Abzocker-Initiative: Was hat das alles zu bedeuten?

Welche Aussagekraft hat die Isopublic-Umfrage zur Abzocker-Initiative? Ist das Ja der Zürcher SVP tatsächlich hilfreich für Thomas Minder? Springen jetzt die Linken ab? Und wird Christoph Blocher seine Partei noch einmal drehen können? Rund um die Abzocker-Initiative ist plötzlich alles ziemlich unklar.

Was jetzt? (Bild: Hans-Jörg Walter)

Welche Aussagekraft hat die Isopublic-Umfrage zur Abzocker-Initiative? Ist das Ja der Zürcher SVP tatsächlich hilfreich für Thomas Minder? Springen jetzt die Linken ab? Und wird Christoph Blocher seine Partei noch einmal drehen können? Rund um die Abzocker-Initiative ist plötzlich alles ziemlich unklar.

Noch vor einem halben Jahr, ja sogar noch vor ein paar Wochen, da schien alles klar zu sein. Das Institut von Claude Longchamp, gfs.bern, hatte im Mai 2012 im Auftrag von Economiesuisse eine Zustimmung von 77 Prozent zur Abzocker-Initiative festgestellt. Der beginnende Abstimmungskampf festigte diese Tendenz: Economiesuisse heuerte eine Agentur an, um die Debatte auf Online-Portalen zu verfälschen, der Bundesrat provozierte eine erste Stimmrechtsbeschwerde, weil er sich etwas gar fest gegen die Initiative einsetzte und der Vizepräsident des Arbeitgeber-Verbands drückte am Pfyfferli seine Geringschätzung für die stimmende Bevölkerung aus – alles schien für die Initiative von Zahnpasta-Hersteller Thomas Minder und seinem Assistenten Claudio Kuster zu sprechen.

Eine schwierige Umfrage

Bis zum vergangenen Sonntag und der vom «Sonntagsblick» in Auftrag gegebenen Isopublic-Umfrage. Mitinitiant Claudio Kuster war konsterniert ob der tiefen Zustimmungsrate von nur noch 54 Prozent.

Dass der Vorsprung von Initiativen im Verlauf des Abstimmungskampfs zusammenschmilzt, ist ein altbekanntes Phänomen – weiss vor allem Claude Longchamp.

Aber in diesem Ausmass? Nachdem sich Claudio Kuster nach dem frustrierenden Wochenstart wieder etwas gefangen hatte, gab er dem Newsnet ein Interview und zweifelte die Umfrage an. Tatsächlich haben die Umfragen von Isopublic in Politologen-Kreisen nicht den besten Ruf – die Umfragemethode wird nicht gänzlich offengelegt – was wiederum den Widerspruch von Matthias Kappeler, Geschäftsführer von Isopublic weckte.

Auf der Seite der Umfrager und Prognostiker also: Verwirrung. Mark Balsiger, Politikberater in Bern, hält das Rennen für offen. Claude Longchamp hält sich bedeckt – seine Prognose ist für den Freitag, 25. Januar um 17 Uhr angekündigt.

Was macht die SVP?

Mehr Fragen als Antworten hat auch die Delegiertenversammlung der SVP Zürich vom Dienstagabend generiert. Mit 119 zu 106 Stimmen sagt die Kantonalpartei Ja zur Abzocker-Initiative und Nein zu Christoph Blocher – der an der Versammlung allerdings nicht anwesend war. «Ich kann mich nicht erinnern, dass die eigene Kantonal-Partei je gegen ihren Übervater gestimmt hat», sagt Balsiger. Grundsätzlich misst er dem Parolenspiegel in dieser Frage aber keine allzu grosse Bedeutung – weil die Basis bei so symbolhaften Themen wie den Abzockern «eher mit dem Bauch als mit dem Kopf» abstimme.

Eine ganz andere Schlussfolgerung zieht der dritte der grossen drei Schweizer Politologen aus der Versammlung vom Dienstag – Michael Hermann:

Die Zürcher SVP-Basis stimmt also gegen Blocher, sagt Ja zur Abzocker-Initiative, Nein zu Blocher und darum sollen jetzt die Linken (wo es heute schon eine breite Front gegen die Initiative gibt) gegen die Abzocker-Initiative sein? «Das ist ja Kindergarten!», ruft Claudio Kuster am Telefon aus, «gestern war ein grossartiger Abend!» Es sei schon lange klar, dass die SVP-Basis grosse Sympathien für die Initiative hege – Kuster erwartet darum auch bei der Delegiertenversammlung der Aargauer SVP vom Mittwoch und von der nationalen Delegiertenversammlung der SVP vom Samstag ein Ja. «Jetzt ist das Eis gebrochen.»

Das dürfe die SP aber nicht davon abhalten, die Initiative zu unterstützen, sagt Kuster. Vielmehr müsste sich die Linke noch einmal vor Augen führen, dass man bei der Abzocker-Initiative gegen den gleichen Feind kämpfe: «Unsere Gegner sind Economiesuisse, Blocher und die Manager.»

Nächster Artikel