Aktivist verurteilt wegen Landfriedensbruch

Ein 50-jähriger Freiraumaktivist ist vom Strafgericht wegen Landfriedensbruchs verurteilt worden. Er hatte im Oktober 2009 an einer «Zusammenrottung» auf dem Voltaplatz teilgenommen. Einen Freispruch gab es für den Angeklagten hingegen für den Vorwurf der Störung einer Militärparade im September 2009.

Blick in den Innenhof des Basler Strafgerichts (Bild: Christian Degen)

Ein 50-jähriger Freiraumaktivist ist vom Basler Strafgericht wegen Landfriedensbruchs verurteilt worden. Er hatte im Oktober 2009 in einer Gruppe an einer Aktion auf dem Voltaplatz teilgenommen. Die Gruppe hatte aggressiv auf den Versuch der Polizei reagiert, die Veranstaltung aufzulösen. Einen Freispruch gab es für den Angeklagten hingegen für die Störung einer Militärparade im September 2009.

Beim ersten Versuch den Prozess gegen den Freiraumaktivisten zum Abschluss zu bringen, protestierten im Januar noch rund 30 Personen vor dem Basler Strafgericht. Am Donnerstagmorgen blieb es deutlich ruhiger. Vier junge Frauen und Männer unterstützen den 50-jährigen Angeklagten auf seinem Weg ins Gericht.

Gleich in drei Fällen sieht die Staatsanwaltschaft den Freiraumaktivisten als Rechtsbrecher. Im ersten Fall soll er am 1. September 2009 eine Truppenparade des Militärs mit rund 20 weiteren Personen mit einer Sitzblockade gestört haben. Die Gruppe habe sich beim Versuch, die Blockade aufzulösen mit Tritten, Schlägen und Bissen gewehrt und drei Polizisten verletzt. 

Zusammenrottung nach Voltafest

Der zweite Fall betrifft die Nacht vom 30. auf den 31. Oktober 2009. Nach dem offiziellen Einweihungsfest der Nordtangente auf der Voltamatte hätte gemäss Anklageschrift der Beschuldigte an «einer öffentlichen Zusammenrottung von ca. 25-30 (eventuell auch bis 50) Personen» teilgenommen.

Sie hätten unrechtmässig Strom abgezapft und «ohrenbetäubend laute Musik» abgespielt. Als drei Polizisten verlangten, die Musik auszuschalten, hätte die Menge, in der sich auch der Angeklagte aufhielt, die Beamten angepöbelt, sie geschubst, gestossen und einen Beamten von den anderen getrennt. «Darauf habe ich Verstärkung gerufen», erinnert sich die als Zeugin anwesende Korporalin.

Die Polizei forderte die Teilnehmer der «Party» mehrfach dazu auf, die Gruppe aufzulösen. Dies ohne Erfolg. Die Situation eskaliert, die Gruppe griff gemäss Anklageschrift die Polizisten verbal und auch tätlich (mit Stossen, Spucken, Beissen) an. Es flog offenbar auch eine volle Bierbüchse, die einen Polizisten ins Gesicht traf. 

Der dritte Teil des Falls betrifft den 18. Dezember 2009. Damals soll sich der Angeklagte geweigert haben, sich einer «angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung» zu unterziehen. 

Freispruch zweiter Klasse

Richter René Ernst hat den 50-Jährigen in Bezug auf den ersten Teil des Falles vom Vorwurf des Landfriedensbruchs, der Störung des Militärdienstes sowie der Hinderung einer Amtshandlung freigesprochen. Allerdings, wie er anfügte, gehe das Gericht im Zweifel für den Angeklagten davon aus, dass sich hier Gruppen vermischt haben könnten und somit eine Beteilgung des Angeklagten nicht klar erwiesen ist.

Zudem gelte diese Sitzblockade noch nicht als Zusammenrottung, da es dafür eine aggressive Grundstimmung brauche. Agressiv sei die Situation jedoch erst bei der Räumung der Blockade geworden. Anders verhalte es sich im zweiten Fall, befand das Gericht. Dort hätte bereits von Anfang an eine aggressive Grundstimmung geherrscht.

Eine Vermischung mit unbeteiligten Personen sei kaum möglich gewesen. «Wer nach der mehrfachen Aufforderung nicht wegging, ist dabei und wollte dabei sein», sagte Richter Ernst. Und wer dabei geblieben ist, hat zumindest billigend die Eskalation in Kauf genommen. Deshalb verurteilte das Gericht den Angeklagten in diesem Fall wegen Landfriedensbruch. Der dritte Teil des Falls wegen der Weigerung zu einer «angeordneten erkennungsdienstlichen Behandlung» führte ebenfalls zu einer Verurteilung wegen Hinderung einer Amtshandlung. 

Noch 17 weitere Fälle hängig

Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von neun Monaten bedingt mit Probezeit auf 4 Jahre sowie eine Busse von 400 Franken gefordert. Das wäre für Richter René Ernst aber auch bei einem kompletten Schuldspruch deutlich zu hoch angesetzt. Für die hier erfolgten Verurteilungen setzte er deshalb das Strafmass bei 45 Tagessätzen bedingt auf zwei Jahre an. Die Tagessätze betragen aufgrund des sehr geringen Einkommens des Angeklagten 10 Franken. Ob die Verteidigung gegen das Urteil Berufung einlegen wird, ist noch offen. 

Die nun als Zusammenrottung taxierte unbewilligte Aktion auf der Voltamatte hatte und hat für die Basler Staatsanwaltschaft eine Menge Arbeit zur Folge. Insgesamt gingen daraus 35 Fälle hervor. Wie Sprecher Peter Gill sagte, konnten davon 16 eingestellt werden. In zwei Fällen sei ein Strafbefehl akzeptiert worden und 17 Fälle seien noch hängig.

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