Arbeiten für Gottes Lohn

Unter dem Slogan «Essen Daheim» betreibt die Heilsarmee in Basel einen Mahlzeiten-Lieferdienst für Hilfsbedürftige. Gleichzeitig bietet der Service eine sinnvolle Beschäftigung für Arbeitslose. Wir haben den Lieferdienst einen Vormittag lang begleitet.

(Bild: Lukas Tschopp)

Unter dem Slogan «Essen Daheim» betreibt die Heilsarmee in Basel einen Mahlzeiten-Lieferdienst für Hilfsbedürftige. Gleichzeitig bietet der Service eine sinnvolle Beschäftigung für Arbeitslose. Wir haben den Lieferdienst einen Vormittag lang begleitet.

Um neun Uhr morgens treffen die ersten Mitarbeiter des «Essen Daheim»-Lieferdienstes im Bildungszentrum der Heilsarmee ein. Treffpunkt ist der Esstisch im Foyer. Bevor die einzelnen Teams das Essen ausfahren, werden hier bei Kaffee und Salzstängeli wissenswerte Informationen ausgetauscht. «Die morgendliche Kaffeerunde dient auch zum Herunterfahren, um die Arbeit dann unbelastet und voller Elan aufzunehmen», erzählt Mitarbeiter Andreas Meier.

Während die Lieferdienstabteilung beim Kaffee sitzt, ist Beat Vögtlis Arbeitstag bereits beendet: Als Chefkoch bereitet er um vier Uhr in der Frühe die warmen Mahlzeiten vor. Einerseits fürs «Essen Daheim», andererseits für den Mittagstisch der Heilsarmee im Gundeli. Normalerweise wird das Essen am frühen Morgen gekocht und kurz vor Auslieferung nochmals aufgewärmt. «Der Kalbsbraten muss jedoch schon am Vortag in den Ofen», sagt Vögtli mit einem Schmunzeln.

Geliefert wird in Zweier-Teams

Heutiges Menu: Kalbsbratwurst mit Zwiebelsauce, Babykarotten, Teigwaren und Aprikosenkompott. Für Vegetarier wird die Wurst durch ein Gemüseschnitzel ersetzt. «Natürlich gibt es immer jemanden, dem das Essen nicht schmeckt. Aber im Grossen und Ganzen sind die Leute zufrieden», sagt Vögtli. Rückmeldungen zu seinen Kochkünsten erhält er primär von den Mitarbeitern des Lieferdienstes, die im Gegensatz zum Koch direkten Kundenkontakt pflegen.

Kurz vor Lieferbeginn wirft Willi Gubler, Leiter von «Essen Daheim», einen letzten Blick auf die Warmhalteboxen mit den Mahlzeiten und die Routenpläne. Das Einzugsgebiet des Lieferdienstes erstreckt sich über sechs Zonen: Allschwil, Bruderholz, Birsfelden, Kleinbasel, Riehen und Stadtzentrum. Um zehn Uhr machen sich die Teams daran, die Boxen in die Autos zu verladen. Geliefert wird in Zweier-Teams: Einer fährt das Lieferauto, der andere bringt das Essen zur Haustür.

Beschäftigung für Arbeitslose

Das Team Birsfelden hat heute zwölf Boxen geladen, die es nun auszuliefern gilt. Erster Halt: das Steinenbachgässlein im Basler Stadtzentrum. Auslieferer Patric Gubler weist dem Fahrer Boris Lanzi den Weg durch den Verkehrsdschungel. Aus dem Radio erklingt «Our House» von Madness.

Gubler arbeitet seit bald fünf Jahren bei «Essen Daheim». Nach einer Ausbildung zum Velomechaniker hat er einige Jahre auf dem Beruf gearbeitet, danach war er als Bodenleger und Schreiner tätig.

Nachdem Gubler seine Stelle verloren hatte, vermittelte ihm seine Mutter den Job bei der Heilsarmee, wo er nun als Auslieferer und Küchenhilfe arbeitet. Zusammen mit dem Geld der Sozialhilfe kommt er so über die Runden.

Der Lieferdienst bei «Essen Daheim» ist eine freiwillige Tätigkeit, entschädigt werden einzig die Spesen. «Bei uns arbeiten viele Arbeitslose, die auf der Suche nach einer neuen Anstellung beschäftigt sein wollen», sagt Willi Gubler.

Auch werden Menschen mit körperlichem Handicap oder Pensionierte eingestellt. «Auf dem Sozialamt erhält man aufgrund eines solchen freiwilligen Engagements einen Bonus ausbezahlt.» Weiter wird den Mitarbeitern eine Arbeitsbestätigung ausgestellt, die auf der Jobsuche oftmals weiterhelfe. Boris Lanzi nutzt den Fahrdienst als Überbrückung, um etwas Neues zu finden. «Als gelernter Maschinenbauzeichner würde ich mich gerne selbstständig machen, etwa im An- und Verkauf von Autoersatzteilen.»  

Gutbürgerliche Küche

Mittlerweile ist es elf Uhr, das Team Birsfelden hat einen Grossteil der Mahlzeiten bereits ausgeliefert. Nächster Halt: die Wohnung von Margaretha Schaub in der Klostermatte. Seit zweieinhalb Jahren lässt sich die 85-Jährige das Mittagessen nach Hause liefern. «Damals hat mir das Unispital den Lieferservice empfohlen. Seither mag ich nicht mehr auf diese gutbürgerliche Küche verzichten.» Das Essen sei reichhaltig und abwechslungsreich.

Obwohl gerade bei älteren Menschen der Bedarf nach solchen Angeboten zunimmt, würde Willi Gubler gerne mehr Kunden generieren: «Nebst der Spitex, der Pro Senectute oder den Lieferdiensten von Seniorenzentren sind wir in diesem Segment nur ein Player unter vielen.» Auch sei die Phase zwischen dem «Essen Daheim»-Bedarf und dem Eintritt ins Altersheim eher kurz, was eine hohe Fluktuationsrate der Kunden zur Folge habe.

Zur Klientel von «Essen Daheim» zählen hilfsbedürftige Menschen im Ruhestand ebenso wie Invalide oder Sehbehinderte. In den letzten Jahren sei man vom sozial-diakonischen Auftrag der Heilsarmee etwas abgewichen und habe sich quasi automatisch dem Markt angepasst. «Künftig wollen wir uns vermehrt wieder minderbemittelten Kunden zuwenden. Je nach individueller Situation darf ein Essen auch mal 12 statt 22 Franken kosten», meint Willi Gubler.

Kurz vor Mittag haben Boris Lanzi und Patric Gubler ihre Tour beendet. Zurück im Bildungszentrum werden die leeren Boxen ausgeladen und die Bestätigungszettel mit den Unterschriften der Kunden deponiert. Während Boris Lanzis Arbeitstag nun zu Ende ist, macht sich Patric Gubler daran, das dreckige Geschirr vom Vortag abzuwaschen. Und Willi Gubler fährt schon mal ins Büro an die Frobenstrasse, um die nächsten Lieferungen zu planen.


Weitere Informationen zum Auslieferdienst der Heilsarmee: essen-daheim.ch

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