Zukunft des Shift Festivals ist unklar

Eine neue Führungsstruktur und weniger Budget: Beim Team des «Shift Festivals» fragt man sich, wie es weitergehen soll.

Die Zukunft des Shift Festivals ist weiterhin unklar. (Bild: Keystone)

Eine neue Führungsstruktur und ab 2012 weniger Budget: Beim mehrköpfigen Team des «Shift Festivals» fragt man sich, wie es weitergehen soll.

Fünf Jahre lang hat es hervorragend funktioniert: Im Frühjahr 2007 gegründet, hatte es das Shift Festival für elektronische Künste bald geschafft, nicht nur nach Basel, sondern national und international erfolgreich auszustrahlen. Ein kleines Sparten-Publikum werde hier bedient, heisst es zwar immer wieder einmal, doch wahr ist das nur bedingt. So vielstimmig wie das Team, welches für die Shift-Programmierung zuständig ist, so vielfältig ist dann auch das fertige Festivalprogramm: es bietet für Kunstinteressierte jeweils ebensoviel wie für Musikfreunde und Technikfreaks und wirkt durch diese Vielstimmigkeit integrativ für das Ghettokind Medienkunst. Das Team, ein Konglomerat der unterschiedlichsten Köpfe, die ihre Interessen eingebracht und einem Publikum zugeführt haben, arbeitete stets mit einer Leidenschaft, die während dreier Tage im Jahr spürbar miterlebt werden durfte.

Doch nun rumort es im Shift-Team. Seit das Shift Festival mit dem ehemaligen Plug.In im Haus für elektronische Künste (HeK) zusammengeführt wurde, hat sich eine Unsicherheit aufgebaut, die am Shift Festival vergangener Woche greifbarer wurde. Latent manifestierte sie sich bereits im Frühjahr, als kurz nach dem Umzug des HeK aufs Dreispitzareal die ehemalige Leiterin des Plug.In, Annette Schindler, das Handtuch warf. Sie wird neu das Animationsfilmfestival Fantoche in Baden leiten. Grund für ihren Abgang waren Unstimmigkeiten über die künftige Organisationsstruktur des HeK, und auch Budgetfragen wurden in diesem Zusammenhang erwähnt. Näheres war damals nicht zu erfahren.

Team-Modell infrage gestellt

Als der Stiftungsrat des HeK kurz darauf die Leitung des Hauses ausschrieb und nach einer Führungsperson suchte, die das HeK in der Funktion eines Intendanten leiten sollte, ging ein weiteres Raunen durch die Reihen des Shift-Teams. Das Shift Festival war im Team enstanden, Vereinsvorstand, Organisationskomitee und inhaltliches Team bildeten über die Jahre eine Einheit. Dass nun plötzlich künstlerische und administrative Leitung auf einer einzigen Person vereinigt werden sollte, stiess manchem säuerlich auf – hatte doch das Team-Modell mit dem Shift Festival immerhin das erfolgreichste HeK-Produkt hervorgebracht und wurde nun plötzlich für nichtig erklärt. Doch nachdem nach der Gründung des HeK intern monatelang um eine geeignete Organisationsstruktur gerungen worden war, entschied man sich im Stiftungsrat für die Ausschreibung der Leitung. Dabei ist es dem Stiftungsratspräsidenten Beat von Wartburg wichtig zu erwähnen, dass ihm damals keine Intendanz vorschwebte, sondern lediglich ein Vorsitz der Geschäftsleitung.

Im September wurde schliesslich die Deutsche Sabine Himmelsbach als neue Leiterin vorgestellt. Antreten wird sie ihre Stelle im März. Was sie dann vorfinden wird, scheint heute unklar. Denn manch ein Mitglied des HeK überlegt sich dieser Tage, wie es weitergehen soll. Grund dafür sind verschiedene Vorfälle der letzten Tage und Wochen.

Deutliche Verwirrung war vor einer Woche, am Abend der Shift-Eröffnung, in den Gesichtern einiger Shift-OK-Mitglieder abzulesen. Beat von Wartburg hatte sie soeben mit einer Rede irritiert, in der das Team mit einer Wohngemeinschaft verglichen wurde. Auch der Begriff «Villa Kunterbunt» fiel. Von einer neuen «Führung» des HeK war dann die Rede, dazu eingeblendet ein Bild von einem Baby mit Hitlerschnauz. Der Vortrag, der laut von Wartburg als ironischer Rückblick auf ein bewegtes Jahr gedacht war, sorgte beim Team für betretene Gesichter.

Budget-Sorgen

Ebenfalls zeitgleich mit dem Festival wurde bekannt, dass der Kurator des HeK, Raffael Dörig, aufs Jahr 2012 ans Kunsthaus Langenthal wechselt. Sabine Himmelsbach wird die kuratorische Tätigkeit ab dem neuen Jahr wohl selbst ausführen. Ausführen müssen, muss man wohl sagen. Denn was dem HeK-Team neben den personellen Unsicherheiten schon länger Sorgen bereitet, sind offene Fragen rund ums Budget. Da geht es einerseits um die Subventionen des Bundesamtes für Kultur, dessen Projekt  für Neue Medien, «Sitemapping», für das Jahr 2011 letztmals Geld verteilte. Wie das aufgefangen werden soll, ist noch unklar; man hofft auf einen Ausgleich durch die Pro Helvetia, die seit der Revision des Kulturförderungsgesetzes für die Neuen Medien zuständig ist. Doch auch der neu geschaffene Posten der Leiterin wird vom HeK-Gesamtbudget von 1,5 Millionen Franken jährlich bezahlt werden müssen, von dem der Grossteil aus den Kassen der Christoph Merian Stiftung kommt. Fürs Shift Festival wurde jeweils mit etwas unter 600’000 Franken gerechnet.

Es ist davon auszugehen, dass das Shift-Team künftig mit weniger Geld agieren muss. Doch mit kleinerer Kelle anzurühren, das macht dem Team wohl wenig Spass. Und unter diesen Umständen fragt man sich plötzlich, ob der Abgang von Raffael Dörig nur der erste gewesen sein wird. Ob die fünf bis zehn Köpfe, die in kleinen Teilpensen rund ums Jahr mit der Programmierung des Festivals beschäftigt sind, weiterarbeiten wollen, sollte die Teamstruktur nicht erhalten bleiben können, scheint im Moment unklar. Klärende Gespräche finden statt, und laut ersten Aussagen möchte Sabine Himmelsbach auf die Erfahrung des Teams setzen. Auch dem Stiftungsrat liegt viel daran, Missverständnisse aufzuklären. So wird ein guter Kompromiss gesucht, denn einfach so ein Projekt aufgeben, das man in Jahren mühsamer Arbeit und mit viel Enthusiasmus aufgebaut hat, das tut keiner leichten Herzens.

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