Die Basler Regierung will im Wettsteinquartier Genossenschaftswohnungen ermöglichen. Doch Anwohner proben bereits den Aufstand.
Klaus Wagner kennt das Wohnprojekt, das in unmittelbarer Nähe zu seinem Haus an der Wettsteinallee entstehen soll, nicht im Detail. Doch was er momentan darüber weiss, reicht ihm schon, um auf die Barrikaden zu gehen. Für den Liegenschaftsbesitzer ist bereits heute klar, dass er Einsprache gegen das Bauvorhaben einreichen wird. «Das Projekt ist inakzeptabel und wird die jetzige Wohnqualität massiv beeinträchtigen», sagt er.
Grund für Wagners Aufstand: Vergangene Woche gab die Basler Regierung bekannt, dass sie die Parzelle am Riehenring 3 im Baurecht der «Wohnstadt» abgeben wird. Die Bau- und Verwaltungsgenossenschaft soll auf dem ehemaligen Werkhof des Tiefbauamts bis 2016 insgesamt 36 Genossenschaftswohnungen realisieren. Mit der Abgabe der Parzelle an «Wohnstadt» kommt die Regierung ihrem Ziel näher, in Basel wieder mehr Genossenschaftswohnungen zu ermöglichen.
Klaus Wagner hat nichts gegen genossenschaftliches Wohnen, aber: «Nicht jeder Ort eignet sich dafür. Die Grösse dieses Projektes ist nicht tolerierbar. Der Innenhof wird komplett zugepflastert.» Ausserdem habe die Bevölkerung bereits vor drei Jahren zur Überbauung des gegenüberliegenden Landhofs Nein gesagt. «Die Regierung sollte deshalb wissen, dass es sich beim Geviert Wettsteinallee, Riehenring, Turnerstrasse um eine sensible Zone handelt und nicht so tun, als wäre nichts gewesen», sagt er.
«Zwängerei»
Wagner stört sich am «abrupten» Vorgehen der Regierung. Er fragt sich, weshalb diese keinen Ideenwettbewerb für dieses Areal ausgeschrieben hat. «Wir werden vor vollendete Tatsachen gestellt. Auch die Informationspolitik lässt zu Wünschen übrig.»
Nicht nur bei Wagner kommt das Projekt schlecht an. Auch Verena Zurflüh, die an der Wettsteinallee wohnt, kann wenig damit anfangen und hat der Verwaltung einen Brief geschrieben. Sie empfindet den Neubau als «Zwängerei». «Viele Hauseigentümer und Mieter an der Turnerstrasse, Wettsteinallee und Riehenring wohnen schon seit Jahrzehnten hier, gerade weil die Verhältnisse ein gutes Lebensgefühl ermöglichen.» Dies werde nun aufs Spiel gesetzt.
Zwischen der Anwohnerschaft und der «Wohnstadt» versucht nun SP-Grossrätin Sarah Wyss, zu vermitteln. Sie informierte die Anwohner vor Kurzem in einem Brief über das geplante Projekt und das weitere Vorgehen. «Ich lehne das Projekt nicht per se ab, aber die Entwicklung im Wettsteinquartier geht schnell und es muss geschaut werden, dass dies nicht über die Köpfe der Anwohner geschieht. Einen Miteinbezug der Anwohnerschaft halte ich für zentral», sagt sie.
Kanton nichts mehr zu melden
Ein Miteinbezug ist offenbar vorgesehen. Andreas Herbster, Geschäftsleiter der «Wohnstadt» sagt, Interessierte würden nach den Herbstferien über das Projekt informiert. Zum Widerstand meint er: «Es ist klar, dass nicht alle begeistert sind, wenn sich etwas ändert. Aber wir wissen, dass es sich um eine sensible Zone handelt und nehmen mit unserem Projekt Rücksicht darauf.» So werde man nicht den ganzen möglichen Spielraum beim Bauen ausnützen und nur vier Geschosse realisieren. «Auf die Attika verzichten wir, weil wir das nicht angemessen empfinden», sagt Herbster. Er hat zwar Verständnis für die Vorbehalte, aber «man sollte nicht versuchen, seinen Baufrust auf die 36 Wohnungen abzuwälzen». Es handle sich beim Riehenring schliesslich nicht um ein politisches Projekt.
Nicht mehr viel zu melden in dieser Sache hat Immobilien Basel-Stadt. Laut deren Sprecherin Barbara Neidhart kennt man die Vorbehalte der Anwohner gegen das Projekt, ist aber nicht mehr dafür zuständig. Die «Wohnstadt» müsse sich nun damit auseinandersetzen. Neidhart sagt einzig: «Wir sind sehr froh, dass wir die Parzelle am Riehenring 3 an eine Genossenschaft abgeben konnten. Aus Sicht des Kantons ist die Brache ideal für den genossenschaftlichen Wohnungsbau.»