Ab auf die grüne Wiese und nochmals von vorne anfangen!

Hector Herzig, Präsident der Gemeinde Langenbruck und der Baselbieter Grünliberalen, würde seinen Kanton, seine Region am liebsten ganz neu denken. Heraus käme dabei ein einheitliches Gebiet mit wenigen Grenzen, einem schlanken Staatsapparat und starken Gemeinden, die sich untereinander zusammenschliessen. Im realen Baselbiet erkennt er eher das Gegenteil: ein kleines Frankreich.

Langenbruck: eine Gegend die animiert. Zum Nachdenken. Zu Pionierleistungen auch, wie sie der gesamte Kanton heute dringend nötig hätte, sagt zumindest Hector Herzig, Gemeindepräsident von Langenbruck. (Bild: Hans-Jörg Walter)

Hector Herzig, Präsident der Gemeinde Langenbruck und der Baselbieter Grünliberalen, würde seinen Kanton, seine Region am liebsten ganz neu denken. Herauskäme dabei ein einheitliches Gebiet mit wenigen Grenzen, einem schlanken Staatsapparat und starken Gemeinden, die sich untereinander zusammenschliessen. Im realen Baselbiet erkennt er eher das Gegenteil: ein kleines Frankreich.

Endlich einmal zur Ruhe kommen, nachdenken, sich neue Ziele setzen. All das ist in Langenbruck perfekt möglich, weil das hoch erhabene Dorf am Oberen Hauenstein so Vieles zu bieten hat: Natur, Kultur, ein Kloster und nicht weniger als sechs Restaurants. Kein Wunder, hat das kleine Langebruck auch schon ganz grosse Figuren hervorgebracht: Oskar Bider, der 1913 als erster Mensch die Pyrenäen und die Alpen überflog und seither Kult ist – nicht nur in Fliegerkreisen.

Sich neue Ziele setzen, Pioniergeist zeigen, das hätte heute das ganze Baselbiet, die gesamte Region dringend nötig, sagt Hector Herzig, Präsident der Gemeinde Langenbruck und der Baselbieter Grünliberalen. «Unserer Region fehlt der gemeinsam Wille, die Vision», sagt er: «Das Beste wäre, wir würden raus auf die grüne Wiese, nochmals von vorne anfangen, alles neu aufbauen», sagt er.

Unter normalen Umständen wird es dazu allerdings nie kommen. Dessen ist sich Herzig bewusst. Darum befürchtet er, dass der Kanton Baselland noch einige Zeit in seiner «sehr, sehr, sehr schwierigen Situation» verharren wird. Ohne Ziel, ohne Idee, innerlich gespalten. Das ärgert Herzig, den Kulturmanager und Unternehmer. Den Macher, der laufend irgendwelche Strategien entwickelt, wenn er an seine Beratungsfirma und seine Musikschule denkt. Oder an seine Gemeinde und seine Partei. Oder auch an «Das Schiff» und den «Grenzwert» in Basel, wo er Mitinhaber ist.

Noch mehr stört ihn aber, dass im Baselbiet nie irgendjemand bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. Verantwortung für die vielen Fehler, die in der Vergangenheit gemacht worden seien: «So gross die Probleme auch sind: Regierung, Landrat, Volk – alle tun so, als wären sie absolut unschuldig am Schlamassel.» Ein verhängnisvolles Verhalten. «Das Baselbiet bräuchte erst einmal eine schonungslose Diagnose. Danach wäre möglicherweise allen klar, welches Mittel, welches Gegengift das richtige wäre», sagt Herzig.

Staat soll abspecken

Zumindest er selbst hätte schon jetzt recht klare Vorstellungen. «Man muss das politische System vom Menschen her denken», sagt er. «Gelebte Subsidiarität» nennt er sein Ideal. Will heissen: Die höhere politische Ebene soll nur das entscheiden, was die tiefere nicht selbst regeln kann. «Die Menschen wollen mitbestimmen. Und sie wollen alle wichtigen Angebote möglichst bei sich in der Nähe haben. Entsprechend wichtig seien die Gemeinden. Für sich allein seien die meisten Dörfer im Baselbiet aber zu klein: «Darum braucht es entweder Gemeindezusammenschlüsse oder aber eine enge Kooperation in neuen politisch sinnvollen, funktionalen Räumen, Bezirken oder wie man dem auch immer sagen will.»

Auf dieser Ebene müssten nach Ansicht von Herzig nicht nur die wichtigsten politischen Entscheide für das Gebiet gefällt, sondern auch das Sozialwesen, die Vormundschaft, das Bauwesen und die regionale Raumplanung angesiedelt werden. Das kulturelle Leben soll sich dagegen weiterhin vor allem auf der kommunalen Ebene abspielen. «All die Vereine und die sozialen Anlässe sind eminent wichtig, damit sich die Menschen in den Dörfern wohl fühlen. Für die Identität.»

Mehr Kompetenzen und ein deutlich höherer Anteil an Steuereinnahmen für die Gemeinden heisst in Herzigs idealem Staat auch: weniger Geld und vor allem auch weniger Macht für den Kanton.«Der Staatsapparat in Liestal muss massiv verschlankt werden», sagt Herzig – und nennt auch gleich ein Beispiel: die Bildungsdirektion.

«Diese Behörde ist in den vergangenen Jahren laufend ausgebaut worden, ohne dass sich das auf das Kerngeschäft, den Unterricht, positiv ausgewirkt hätte», sagt Herzig: «Viel sinnvoller wäre es die angeblich ‘teilautonomen Schulen’ auch tatsächlich teilautonom arbeiten zu lassen.» Wer näher an den Problemen ist, erkennt auch besser Lösungen, das ist Herzigs Credo: «Umso schlimmer ist, dass unser Kanton derart zentralistisch funktioniert – wie ein kleines Frankreich.»

Region darf nicht länger in ihre Einzelteile zerfallen

Irgendwo gibt es allerdings auch für Herzigs neues Baselbiet, dieses Baselbiet von unten, Grenzen. In der Raumplanung etwa, in der Kultur in der Bildung oder im Gesundheitsbereich sollten die grossen Züge seiner Meinung nach weiterhin von oben vorgegeben werden, vom Bund, von den Kantonen.

«Das geht nicht anders, sonst gibt es ein Durcheinander», sagt Herzig, der auch bei diesem Thema schon recht weit denkt. An einen wiedervereinigten Kanton Basel. «Wir müssen unsere Region endlich wieder als Ganzes verstehen. Denn wirklich stark sind wir nur gemeinsam», sagt er. Die Realität sehe heute leider ganz anders aus: «Die Region zerfällt in ihre Einzelteile, die ihre eigenen, stark divergierenden Interessen vertreten.» Dabei könnten sich Stadt, Agglomeration und Land doch auch perfekt ergänzen: «Dafür müsste aber erst einmal das Bewusstsein vorhanden sein, dass die einzelnen Gebiete aufeinander angewiesen sind.»

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