Die Gegner des umstrittenen Handelsabkommen Acta haben ganze Arbeit geleistet. In der Schweiz fordern FDP, CVP und Economiesuisse eine Sistierung der Ratifizierung. Nach Einschätzung von EU-Parlamentarieren wird der Vertrag im europäischen Parlament wahrscheinlich versenkt. In Basel wird am Samstag dennoch demonstriert.
So ganz geheuer scheint das Acta-Abkommen niemandem mehr. Nach der Piraten-Partei haben sich in den vergangenen Wochen auch FDP, CVP, Junge CVP sowie der Wirtschaftsverband Economiesuisse zu Wort gemeldet und darauf hingewiesen, dass zu viele Fragen offen sind, um den Anti-Fälschungs-Vertrag im Eiltempo zu ratifizieren. «Die Schweiz soll zuwarten bis […] das Europäische Parlament über ACTA entschieden hat», schreibt die Junge CVP Baselland in einer Medienmitteilung.
Economiesuisse rät ebenfalls zur Aufschiebung: Der Europäische Gerichtshof prüfe den Vertrag, die Schlussfolgerungen könnten auch für die Schweiz von Interesse sein, so der Wirtschaftsverband. Der Bundesrat signalisiert, dass man die Proteste genau verfolge, sagte Justizministerin Simonetta Sommaruga in einer Fragestunde, «und wir nehmen sie ernst». Auf eine Ratifizierung wolle der Bundesrat dennoch nicht verzichten.
Sommaruga versprach allerdings eine Ratifizierung durch das Parlament. Für den Grünen Nationalrat Balthasar Glättli – Acta-Gegner der ersten Stunde – ein Lichtblick. Wenn der Bundesrat das Abkommen nicht im Eiltempo unterzeichnet, bleibe genügend Zeit für den Widerstand.
Im EU-Parlament stehen die Zeichen auf Ablehnung
Rückenwind könnte er aus der EU erhalten. Der Handelsausschuss des EU-Parlaments hat vergangene Woche entschieden, kein Rechtsgutachten des Europäischen Gerichtshofs anzufordern. Der Gerichtshof sollte ursprünglich prüfen, ob der Vertrag im Widerspruch steht mit EU-Grundrechten oder Freiheiten. Nun kann bereits im Juni im Parlament abgestimmt werden statt erst Monate später – und die Karten stehen gut, dass das Abkommen versenkt wird.
Der Medien-Fachdienst «epd medien» berichtet, dass nach Einschätzung von EU-Parlamentariern sich eine Mehrheit gegen den Vertrag abzeichnet. «Im EU-Parlament stehen die Zeichen auf Ablehnung», wird der deutsche SPD-Parlamentarier Bernd Lange zitiert. «Es war von Anfang an ein Fehler, Produktpiraterie und Internet-Inhalte in ein und demselben Abkommen zu behandeln.» Der Berichterstatter des EU-Parlaments werde Ende April wohl eine negative Empfehlung ans Plenum weitergeben. Sollte das EU-Parlament den Vertrag versenken, wird nicht nur eine spätere Prüfung des Abkommens durch den Gerichtshof überflüssig, es könnte auch ein Zeichen für zahlreiche Staaten sein, den Vertrag nicht zu ratifizieren.
Obwohl die Aussichten gut stehen, dass zumindest eine sachliche politische Diskussion zum Abkommen geführt und es nicht einfach ratifiziert wird, rufen die Gegner zum Protest auf. In Basel organisieren verschiedene jungpolitische Zusammenschlüsse aus der Region eine Demo am Samstag um 17 Uhr auf dem Marktplatz. Zugesagt haben auf der Facebook-Seite bereits 193 Personen. Ein Klick ist allerdings einfacher als der Weg auf den Marktplatz. An der ersten Anti-Acta-Demo in Bern erschienen knapp 100 Personen – und es waren keine Feiertage.
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Quellen
Fragen und Antworten des Instituts für Geistiges Eigentum zu ACTA
Grundsätzliche Infos des Instituts für Geistiges Eigentum
Schweizer Plattform gegen ACTA
Balthasar Glättli in einem Blogpost zu ACTA
Netzpolitik.org zu «10 Mythen über ACTA»
«Der Standard» zur Nicht-Ratifizierung von Lettland
«Der Spiegel» zur Nicht-Ratifizierung von Tschechien und Slowakei
Zum Rücktritt des ACTA-Berichterstatters
Twitter-Account von Stopp-acta
Eine Gegenüberstellung von deutschem Recht und ACTA
Die deutsche Piratenpartei zu ACTA
Die Schweizer Piratenpartei zu ACTA
Bericht des Bundesrats zur unerlaubten Werknutzung
Blogbeitrag von Andreas Gossweiler
Die «Süddeutsche Zeitung» zu den Protesten
Zwei Blogbeiträge (1,2) von Thomas Stadler
Karte der europäischen Demonstrationen