Aktenzeichen Krankenkassen-Prämien ungelöst

Die Basler Regierung moniert, dass die Krankenkassenprämien im Kanton übermässig steigen, das Bundesamt für Gesundheit widerspricht und der Versicherungsexperte spricht von einem Streit um des Kaisers Bart.

Schwarzpeterspiel: Die Basler Regierung meint, die Prämien steigen zu stark, das BAG erwidert, die Prämien spiegeln immer die Kosten und die Versicherten müssen weiter zahlen.

(Bild: Nils Fisch)

Die Basler Regierung moniert, dass die Krankenkassenprämien im Kanton übermässig steigen, das Bundesamt für Gesundheit widerspricht und der Versicherungsexperte spricht von einem Streit um des Kaisers Bart.

Jahr für Jahr dasselbe Prozedere: Ende September gibt Bundesrat Alain Berset die Daten zur Entwicklung der Krankenkassenprämien bekannt. Und stets handelt es sich um einen Anstieg, der die allgemeine Teuerung stark überschreitet. Und immer folgt eine Mitteilung der Basler Regierung, dass sie das Ausmass der Prämiensteigerung nicht nachvollziehen könne.

So auch dieses Jahr wieder: Am 26. September wurde bekannt, dass 2017 die Krankenkassenprämien in Basel-Stadt um durchschnittlich 4 Prozent steigen werden. Das ist zwar weniger stark als im gesamtschweizerischen Durchschnitt, aber viel angesichts der Tatsache, dass die Basler schweizweit die höchsten Prämien zu zahlen haben.

Zu viel, meint die Basler Regierung. Sie weist in einer Medienmitteilung darauf hin, dass die für die Grundversicherung relevanten Gesundheitskosten in Basel nur um 1,4 Prozent gestiegen seien und deshalb der Prämienanstieg zu hoch sei.

Was nun, Basler Regierung?

Was wird Basel-Stadt nun gegen dieses Prämienwachstum unternehmen? Ausser reklamieren nichts, wie eine Nachfrage im Gesundheitsdepartement ergibt: «Die Kantone werden vor Bekanntgabe der Prämien informiert, haben jedoch im Prämienfestsetzungsprozess darüber hinaus keine aktive Rolle», schreibt Regierungsrat Lukas Engelberger, Vorsteher des Gesundheitsdepartements. «Unsere jeweiligen Hinweise, dass wir die Prämien als zu hoch erachten, zum Beispiel aufgrund unserer kantonalen Zahlen, muss das BAG nicht berücksichtigen.»

Das genannte BAG ist das Bundesamt für Gesundheit. Dieses muss die Prämien genehmigen, welche die Krankenkassen jeweils Ende Juli des Jahres festlegen. Wie erklärt man sich im BAG nun den Unterschied zwischen dem tatsächlichen Wachstum der relevanten Gesundheitskosten um 1,4 und der Prämienerhöhung um 4,0 Prozent?

«Reserven aufbauen»

Die Antwort von BAG-Sprecherin Michaela Kozelka fällt allgemein aus: «Die Prämien 2017 müssen die Kosten 2017 decken», heisst es. Und: «Zusätzlich müssen einige Versicherer Reserven aufbauen. Am Wiederaufbau der Reserven müssen sich alle Kantone beteiligen.» Das knappe Fazit: «Die Prämien spiegeln immer die Kosten.»

Das ist eine ernüchternde Feststellung für den Kanton, der nach eigenen Angaben viel tut, um die Gesundheitskosten in den Griff zu bekommen. Engelberger gibt die Hoffnung nicht auf, dass sich die Massnahmen dereinst auch auf die Prämien auswirken. Er verweist auf die gemeinsame Spitalgruppe mit Baselland, auf ein neues elektronisches Patientendossier (E-Health) und auf eine Stärkung der Hausarztmedizin, Prävention und Früherkennung, «um die Eigenverantwortung der Patientinnen und Patienten zu stärken».

Ob sich die gemeinsame Spitalgruppe positiv auf die Krankenversicherten auswirken wird, ist allerdings umstritten. In einem Interview mit der TagesWoche dämpfte Engelberger selber die Hoffnung, dass diese Massnahmen zur einer Senkung der Prämien führen werden.

«Streit um des Kaisers Bart»

Krankenkassenexperte Felix Schneuwly, Sprecher des Vergleichsdienstes Comparis.ch, kann die Klage der Basler Regierung nicht nachvollziehen. «Natürlich kritisieren die Kantone die Prämienentwicklung immer dann, wenn eine Erhöhung angesagt ist», sagt er.

Letztlich handle es sich um Aussagen, die am tatsächlichen Problem vorbei zielten oder «einen Streit um des Kaisers Bart», wie sich Schneuwly ausdrückt. «Fakt ist, dass in Basel-Stadt am meisten medizinische Leistungen konsumiert werden», sagt er. «Ein Einjahres-Vergleich sagt zu wenig über die tatsächliche Entwicklung der Gesundheitskosten aus.» Die Kostenentwicklung im Gesundheitswesen sei ein langfristiger Prozess, der sich nicht kurzfristig auf die Prämien auswirken könne.

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