Bottmingen leidet unter dem Verkehr, unter den vielen ÖV-Kursen, den vielen Mama-Taxis und den vielen Pendlern. Diese fahren zwar Tag für Tag mit dem Auto durchs Dorf, vom Bau der dringend nötigen Entlastungsstrasse wollten sie aber dennoch nichts wissen. Das alles (und einiges mehr) erfährt man bei einem Panaché mit dem Bottminger SVP-Politiker Hanspeter Weibel.
Fünf Minuten, zehn Minuten, fünfzehn Minuten. Hanspeter Weibel kommt zu spät in den «Schützen». Der viele Verkehr. «Gesehen habe ich das Restaurant schon lange, aber leider bin ich kurz vor dem Ziel im Stau stecken geblieben», sagt Weibel. Dann bestellt er ein Panaché und ein Sandwich und ruft daheim an. «Ich muss den z’Nacht leider hier nehmen, tut mir Leid.» Die viele Arbeit. Am Nachmittag Sitzung mit der landrätlichen Geschäftsprüfungskommission in Liestal, am Abend Sitzung mit der kommunalen Geschäftsprüfungskommission in Bottmingen.
Der SVPler ist einer, der keinen Aufwand scheut, der alles ganz genau wissen will. Entsprechend lang ist die Liste der Mängel und Rügen, die er als GPK-Präsident jeweils vorlegt, in Liestal wie in Bottmingen.
Im «Schützen» nimmt er aber zuerst einmal nicht die Behörden ins Visier, sondern den vielen Verkehr – und seine Verursacher. Das beschäftigt ihn nach dem Stauerlebnis fast noch mehr.
Der ewige Stau
Das Problem gründet seiner Ansicht nach in der Widersprüchlichkeit der Menschen: Die Oberwiler, Therwiler, Ettinger und Biel-Benkemer verhindern mit ihrem Widerstand den Bau der Südumfahrung, fahren dann aber doch Tag für Tag mit dem Auto in die Stadt oder über Bottmingen zur Autobahn und zurück. Durch Bottmingen und Binningen, wo sich der Verkehr jeden Morgen und jeden Abend staut, nicht nur wegen des Individualverkehrs, wie Weibel betont, sondern auch wegen des Öffentlichen Verkehrs. Die Verkehrsdrehscheibe Bottmingen garantiere nicht nur gute Verbindungen, sondern auch viel Verkehr. Die Südumfahrung brächte die dringend nötige Entlastung, aber eben.
Hinzu kommen die selbst verursachten Verkehrsprobleme. Das «Mama-Taxi», mit dem viele Bottminger Kinder vom Hügel in die Schule und wieder zurück chauffiert werden. «Das sorgt auch in den Quartieren für ein beträchtliches Verkehrsaufkommen», sagt Weibel.
Überhaupt, die zunehmende Mobilität. Bremsen könne man diese Entwicklung nur mittel- bis langristig, mit einer grösseren Kostenwahrheit in der Verkehrspolitik, ist Weibel überzeugt. Mit einem Mobility-Pricing zum Beispiel, nicht nur für ÖV-Passagiere, Lastwagen-, Auto- und Töfffahrer, sondern auch für die Velofahrer. «Es bräuchte keine zusätzlichen Abgaben zu den bereits bestehenden etwa auf die Treibstoffe, sondern einen echten Systemwechsel», sagt Weibel.
«Vermögensteuern sind zu hoch»
Abgesehen vom vielen Verkehr, ist er ganz zufrieden mit Bottmingen. Die Wohnlage sei perfekt, vor allem auf den Hügeln mit dem Blick auf die Stadt und dem weiten Land im Rücken.
Auch mit den Gemeindebehörden findet sich Weibel recht gut ab. «Sie machen keine grossen Dummheiten, aber das ist auch fast nicht möglich bei der luxuriösen Ausgangslage und dem Wissen, kontrolliert zu werden», sagt Weibel. Aus dem Mund des grossen Kritikers klingt das schon fast wie ein Lob.
Selbst beim Thema der Steuern scheint er sich zuerst eher aus Prinzip als aus dem Bauch heraus zu ärgern. «Die sind immer zu hoch, auch in Bottmingen, der Gemeinde mit dem tiefsten Steuersatz im ganzen Kanton», sagt er. Dann wird er aber doch noch deutlicher. «Ein echtes Problem sind die hohen Vermögenssteuern im Kanton. Das führt zum Verlust einiger guter Steuerzahler – auch in Bottmingen.»
In Bottmingen redet man miteinander, in Liestal nicht
Kaum geht es um den Kanton, erwacht auch Weibels Kritiklust wieder, auch aus eher atmosphärische Gründen. «In Bottmingen gehen die Behörden auf die Kritik ein, da sitzt man zusammen an einen Tisch und redet miteinander», sagt er. In Liestal dagegen fehle die Bereitschaft zum Dialog, die Bereitschaft auch, aus Fehlern zu lernen. Oder besser gesagt: noch fehle sie. Denn mit der Wahl des neuen Regierungsrates wird vieles besser in Liestal, davon ist Weibel überzeugt. «Unser Kandidat Thomas Weber ist ein echter Hoffnungsträger, viel mehr noch als Isaac Reber vor eineinhalb Jahren», sagt Weibel.
Schafroth? Kein Thema!
Und was, wenn der SPler Eric Nussbaumer Regierungsrat wird? Oder der Grünliberale Gerhard Schafroth?
Nussbaumer?, fragt Weibel – und schaut einem so gross an. Unmöglich! Dieser Mann hat keine Chance im bürgerlichen Baselbiet, sagt Weibel und bestellt seine Rechnung (auf Schafroth geht er schon gar nicht erst ein).
Die nächste Sitzung beginnt schon bald. Und draussen vor der Tür des Schützen ist der Verkehr immer noch dicht.