Amnestie sorgt für Empörung

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus verabschiedet sich mit einer grosszügigen Amnestie aus dem Amt – und sorgt für Empörung. Denn er zeigt sich vor allem gnädig gegenüber Nutzniessern seines Systems.

Tschechiens Präsident Vaclav Klaus leert kurz vor Ende seiner Amtszeit die Gefängnisse. (Bild: Keystone)

Der tschechische Präsident Vaclav Klaus verabschiedet sich mit einer grosszügigen Amnestie aus dem Amt – und sorgt für Empörung. Denn er zeigt sich vor allem gnädig gegenüber Nutzniessern seines Systems.

Mit Amnestien haben Prager Präsidenten kein Glück. Vaclav Havel liess zu Beginn seiner Amtszeit fast zwei Drittel aller Gefängnisinsassen frei, wollte gleich zum Anfang des Systemwechsels ein Zeichen der Versöhnung setzen. Das wurde ihm ebenso übel genommen wie die Distanzierung von der Nachkriegsvertreibung der Sudetendeutschen. Sein Nachfolger Vaclav Klaus hat zwar immer mal ein paar Leute begnadigt, aber nie eine grosse Amnestie beschlossen. Das holt er überraschend jetzt nach, zwei Monate vor seinem Abschied von der Prager Burg.

Und auch Klaus erntet Empörung. Nicht wegen der kleinen Gauner, von denen die ersten Entlassenen nach nur ein paar Stunden schon wieder in eine Zelle wanderten, weil sie die Freiheit als Freifahrtschein für sofortige neue Straftaten nutzten. Nein, die Öffentlichkeit, Regierungspolitiker, die Opposition ohnehin und die Medien stören sich daran, dass die Amnestie auch zahlreichen Wirtschaftsverbrechern zu Gute kommt. Leute, die erst von den laxen Gesetzen in der Ära von Klaus als Premier profitierten und teilweise Milliardensummen verschwinden liessen; und die jetzt von Klaus auch noch die Absolution erhalten.

Viel Geld ist geflossen

Die meisten dieser Kapitalverbrecher kamen mit relativ kurzen Haftstrafen davon, die unter der Amnestiegrenze liegen, die der Präsident gezogen hat. Bei anderen zogen sich die Ermittlungen derart lange hin, dass die jetzt eingestellt werden müssen. Jeder Tscheche weiss, weshalb da bei manchen so lange ermittelt wurde: weil reichlich Geld dafür floss.

Von «einem Schlag gegen die Gerechtigkeit» ist jetzt die Rede oder von einer «Demotivierung ehrlich bemühter Ermittlungsbeamter». «Das Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat werde erschüttert», monierte die Vorsitzende des Obersten Gerichts.

Klaus selbst kann die Kritik nicht nachvollziehen: Jeder verdiene eine «zweite Chance». Doch dieser Ansicht wollen nicht mal alle bürgerlichen Politiker folgen. Die Partei TOP 09 von Präsidentschaftskandidat Karel Schwarzenberg hält Amnestien für überholt. Im Parlament hat die Sache noch ein Nachspiel: Die linke Opposition will einen Misstrauensantrag gegen Premier Petr Necas einbringen, weil der die Amnestie gegengezeichnet hatte.

Nächster Artikel