In Kumanovo kam es zu Kämpfen zwischen Polizei und bewaffneten Albanern. Im Land steigt die Angst vor einem neuen ethnischen Konflikt auf dem Balkan. Derweil werfen Demonstranten der Regierung in Skopje vor mit solchen spektakulären Aktionen von eigenen Skandalen abzulenken.
Aus brennenden Häusern steigen Rauchschwaden und verdunkeln den Himmel über dem Stadtteil Divo im mazedonischen Kumanovo. Zur Stunde hört man noch Explosionen und Schiessereien. Die Kämpfe zwischen der mazedonischen Polizei und den bewaffneten albanischen Truppen begannen gegen 4.00 Uhr morgens und dauern an. Gegen 19.00 Uhr haben sich die Kämpfe weiter intensiviert.
Am Spätnachmittag hat die albanische UCK (Ushtria Clirimtare Kombetare) die Verantwortung für die Kämpfe übernommen. Bislang wurde der Tod von 3 Polizisten bestätigt. Etwa 20 Personen, darunter hauptsächlich Polizisten, wurden verletzt. Über Tote und Verletzte auf Seiten von unbeteiligten Zivilisten und UCK-Kämpfern wird derzeit spekuliert. Bislang wurden keine offiziellen Zahlen veröffentlicht.
Angst vor ethnischem Konflikt
Laut Polizeiangaben plante die Gruppe Terroranschläge auf staatliche Institutionen in Mazedonien. Bereits am 21. April kam es zu einem Zwischenfall in der Polizeiwache von Gosince, nahe der Grenze zum Kosovo. Etwa 40 bewaffnete Personen besetzten die Polizeiwache und erklärten, dass sie einen eigenen Staat haben wollen. Die bewaffneten Albaner in Kumanovo sollen im Zusammenhang mit diesen Personen stehen.
Die Gegend wo die Gefechte stattfinden wurde evakuiert. Über Kumanovo wurde zudem eine Sperrstunde verhängt. Wie Al-Jazeera Balkans berichtet, sassen die Bewohner der Stadt verängstigt in ihren Häusern und warteten darauf, dass die Kämpfe aufhören.
Ein Teil der bewaffneten Albaner soll sich inzwischen ergeben haben. Andere kämpfen zur Stunde noch gegen die Polizei. Ersten Mutmassungen zufolge handelt es sich um rund 80 bewaffnete UCK-Anhänger.
Die Kämpfe in Kumanovo lösen in Mazedonien Angst vor ethnischen Konflikten aus. Mazedonien ist ein Vielvölkerstaat. Zwei Drittel der Menschen im Land sind Mazedonier, während Albaner etwa ein Viertel der Bevölkerung stellen. In Kumanovo gibt es zudem eine grosse serbische Minderheit. An der Grenze zwischen Mazedonien uns Serbien bildeten sich lange Autokolonnen. Serbien hat die Grenzkontrollen zum benachbarten Mazedonien verstärkt, um Kontrollen durchzuführen.
Zoran Damjanovski, der Bürgermeister von Kumanovo, erklärte: «Wir haben die Teilung von Mazedoniern und Albanern 2001 nicht zugelassen, und wir werden sie auch heute nicht zulassen.»
2001 stand Mazedonien bereits knapp vor einem Bürgerkrieg
Mazedonien stand 2001 kurz vor dem Ausbruch eines Bürgerkrieges. Bewaffnete albanische Paramilitärs eroberten Teile des Landes militärisch und lieferten sich Kämpfe mit dem mazedonischen Militär und der Polizei. Ein Bürgerkrieg konnte durch das Rahmenabkommen von Ohrid verhindert werden. Die albanische Minderheit erhielt darin mehr Rechte und organisierte im Gegenzug eine Entwaffnung paramilitärischer Truppen. Somit blieb Mazedonien, im Gegensatz zu anderen Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawiens, von einem Bürgerkrieg verschont.
Das robuste Vorgehen der mazedonischen Polizei löste Kritik in Mazedonien aus. Es gibt Stimmen, die der Regierung vorwerfen einen Krieg zu riskieren, um an der Macht zu bleiben. In den vergangenen Tagen kam es zu massiven Protesten gegen die Regierungspartei VMRO-DPMNE. Auslöser war die Veröffentlichung eines Tonbands durch die sozialdemokratische Opposition, aus der möglicherweise hervorgeht, dass die Regierung im Jahr 2011 die Ermordung eines 21-Jährigen durch einen Polizisten vertuscht hat. Daran soll auch Regierungschef Nikola Gruevski beteiligt gewesen sein. Die Opposition veröffentlicht seit Monaten Tonbandaufnahmen, welche die Regierung ernsthaft in Bedrängnis bringen. Regierungschef Gruevski weisst alle Vorwürfe von sich und behauptet, die Tonbandaufnahmen seien das Werk ausländischer Geheimdienste.
In diesen Kontext stellt der Demonstrant Kire Vasilev auch die aktuelle Polizeiaktion in Kumanovo. Er beteiligte sich in den Anti-Regierungsprotesten in Skopje und urteilt: «Wie wir sehen ist die Regierung sogar bereit einen Krieg zu erzeugen, um an der Macht zu bleiben. Es gibt aber keine Gefahr eines ethnischen Konflikts. Mazedonien hat seine Lektion gelernt.»