Ägypten hofft auf die Europäer

Mit dem Ende der Reisewarnungen wichtiger europäischer Länder hoffen die Ägypter auf eine Rückkehr der Touristen. Das ist wichtig für das Land, in dem jeder siebte Beschäftigte im Tourismusbereich arbeitet.

Auf dem historischen Markt in Kairo sind nur wenige ausländische Touristen anzutreffen. (Bild: Astrid Frefel)

Mit dem Ende der Reisewarnungen wichtiger europäischer Länder hoffen die Ägypter auf eine Rückkehr der Touristen. Das ist wichtig für das Land, in dem jeder siebte Beschäftigte im Tourismusbereich arbeitet.

Nur wenige ausländische Reisegruppen schlendern in diesen Tagen durch den Khan al-Khalili, den pittoresken, historischen Markt im Zentrum von Kairo. In den Abendstunden sei dagegen mehr los, bemerkt eine Verkäuferin von Kupferwaren. Dann kommen in diesen Ramadan-Tagen vor allem die Einheimischen und arabische Gäste ins islamische Kairo. Die Tourismusbehörden haben speziell für sie ein eigenes Unterhaltungsprogramm an verschiedenen Orten gestaltet.

Mit dem Fest zum Ende des Ramadan, dem Eid al-Fitr, steht dann einer der Höhepunkte der Reisesaison der Ägypter bevor. Dann füllen sich die Hotels an der Mittelmeerküste, aber auch in den Badeorten am Roten Meer wie Sharm el-Sheikh und Hurghada. Viele Ressorts sind bereits ausgebucht. Dazu hat auch eine Preisreduktion bei den Inlandflügen beigetragen.

Spendable arabische Gäste

Die eigenen Touristen und arabische Gäste werden derzeit ganz besonders umworben. Sie müssen die Lücken füllen, die durch das Ausbleiben europäischer Reisender gerissen wurden.

In den letzten Wochen besuchten wieder mehr Familien aus den Golfländern, vor allem aus Saudi-Arabien, das Nilland. Sie lieben das bessere Klima und die offenere Atmosphäre. Sie sind gern gesehen, weil sie sehr viel Geld ausgeben. Sie besuchen Restaurants und Shoppingcenter. Pyramiden und Museen stehen dagegen weniger auf ihrem Programm.

Während des Ramadans sind die Unterhaltungsprogramme speziell auf arabische Gäste ausgerichtet.

Während des Ramadans sind die Unterhaltungsprogramme speziell auf arabische Gäste ausgerichtet. (Bild: Astrid Frefel)

Trotz dieser positiven Fussnoten steckt der ägyptische Tourismus allerdings noch immer tief in der Krise. Seit der Revolution im Frühjahr 2011 kämpft die Branche mit einem ständigen Auf und Ab. Nach jedem kleinen Lichtblick kam ein neuer Einbruch, verursacht durch politische Unruhen.

Schwankungen sind in dieser Branche zwar nicht ungewöhnlich. Auch in früheren Jahren gab es Krisen und Einbrüche, aber diesmal ist die Dauer der Flaute aussergewöhnlich lang. Der letzte empfindliche Schlag erfolgte im Februar mit dem Attentat in Taba auf einen Bus, bei dem drei Südkoreaner getötet wurden. Es war die erste direkte Attacke auf Touristen seit der Revolution und hatte eine Reisewarnung der meisten europäischen Länder für die Badeorte am roten Meer zur Folge.

Wichtige psychologische Effekte

Im laufenden Jahr ist deshalb die Lage besonders schlimm. In  den ersten sechs Monaten kamen nur gerade 4,4 Millionen Touristen ins Nil-Land, das sind 25 Prozent weniger als im Vorjahr. Wobei schon das Jahr 2013 ein schlechtes war. Die Branche verdiente gerade noch 8,1 Milliarden Dollar, gegenüber dem Rekordjahr 2010 mit 14,7 Milliarden Dollar.

Die Fremdenverkehrsindustrie ist einer der wichtigsten Motoren der ägyptischen Wirtschaft. Etwa jeder siebte Beschäftige und fast 100 Wirtschaftszweige sind direkt oder indirekt davon abhängig.

Erst gegen Abend werden die Strassen rund um den historischen Markt Khan al-Khalili ein wenig belebter.

Erst gegen Abend werden die Strassen rund um den historischen Markt Khan al-Khalili ein wenig belebter. (Bild: Astrid Frefel)

Fast noch wichtiger als die nackten Zahlen sind der psychologischen Effekte. Viele Touristen sind für die Ägypter das Symbol einer florierenden Ökonomie. Diese Branche hat den Vorteil, dass der Profit für viele Menschen ganz direkt spürbar ist – etwa über Trinkgelder, Taxifahrten, Bootsausflüge oder Souvenirkäufe. Tausende haben in den letzten Jahren wegen der Krise ihre Arbeit verloren, viele Betriebe mussten schliessen. Auch im Khan al-Khalili gibt es Eisengitter, die unten bleiben.

Reisewarnungen werden aufgehoben

Jetzt keimt erneut Hoffnung auf. Seit ein europäisches Land nach dem anderen in den letzten Tagen die Reisewarnung aufgehoben hat, ist wieder Zuversicht zu spüren. Sofort schnellten die Auslastungszahlen im Süd-Sinai und in Hurghada  in die Höhe. Europäische Reiseanbieter haben Ägypten gleich wieder ins Programm genommen.

Kein Anziehungspunkt: Museen wie das Textilmuseum in Kairo haben es schwer in Ägypten.

Kein Anziehungspunkt: Museen wie das Textilmuseum in Kairo haben es schwer in Ägypten. (Bild: Astrid Frefel)

Das Geschäft ist extrem kurzfristig geworden. Die Reisenden reagieren in beiden Richtungen immer schneller. Die Preise sind erheblich gefallen. Das freut die Touristen und bereitet den Geschäftsleuten Sorgen. Die Erholung zeigt sich aber auch hier. In Marsa Alam, ganz im Süden, hat der Durchschnittspreis pro Person und Nacht bereits von 50 auf 65 Dollar angezogen.

Ein neuer Edelstein für Kairo

Ägypten bemüht sich zwar, neue Märkte zu erschliessen wie Indien – dorthin gibt es jetzt mehr Flüge -, Südamerika oder China. Die Europäer bleiben aber das mit Abstand wichtigste Segment. Rund 80 Prozent aller Touristen, die es nach Ägypten zieht, kommen aus Europa. Von diesem Standortvorteil lebt die Branche. Die Nähe zu Europa und 360 Sonnentage, dazu Kunstschätze aus vielen Epochen, das seien unschlagbare Wettbewerbsvorteile, wie sich ein Insider ausdrückt.

Auch wenn die Liegestühle an den Stränden in der Hauptreisezeit im Herbst und Winter wieder gut besetzt sein werden, grosse Sorgenkinder bleiben der Kulturtourismus und die Nilkreuzfahrten. Da braucht es eine längere stabile Periode, bis das Vertrauen wieder da ist.

Hier heisst das Zauberwort GEM: Great Egypt Museum. Seit mehreren Jahren im Bau auf dem Plateau der Pyramiden soll es das grösste archäologische Museum der Welt werden. Dieser Edelstein, so hoffen die ägyptischen Tourismusverantwortlichen, soll dann internationale Touristen in Scharen zurück nach Kairo bringen, wenn es wie geplant im kommenden Jahr eröffnet werden kann.

Nächster Artikel