzert Nr. 1 zweitrangig. Fordern die Kompositionen der romantischen Klaviervirtuosen eine persönlich gefärbte Auslegung geradezu heraus, ist dies bei dem noch deutlich mit klassischen Formschemata strukturierten Konzert Beethovens ein zu einseitiger Zugang. Diese Musik gewinnt erst dann an Tiefe, wenn die architektonische Gesamtstruktur offen gelegt, die verschiedenen Themen in ihrer Gegensätzlichkeit herausgearbeitet, gewichtet und unter einen gemeinsamen Spannungsbogen gesetzt werden.
Getragen, von Phrase zu Phrase
Buniatishvili vermochte dies zumindest in ihrem Gastspiel im Musiksaal des Stadtcasinos nicht zu realisieren. Sie liess sich von Phrase zu Phrase tragen, gestaltete manche überraschend mild, andere eindrücklich impulsiv, verwässerte ihren farbenreichen Anschlag sehr oft mit dem Pedal. Dies passte denn auch stilistisch nicht zum trockenen, scharf artikulierten Klang des Kammerorchesters Basel, das sich mit den Naturhörnern und -trompeten, den Klassik-Bögen der Streicher – trotz moderner Holzblasinstrumente – dem Klang der Beethoven-Zeit zumindest anzunähern versuchte.
Tänzerisch, elegant
Wie sehr die Musik der Klassik gewinnt, wenn sie mit frischem, aber nicht gehetztem Tempo interpretiert wird, wenn all die kleinen Motive von der grossen Anlage her gedeutet werden, das zeigte Antonini anhand von Joseph Haydns Sinfonie Nr. 100. Herrlich, wie die Kontrabässe mit rauem Bogenstrich auch das perkussive Element ihrer Stimme zeigten, wie homogen ausbalanciert das Holzbläserensemble agierte, wie vielstimmig und elegant das Schlagwerk die kämpferischen Impressionen dieser «Militärsymphonie» integrierte. Antonini liess sich nie zum Derben verleiten, blieb stets tänzerisch und elegant, liess die Musik zu pompöser Feierlichkeit aufblühen und einzelne Themen wie Vulkane explodieren.
Frappierend dann die Gegenüberstellung mit Beethovens Coriolan-Ouvertüre als Zugabe: Antonini gestaltete sie ebenso plastisch und prägnant, stellte aber den dramatischen Pathos ins Zentrum, der eben ganz Beethoven ist.
Unnötiger Stabwechsel
Ist Giovanni Antonini, der nach seiner Karriere als Blockflötist inzwischen Leiter verschiedener Originalklang-Ensembles ist, im Dirigierfach noch immer kein Allrounder? Die Uraufführung der kurzen, nicht allzu komplexen «5 Kommentare zur Militärsymphonie von Haydn» von Isabel Klaus übernahm ein anderer Dirigent: Thomas Herzog. Der unnötig erscheinende Stabwechsel ist ebenso zu bedauern wie die Tatsache, dass das Kammerorchester dieses eigens in Auftrag gegebene Werk nicht bei den anderen Konzertveranstaltern dieser Tournee durchsetzen konnte. Lediglich in Basel erklang das amüsante Ensemblewerk, das Einzeltöne und Motive Haydns isoliert und neu organisiert – und damit die Ohren sensibilisiert für das Baumaterial Haydnscher Musik.