Die SP schickt wie erwartet Alain Berset (FR) und Pierre-Yves Maillard (VD) in die Bundesratswahl vom 14. Dezember. Maillard hatte den etwas besseren Auftritt vor der Fraktion, als Favorit gilt aber weiterhin Berset.
Am Schluss kam es so, wie am Anfang alle sagten. Der Walliser Nationalrat Stéphane Rossini war nie ein ernsthaftes Thema, ein Dreierticket mit der Tessinerin Marina Carobbio mehr Wunsch der SP-Frauen als Möglichkeit. Nach einer halbstündigen Diskussion verwarf die SP-Fraktion mit deutlichem Mehr ein Dreierticket. «Wir müssen mit einem Angriff rechnen», sagte Fraktionschefin Ursula Wyss nach der Sitzung, «und da wollten wir keine Auswahlsendung präsentieren.»
Also alles wie gehabt. Alles wie geplant. Es wäre ja auch etwas seltsam gewesen, hätte man dem Freiburger Ständerat Alain Berset eine Nomination verwehrt. Seit Jahren sieht der nicht nur nach Bundesrat aus, seit Jahren wird Berset auch in den Bundesrat hochgeredet. Kompetent, geradlinig, beliebt, wählbar auch bei Bürgerlichen, etwas jung vielleicht (er ist 39), etwas zu zielstrebig auch, aber ansonsten: ein Staatsmann. Ein Bundesrat.
Die Aura von Berset
Dieser prä-bundesrätlichen Aura ist es wohl auch zu verdanken, dass Berset sich als Erster einen Platz auf dem Zweier-Ticket der SP sichern konnte. Im komplizierten Wahlverfahren fielen zuerst Rossini (im dritten Wahlgang) und Carobbio (im vierten) aus dem Rennen. Im fünften Wahlgang kam es zum direkten Aufeinandertreffen mit Maillard, das Berset mit 30 zu 26 Stimmen für sich entscheiden konnte. Damit war er eine Stimme über dem absoluten Mehr und erster Bundesratskandidat der SP.
Der zweite Platz war nur noch Formsache: Pierre-Yves Maillard setzte sich problemlos in einem Wahlgang gegen die beiden verbliebenen Kandidaten durch. Er habe versucht, im Hearing einfach und direkt zu sprechen, sagte Maillard danach. Und das scheint angekommen zu sein. Mehrere SP-Parlamentarier attestierten dem Waadtländer Staatsrat den besten Auftritt aller Kandidaten. «Da wurde sogar gelacht im Saal», sagte ein Fraktionsmitglied nach der Sitzung.
Im Rennen um den Sitz im Bundesrat gilt dennoch Berset als Favorit. Maillard war zwar auch schon Nationalrat (1999-2004), hat aber nicht das gleiche Kontaktnetz wie Berset, der seit 2003 den Kanton Freiburg im Ständerat vertritt. Kommt hinzu: Maillard hat eine Vergangenheit als Gewerkschafter und gilt als linker (und darum weniger wählbar) als Berset.
Strategie bleibt offen
Kein Thema war am Freitag die Strategie der SP in den Bundesratswahlen. Diese wird laut Auskunft von SP-Generalsekretär Thomas Christen erst am 6. Dezember besprochen. Offiziell wenigstens. Inoffiziell wälzt die SP-Spitze natürlich schon lange verschiedene Szenarien. Nachdem es in den Tagen nach den Wahlen zuerst nach einem Durchmarsch von Eveline Widmer-Schlumpf ausgesehen hatte – auch bei der SP – scheint sich das Präsidium dem Vernehmen nach nun wieder eher Richtung «zwei Sitze für die SVP» zu bewegen. Aber das sind Gerüchte. Und noch dauert es drei Wochen bis zu den Wahlen.
Kein Gerücht ist der Einstand des ehemaligen Fernsehjournalisten Matthias Aebischer in der Fraktion der SP. Der neugewählte Berner Nationalrat führte sich in seiner ersten Fraktionssitzung gleich mit einem Primeur ein. Als die Journalisten sich draussen noch die Ellenbögen in die Hüfte drückten und um den besten Platz vor der SP-Stellwand rangelten, sass Aebischer im gemütlichen Fraktionszimmer und twitterte seelenruhig das Resultat der SP-Wahl. Drei Minuten vor dem Auftritt der SP-Fraktionschefin. Er selber relativierte tags darauf seinen Primeur: Fraktionschefin Wyss sei schon aus dem Zimmer gewesen, als er der Welt die Nachricht mitteilte. Komme hinzu, dass andere Kollegen zu diesem Zeitpunkt bereits den Medien Auskunft gegeben hätten. Also eher doch keinen Rüffel für den Neo-Nationalrat, wie wir noch in der ersten Version des Textes spekuliert hatten…
Nichts Neues bei den Bürgerlichen
Auch die SVP und die FDP beschäftigten sich am Freitag mit den Bundesratswahlen. Neues gab es dabei allerdings nicht zu vermelden. Bei der SVP können bis zum 29. November noch Kandidaten gemeldet werden, am 1. Dezember will die Fraktion über ein mögliches Ticket beraten. Bisher wurden von SVP- Kantonalsektionen der Schaffhauser Ständerat Hannes Germann, der Thurgauer Regierungsrat Jakob Stark und der Waadtländer Nationalrat Guy Parmelin nominiert. Und bei der FDP? Dort setzt man weiterhin auf das traditionelle Konkordanz-Modell (die stärksten drei Parteien mit je zwei Bundesrats-Sitzen, die vierstärkste mit einem) und will am 6. Dezember weiter diskutieren.
Artikelgeschichte
Update, Samstag, 26.11.11: Die Tweet-Anekdote von Matthias Aebischer nach einer Nachricht des neuen Nationalrats (per Twitter natürlich) angepasst.