Höhe ist nicht nur beim Klettern ein Element, wie die Geschichte von Alexa von Wehren zeigt. Ihr Weg führte sie vom Klettern zur Tanzgruppe öfföff, nun tanzt die Wahlbaslerin über allem und träumt von einer Inszenierung im Kannenfeldpark.
Wir sitzen im Kannenfeldpark. Über uns ragen die Bäume hoch in den Himmel. Alexa von Wehrens Idee ist, dazwischen in der Luft zu tanzen. Sie macht das seit Jahren. An Häusern, in Parks, auf Bühnen. Woher das kommt? Ihr Leben fasst sie so zusammen:
«Geboren 1973 in Hamburg. Waldorfschule in Hamburg. Theater, Eurythmie, Voltigieren. Abitur. Schauspiel oder Tanz? Vorsprechen bei Schauspielschule. Absage. Dimitrischule? 800 Franken im Monat, zu teuer. Uni. Germanistik mit Schwerpunkt Theaterwissenschaft. Boaaah … studieren kann ich auch noch später. Was mach ich eigentlich am liebsten, womit bin ich am freiesten? Tanz! Tanzausbildung in Nürnberg. Streit mit Schulleitung. Abbruch. Kletternd mit Freund auf Weltreise. Abschluss Tanzausbildung. Freie Arbeit als Tänzerin und Kletterlehrerin. Kombination: Luftakrobatik.»
Die Enge der Proberäume trieb von Wehren mit Anfang 20, nachdem sie auf einer Afrikareise das Tanzen entdeckt hat, an die Felsen des Frankenjuras. «Das draussen sein, die Luft um mich. Das war so viel schöner als die engen Proberäume.» Auf den Gedanken, die beiden Bewegungskünste zu vereinen, kam sie damals noch nicht. Und auch als sie Ende der 1990er-Jahre beides immer intensiver lebte – sie hat die Tanzausbildung inzwischen abgeschlossen und kletterte im oberen siebten Grad – berührten sich die beiden Welten kaum.
Erst als sie 2001 eine Aufführung der Tanzgruppe öfföff in Bern sah – sie war zu jener Zeit gerade auf Kletterurlaub im Berner Oberland – war die Verbindung hergestellt. Der Tanz im vertikalen Raum, den öfföff zeigte, war die perfekte Symbiose. So sprach sie nach der Aufführung die Produzentin an, bewarb sich und reiste 2003 mit Sack und Pack an ihre erste öfföff-Produktion nach St. Gallen.
Die gebürtige Hamburgerin von Wehren lebt seit 2013 mit ihrer kleinen Familie in Basel. Hier erhält die Tochter erste Flugstunden. (Bild: Olivier Christe)
Inzwischen sind zwölf Jahre vergangen und von Wehren zieht bei öfföff die Fäden. In ihrer Verantwortung liegt sowohl das Sicherheitsrelevante, das sie immer zuerst mit einem Höhenarbeiter bespricht, wie auch das Erkennen von Möglichkeiten. Das Auge, das wahrnimmt, wo der vertikale Raum wie genutzt werden kann. Wo wie Seile installiert werden können.
Es geht letztlich darum, ein Areal aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Besonders Städter kennen das Phänomen, dass der Blick an den Schaufenstern hängen bleibt und nur selten darüber steigt. Diesen Blick nach oben, nach den Möglichkeiten im vertikalen Raum, versucht öfföff anzusprechen. So etwa bei der Eröffnung des neuen Stadtmuseums Aarau im April dieses Jahres, bei der sie die Fassade zur Bühne machten.
Impressionen von der Eröffnungsfeier in Aarau. (Bild: Printscreen Stadtmuseum Aarau)
Wie im Fall Aarau realisiert, betont von Wehren vor allem den ortsspezifischen Charakter ihrer Stücke. «Jeder Ort bietet neue Möglichkeiten, die wir auszunutzen versuchen.» Dabei ist aber nicht jedes Mal alles neu: «Wir nehmen Elemente aus früheren Produktionen auf und passen sie der neuen Umgebung an.»
Während sie im Rahmen der Reihe «Danse autour de…» regelmässig kleine Stücke dieser Art an unterschiedlichen Orten veranstalten, soll im nächsten Jahr eine grössere Produktion entstehen, die genau dieses Ortsspezifische ins Zentrum stellt.
«Der Kannenfeldpark mit seinen Bäumen in allen Höhen, seiner Freiluftbühne, seinen grossen Grünflächen bietet sich an. Ich blicke mich um und wünsche mir die Tänzerinnen und Tänzer in den Bäumen.» Doch auch der Hafen und das Gundeldingerfeld stehen auf von Wehrens Radar. Vieles ist möglich. Sicher ist einzig, dass es in Basel sein wird, wo die Vielgereiste inzwischen mit ihrer kleinen Familie lebt.
Ortsspezifisches Tanzen im Genfer Seebad «Bains des Pâquis».
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Folgende Artikel sind zum Klettern in der Region erschienen:
Totentanz der Finger – die Geschichte des Kletterns in Basel erzählt anhand der Routennamen