Beim Basler Zivilschutz ging schon kurz nach dem Einsatz eine Beschwerde von Zivilschützern ein, die ein asbesthaltiges Gebäude abreissen mussten. Wegen einer Informationspanne wird dies erst jetzt bekannt.
Sie mussten im Einsatz für den Zivilschutz ein asbesthaltiges Gebäude in Göschenen (UR) abreissen. Dabei kam es zu einem gravierenden Vorfall: Ein Gemeindearbeiter zertrümmerte mit einem Vorschlaghammer asbesthaltige Eternitplatten, um Platz zu schaffen in einer Mulde. Eine Todsünde, denn damit setzte er die krebserregende Asbestfasern frei. Als die TagesWoche den Vorfall publik machte, ging beim Basler Zivilschutz deswegen eine Beschwerde von drei Zivilschützern ein, wie Sprecher Martin Schütz bestätigt. Wegen einer internen Informationspanne erfuhr die Medienstelle aber erst vor kurzem davon.
Die Reaktion des Zivilschutzes auf diese Beschwerde: Er lädt jetzt alle Zivilschützer, die in Göschenen im Asbesteinsatz standen zu einer Aussprache. Gemäss Zivilschutz waren an den Abbrucharbeiten von insgesamt 82 Zivilschützern acht beteiligt. Am Gespräch mit diesen acht Zivilschützern werden auch Asbestfachleute teilnehmen. Bei der Aussprache solle es auch darum gehen, widersprüchliche Aussagen zu klären, wie Sprecher Martin Schütz erklärt. Mehrere Zivilschützer hatten übereinstimmend erklärt, dass sie noch mit Abbrucharbeiten beschäftigt waren, als es zum gravierenden Vorfall kam, bei dem ein Gemeindearbeiter die asbesthaltigen Platten zertrümmerte. Der Zivilschutz hingegen bestreitet dies: «Zu diesem Zeitpunkt hielten sich keine Schutzdienstpflichtigen im Bereich der Mulde auf.»
Schon wenige Asbestfasern können lebensgefährlich sein
Trotz Gesprächsangebot gibt es für die Asbest-Zivilschützer wenig Grund zur Freude, denn der Zivilschutz hat schon deutlich genug gezeigt, dass er den Einsatz kaum als wirklich poblematisch einstuft. Ansonsten wäre er kaum darum herumgekommen, umgehend ein Gutachten über die gesundheitliche Gefährdung in Auftrag geben, wie dies der Zürcher Zivilschutz bei einem Zivilschutzeinsatz mit asbesthaltigen Eternitplatten bei der Räumung eines Schrebergartengeländes in Zürich-West tat.
Dabei reicht es bei entsprechender genetischer Veranlagung schon, nur kurz Asbestfasern ausgesetzt zu sein, warnt der renommierte Lungenarzt und Asbestspezialist Klaus Klingler. Wer veranlagt und damit gefährdet ist und wer nicht, lässt sich nicht vorhersagen. Betroffene erkranken erst nach 15 bis 40 Jahren etwa an Lungen- oder Brustfellkrebs.
Massimo Aliotta, Vizepräsident des Vereins Asbestopfer und Anwalt bestätigt: «Ich kenne mehrere Asbestopfer, die nur sehr kurze Zeit Asbestfasern eingeatmet haben, etwa während einer Schnupperlehre, und zwanzig Jahre später daran gestorben sind.» Belastend sei vor allem auch die Ungewissheit, nicht zu wissen, ob man irgendwann schlimmstenfalls an dem aggressiven Krebs MPM erkranken werde. «Kein Experte wird den Asbest-Zivilschützern garantieren können, dass das nicht passieren wird», sagt er.
«Unter jedem Stein lauert eine Schlange»
Grossrätin Heidi Mück (BastA) will jetzt Klarheit darüber, wie es überhaupt zum Asbest-Einsatz kommen konnte, wer die Verantwortung für den Einsatzbefehl trägt. «Ich kann nicht verstehen, dass die Gesundheit von Zivilschützern so leichtfertig gefährdet wird. Es ist doch allgemein bekannt, dass Asbestsanierungen sehr heikel sind und nur von Fachleuten ausgeführt werden sollten», sagt die Grossrätin. Deshalb wird sie jetzt eine schriftliche Anfrage einreichen.
Für die Grossrätin ist es unhaltbar, dass die Vorgesetzten versuchen, die Verantwortung abzuschieben. «Es sind immer die Vorgesetzten, die die Verantwortung übernehmen müssen. Sie dürfen von den Zivilschützern nicht verlangen, dass diese über Risiken von Asbest Bescheid wissen und dann selber entscheiden, ob sie sich diesen Risiken aussetzen wollen oder nicht.»
Und ihre Kritik geht noch weiter: Erst letzten Mittwoch habe der Grossrat lang und breit über die Missstände bei der Sanität gesprochen. Wie der Zivilschutz gehört auch die Sanität zum Bereich «Rettung Basel-Stadt». «Kaum wurde uns versprochen, dass die langjährigen Probleme bei der Sanität endlich angegangen werden, kommt schon der nächste Fall aufs Tapet. Es scheint, als ob unter jedem Stein, den man im Bereich Rettung aufhebt, eine Schlange lauert», sagt Heidi Mück.