Ägypten tauscht zwei Inseln gegen eine Brücke

Zum ersten Mal bläst Ägyptens Präsident Sisi ein rauer Wind entgegen. Bei der Demarkation der Seegrenze wurden zwei kleine Inseln Saudi-Arabien zugesprochen – und damit der Nationalstolz verletzt. Der versprochene Bau einer Brücke zwischen den Ländern wirkt wie ein Gegengeschäft.

epa05247842 Egyptian President Abdel Fattah al-Sisi (R) and King Salman of Saudi Arabia (L) shake hands during the reception ceremony in the Egyptian Presidential Palace, Cairo, Egypt, 07 April 2016. King Salman is on a five days visit to Egypt. EPA/EGYPTIAN PRESIDENCY/HANDOUT HANDOUT EDITORIAL USE ONLY/NO SALES

(Bild: Keystone/Egyptian Presidency/Handout)

Zum ersten Mal bläst Ägyptens Präsident Sisi ein rauer Wind entgegen. Bei der Demarkation der Seegrenze wurden zwei kleine Inseln Saudi-Arabien zugesprochen – und damit der Nationalstolz verletzt. Der versprochene Bau einer Brücke zwischen den Ländern wirkt wie ein Gegengeschäft.

Auf allen Karten verläuft die Grenze östlich der kleinen Inseln Tiran und Sanafir am Eingang zum Golf von Akaba. So wird es auch Ägyptens Schülern im Geografie-Unterricht in der 6. Klasse beigebracht. Seit dem Wochenende müssen sie umlernen.

Ägypten und Saudi-Arabien haben ihre gemeinsame Seegrenze definiert. Dabei wurde festgelegt, dass die Inseln Tiran und Sanafir innerhalb der saudischen Grenze liegen. Diese Erklärung des ägyptischen Kabinetts hat überrascht und eine Welle der Empörung ausgelöst.

Die rechtliche Lage ist komplex. Ägyptische Rechtsexperten sind sich uneinig. Jede Seite kann für ihre Version Dokumente anführen. Für den saudischen Aussenminister Adel al-Jubeir sind die beiden Inseln «nach Hause zurückgekehrt». Sie haben einst die Grenze zwischen dem Osmanischen Reich und dem britisch kontrollierten Ägypten gebildet.

Tiran und Sanafir sind von grosser strategischer Bedeutung, weil sie am Eingang zum Golf von Akaba liegen, der Schiffsroute zu den Häfen im jordanischen Akaba und im israelischen Eilat. Israel hatte die beiden Inseln während des Sechstage-Krieges 1967 besetzt und 1982 an die Ägypter zurückgegeben. Sie sind auch Bestandteil des Camp-David-Friedensabkommens.

Riad argumentiert, Ägypten habe in saudischem Auftrag den Schutz der unbewohnten Inselgruppe wahrgenommen. Nur ägyptische Soldaten und internationale Beobachter sind dort stationiert.

Sharm-Tourismus besorgt

Man könne keinen Zentimeter des eigenen Territoriums ausliefern, nachdem die Vorfahren für jedes Sandkorn auf dem Sinai gekämpft und die Souveränität verteidigt hätten, schrieb der Kommentator einer lokalen Zeitung. Auf die eigene Würde und nationale Ehre berufen sich viele Kritiker. Auch Tourismusvertreter in Sharm el-Sheikh zeigten sich besorgt über die Statusänderung von Tiran, dem 80 Quadratkilometer grossen Eiland, das zum Ras-Mohammed-Nationalpark gehört. Der grösste Teil der Tauchexpeditionen findet in der Nähe von Tiran statt.

Dutzende Parlamentarier verlangten eine Debatte im Abgeordnetenhaus, und ein bekannter Anwalt rief die Justiz an. Am 17. Mai soll dieses Verfahren beginnen. Nicht nur an der Sache wurde Kritik geübt, sondern vor allem an der Intransparenz der Entscheidung.

Die Inseln Tiran und Sanafir.

Die Inseln Tiran und Sanafir. (Bild: Google Maps)

 

Es ist ein Merkmal der Politik von Präsident Abdelfattah al-Sisi, dass staatliche Institutionen und die Bevölkerung ausgeschlossen werden. Seit sechs Jahren sind technische Gremien am Werk, um die Seegrenze mit Saudi-Arabien offiziell zu demarkieren – wie es das Königreich in den vergangenen Jahren mit allen Nachbarn gemacht hat –, aber die Ankündigung kam wie aus heiterem Himmel.

Aufhorchen liess vor allem auch der Zeitpunkt, der mit einem als historisch bezeichneten Staatsbesuch von König Salman in Ägypten zusammenfiel. Salman, dem die höchsten Auszeichnungen und ein Ehrendoktor der Kairoer Universität verliehen wurden, versprach Investitionen in Milliardenhöhe. Er kündigte zudem an, das Projekt einer Brücke – sie wird seinen Namen tragen – zwischen den beiden Ländern solle nun verwirklicht werden. Die sozialdemokratische Partei nannte die Übereinkunft deshalb einen Geschäftsdeal, bei dem die Regierung einen Geldwert erhalte, um die Inseln wegzugeben.

Ökologische und andere Bedenken

Die Idee einer Landverbindung über eine Brücke zwischen Saudi-Arabien und Ägypten, zwischen Asien und Afrika, ist nicht neu. Seit den 1980er-Jahren taucht sie immer wieder auf und wird wieder schubladisiert. Das Projekt ist noch in einer sehr frühen Phase, nicht einmal die Linienführung ist genau definiert. Die technischen Studien liegen noch nicht vor. Es sieht aber so aus, als ob der Weg über Tiran führen könnte.

Die Brücke soll nicht nur Autos offenstehen, sondern auch eine Verbindung für Öl-, Gas- und Stromleitungen schaffen. Der Bau würde mehrere Jahre dauern und mindestens drei Milliarden Dollar kosten.

Die Befürworter sind überzeugt, dass sich die Investition lohnen würde, dass Handel und Wirtschaft profitieren und die Hajj-Pilgerreisen erleichtert würden. Kritik kommt aber vor allem aus Umweltschutzkreisen, die eine Zerstörung der Korallenriffe auf der ägyptischen Seite befürchten. Im Raum steht auch die Angst, Sharm el-Sheikh könnte zu einem saudischen Vergnügungsparadies werden, wo Alkohol leicht zu haben ist – so, wie dies in Bahrain geschehen ist, nach der Eröffnung der Strassenverbindung über eine Brücke.

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