Einmal im Jahr führt das Baudepartement Basel-Stadt Medienvertreter durch verschiedene Baustellen, die Normalbürger nie begehen können. Die TagesWoche war mit dabei.
Wer sich in der Mitte zwischen dem Klein- und dem Grossbasel befindet, steht normalerweise auf einer der Rheinbrücken. Oder wenigstens auf einem Schiff. Es sei denn, er hat die seltene Gelegenheit, an der Begehung eines Leitungstunnels unter dem Rhein teilzunehmen.
«Jetzt sind wir in der Mitte», kommt die Nachricht vom Kopf der Gruppe. Soll heissen: zwischen Klein- und Grossbasel, etwa zehn Meter unter dem Rhein, der an dieser Stelle ungefähr vier Meter tief ist. Die kleine Gruppe, die im Gänsemarsch durch den Tunnel läuft, hält an.
Und bemerkt dabei: Die Mitte sieht in einem Tunnel, der voll ist von Strom-, Wasser-, Telefon- und sonstigen Leitungen, nicht unbedingt auffällig aus. Dafür funktioniert die Lüftung in dem 362 Meter langen Bauwerk zwischen Klein- und Grossbasel hervorragend, was an einem heissen Sommertag nicht zu unterschätzen ist.
Hier geht vom Leitungstunnel Rhein zurück ans Licht. Auf Kleinbaslerseite liegt dieser nur noch etwa 20 Meter unter der Erde. (Bild: Daniela Gschweng)
Zu dem Privileg einer Rheinunterquerung kommt man, wenn man Teilnehmerin an der jährlich stattfindenden Sommermedienfahrt des Tiefbauamtes Basel-Stadt ist. Die Baustellenwanderung führt über Basels aktuelle Grossbaustellen und vermittelt einen Eindruck davon, was im Kanton baulich so geschieht.
Warm ist es dabei immer. In 15 Jahren hat es laut dem Leiter Kommunikation des Tiefbauamtes, André Frauchiger, nur ein einziges Mal geregnet. Der Respekt vor Menschen, die bei knapp 30 Grad nicht nur gucken, sondern – angetan mit Helm und Sicherheitskleidung – auch körperlich arbeiten, steigt als Nebeneffekt merklich an.
Geschwungene Steinbögen vom Campus auf die Rheinterrassen
Eingestiegen in den Leitungstunnel sind die Teilnehmer der sommerlichen Baustellenwanderung am Novartis Campus. Also dort, wo mit leichter baulicher Verzögerung die neue Rheinuferpromenade entsteht. Ab dem kommenden Frühjahr soll sie am Rhein entlang bis nach Frankreich führen.
Für «Undine», so der Projektname, sind nicht nur mehrere Hundert Tonnen Erdreich bewegt worden, um damit die terrassenartige Struktur aufzuschichten, das Resultat sieht auch äusserst ansprechend aus.
Der Ab- und Aufgang zum obersten Niveau hat es in sich. Die geschwungenen und jeweils zum Weg nach innen gekippten Begrenzungswände aus Kalksteinquadern zu mauern, ist eine architektonische Spitzenleistung.
Schade nur, dass sich das ab nächstem Jahr nur anschauen kann, wer eine Zugangsberechtigung zum Novartis Campus hat. Einstweilen steht das für den Einlass bestimmte Drehgitter aber noch einsam in der Mitte des Weges.
Eine ansprechende Optik und architektonisch ganz schön anspruchsvoll ist der Aufgang von der zukünftigen Rheinpromenade. Das Drehgitter, das den Novartis Campus absperren wird, steht einstweilen noch alleine im Weg herum. (Bild: Daniela Gschweng)
Die Schlichtheit der unteren Ebene wird durch die Begrünung der Rheinterrasse noch etwas aufgelockert werden, was hoffentlich auch den Lärm von der Dreirosenbrücke dämpfen wird. Der stört, das hat auch das Baudepartement bemerkt und versichert, dass man an Lösungen arbeite. Ganz einfach dürfte das freilich nicht werden.
Auf Tour entlang dem Autobahnzubringer in Kleinhüningen
Zurück zum Leitungstunnel beziehungsweise zu dessen Ausgang. Von dort aus ist Kleinhüningen mit dem neuen Halbanschluss Basel-Rheinhafen nicht allzu weit. Seit Anfang des Jahres ist die Baustelle in der Badenstrasse zu einem geschwungenen Autobahnzubringer gewachsen, der sich auf engem Raum zwischen Müllverbrennungsanlage, Stücki und Autobahn windet.
Knapp 36’000 Kubikmeter Beton wurden dort verbaut, der noch fehlende Betonbelag nicht mitgerechnet, und fast so viele Tonnen Stahl. Die anfänglich geplante Eröffnung im August wird sich etwas verzögern. Bis Ende des Jahres soll das Riesenbauwerk jedoch betriebsbereit sein und die Bewohner Kleinhüningens vom Schwerverkehr entlasten.
Über einen fast fertigen Autobahnzubringer wandern, wie hier über den Halbanschluss Basel-Rheinhafen zur Autobahn Richtung Luzern, das kommt nicht häufig vor. (Bild: Daniela Gschweng)
Mal abgesehen davon, dass man nicht oft Gelegenheit hat, auf einem fast fertigen Autobahnzubringer spazieren zu gehen (der Gedanke, wie es wäre, selbigen mit dem Skateboard hinunterzufahren, sei hier erlaubt): Die Sicht über Basel lohnt den Aufstieg!
Hochwasserschutz an der Birsig
Zurück zum Fluss. Allerdings nicht dem Rhein, sondern dem Birsig. Dieser ist, klein und harmlos wie er an der Heuwaage vorbeifliesst, tatsächlich eines der grössten Katastrophenrisiken Basels, wenn man von Naturkatastrophen spricht. Schlimmer könnte nur ein grosses Erdbeben sein, bei dem laut André Frauchiger «sowieso die Hälfte aller Gebäude einstürzen würde».
Ein grosses Hochwasser, wie es etwa alle 300 Jahre vorkommt, ist vonseiten des Birsigs für Basel viel gefährlicher als der Rhein. Neben anderen baulichen Massnahmen wurden deshalb auf Basels vermutlich günstigster Baustelle an der Heuwaage mehrere Stahl- und Betonstäbe eingelassen, die als Rechen für grosse Steinbrocken und Holzstücke dienen. Die unscheinbaren, noch in farbigen Kunststoff eingewickelten Pfeiler, die man vor Ort sieht, verraten erst einmal wenig davon, wozu sie dienen.
Sehen reichlich unspektakulär aus, sollen aber im Fall eines grossen Hochwassers die Überschwemmung der Innenstadt verhindern: Betonpfeiler in der Birsig. (Bild: Daniela Gschweng)
Dafür kann man sich die Folgen eines extremen Hochwassers umso plastischer vorstellen: Verstopft der Birsigtunnel und damit der Abfluss des Birsigs in den Rhein durch grosse Steine oder Holzstücke, steht nach Angaben des Baudepartements bei grossem Wasserzufluss die Innenstadt knietief unter Wasser. Inklusive aller Lagerräume, Parkplätze, Kanäle und Keller, die sich unter dieser Höhe befinden.
Beheben liesse sich die Verstopfung bei einem Hochwasser nicht. Geschätzter Schaden für diesen Fall: ungefähr eine Milliarde Franken. Da sind die 650’000 Franken Baukosten tatsächlich nicht der Rede wert.