Nach ihrem erfolgreichen Erstling «Die Pürin» legt Noëmi Lerch nach und nimmt mit «Grit» wieder atypische weibliche Lebensentwürfe in den Blick. Ist das noch Zufall oder schon Programm? Porträt einer Autorin, die sich nicht auf simple Botschaften beschränken mag.
Noëmi Lerch liebt Bahnreisen. Wenn sie in Basel auf einen Anschluss wartet, dann tut sie das im Bahnhofsbuffet, dieser vornehmen Wartehalle, eingeklemmt zwischen SBB und französischem Bahnhof. Sie braucht die Karte nicht zu sehen, bestellt Tee Rum, als sei es das Selbstverständlichste der Welt, und freut sich auf den Abend.
Endlich wieder Stadtluft schnuppern. Barbetrieb. Gläserklirren. Bier, Wein, Tanz. Ihre Schwester feiert Geburtstag in einer Basler Kneipe, da ist Lerch gerne dabei. Die 29-Jährige ist die älteste dreier Schwestern.
In der Schweizer Literaturszene gehört sie dagegen eher zur jungen Schar. Wie so viele, die in den letzten Jahren von sich reden machten, besuchte sie das Literaturinstitut in Biel. Ihr Debüt «Die Pürin» erschien 2015. Vor dem Kreislauf der vier Jahreszeiten wird darin die knöcherne Arbeit auf einem Bündner Bauernhof beschrieben, die sich zwei Frauen, eine Bäuerin und ihre Gehilfin, untereinander aufteilen.
Lerch selbst studierte mehrere Jahre in der Stadt, heute lebt sie auf dem Land. Ihr Alltag ist geprägt von intellektueller und körperlicher Arbeit gleichermassen, wobei sie sich als Frau selten beweisen muss, wie sie sagt. Der Hof funktioniert nur als Gemeinschaft. «Für mich ist es gleichermassen wichtig, zu schreiben wie zu kochen wie im Stall zu den Tieren zu schauen. Ich möchte das ganzen Leben in meinen Händen haben.»
Darum widerstrebt es ihr eigentlich, auf die mediale Bühne gebeten zu werden. Sie weiss um die Krux der Journalisten, komplexe Sachverhalte und auch Persönlichkeiten «verkaufen» zu müssen, anstatt sie einfach abzubilden. Über ihre Bücher redet sie gerne, die sprechen für sich und dürfen gerne leuchten im Rampenlicht der Berichterstattung. Ihren eigenen Scheinwerfer dimmt sie derweil herunter: «Bitte so unspektakulär wie möglich.»