Die Grünliberalen steigen mit einem breiten Programm in den Basler Wahlkampf. Sie geben sich themenfest quer durch alle Bereiche. Doch die Widersprüche bleiben.
Einen Wähler konnten die Basler Grünliberalen mit Ihrer Aktion «Uffem Bach zur Sach» bereits gewinnen, wahrscheinlich: Martin Reidiger, Steuermann der St. Alban-Fähre, kann sich vorstellen, für die Grünliberalen (GLP) zu stimmen. Das von Regierungsratskandidat Emmanuel Ullmann vertretene Projekt Central Park über dem Bahnhof hält er für eine gute Sache. Auch den Kampf gegen den Pendlerverkehr. «Aber da gibt es doch eine Partei, die sich noch stärker für die Umwelt einsetzt?», zweifelt Reidiger gleich wieder. «Die Grünen, richtig.»
Reidiger hat sich noch nicht festgelegt. Obwohl er in den letzten Tagen ausgiebig Zeit hatte, sich mit den Grünliberalen vetraut zu machen. Sie haben seine Fähre in Beschlag genommen, um mit seinen Gästen in Kontakt zu treten – und um ihren Wahlkampf symbolisch zu unterfüttern und ein bisschen verständlicher zu machen: Die Grünliberalen vermitteln zwischen den Polen, sie können an beiden politischen Ufern halt machen, ohne ideologische Verankerung. Immer in Bewegung, alles im Fluss.
Kaum fassbare Themenbreite
Vielleicht war es auch gar viel, was Fährimaa Reidiger auf seiner Fähre zu Ohren kam. An der Vorstellung der Wahlkampagne am Dienstag mäanderte die Partei in kaum fassbarer Breite durch die Themen. Vor vier Jahren kamen die Basler Grünliberalen im Sog des nationalen Hochs auf Anhieb auf 5,1 Prozent Stimmenanteile. Das ergab Fraktionsstärke und fünf Sitze im Grossen Rat, mittlerweile sind es dank Ullmanns Parteiwechsel von der FDP gar sechs. Nun sollen zwei weitere Sitze hinzukommen. Acht Sitze sind also das Wunschziel – und das ohne das Vorschussvertrauen, von dem die GLP 2008 profitierte.
Dieses Mal will die GLP mit ihrer programmatischen Power punkten. Kaum ein Problem, für das keine Lösung in den Wahlzielen geschrieben steht. Selbst bereits gelösten Problemen nimmt sich die GLP an. Doch zunächst das Griffige: Vier neue Vorstösse sollen die Parteilinie verdeutlichen.
- Zwar hat Baudirektor Hans-Peter Wessels (SP) die Innenstadt ab 2013 für autofrei erklärt, doch der GLP geht das nicht weit genug. Sie will auch die Trams draussen haben. Die Haltestelle Marktplatz soll aufgehoben, die Trams über die Lyss und den Petersgraben umgeleitet werden. Rickscha-Taxis sollen ältere Menschen zum Marktplatz befördern.
- Expresstrams in die Agglomeration.
- Schnellbusse ins Elsass und nach Deutschland, die Basel mitfinanziert. So sollen Pendler dazu bewegt werden, das Auto zu Hause zu lassen.
- Obwohl die Schadstoffbelastung in der Luft den letzten Jahren deutlich abgenommen hat, fordert die GLP eine weitere Verbesserung.
Widersprüche als Programm
Das alles dürfte nicht kostenneutral ablaufen, im Falle der Tramumleitung sogar eine Stange Geld kosten. Keinesfalls will die GLP aber, dass die staatlichen Ausgaben wachsen, sie setzte sich auch für eine Verschärfung der Schuldenbremse ein. Wie der geforderte starke Ausbau der externen Kinderbetreuung und der Strafverfolgung finanziert werden soll, wenn nicht mit zusätzlichen Mitteln, bleibt rätselhaft. Zumal auch Steuersenkungen zu den Forderungen zählen. Wo Basel sparen soll, wird nicht verraten. Willkommen bei der Entweder-Und-Oder-Partei.
Doch das GLP-Programm hat auch inhaltliche Stärken: Das Bekenntnis zu einem intensiveren, vielleicht auch demütigeren Umgang mit den Nachbarn im Baselbiet und im Ausland, taucht immer wieder auf. Regierungsrat in spe Ullmann selber sagt, er sei in den letzten Wochen ausgiebig durchs Elsass getingelt, bevor er seine Ideen formuliert hat. Oder das konsequente Drängen auf den ökologischen Umbau der Stadt. Ullmann will die 2000-Watt-Gesellschaft in Basel in «20 bis 30» Jahren verwirklicht sehen. Volkswirtschaftsdirektor Christoph Brutschin (SP) hat als Zieljahr 2075 vorgegeben. Dann wiederum: Die GLP will eine freie, ungelenkte Wirtschaft und gleichsam eine ökologisch orientierte. Den Beweis, wie das in der Praxis zusammenpasst, ist sie schuldig geblieben.
Im Gesamtbild bleibt der Eindruck haften, die GLP hat vier Jahre nach ihrem Wahlerfolg ihre Rolle nicht gefunden. Die Sozialpolitik überlässt sie mit wenigen Ausnahmen den Polparteien. In der Stadtentwicklung fehlen eigene Positionen, die Grünliberalen wünschen gar mehr «Unterstützung für die Regierung». Doch wer die Regierungspolitik in dieser Frage unterstützt, kann sie auch direkt wählen – ohne grünliberalen Umweg über die Verbrüderungsfähre.