Auf Wiedersehen mit den Grünen

Nach ihrer Wahlniederlage verabschieden sich die Grünen aus der Diskussion um einen möglichen Bundesratssitz. Die meisten jedenfalls.

Verlierer, Gewinner. Ueli Leuenberger, Präsident der Grünen, trifft am Abend des Wahlsonntags Martin Bäumle, Präsident der Grünliberalen. (Bild: KEYSTONE/ Steffen Schmidt)

Nach ihrer Wahlniederlage verabschieden sich die Grünen aus der Diskussion um einen möglichen Bundesratssitz. Die meisten jedenfalls.

Da stand er, der Präsident, und machte, was alle Präsidenten in solchen Momenten machen. Er schwauderte. Er redete von Proporzpech, von unglücklichen Listenverbindungen, von unklaren Programmen der politischen Gegner. Die Niederlage, die bereits am Abend des Wahlsonntags umfassend war, die einen Rückgang des Wähleranteils auf 8,4 Prozent und die Abwahl von fünf Nationalräten bedeutete, diese Niederlage wollte Ueli Leuenberger, Präsident der Grünen, so nicht anerkennen.

Im Gegenteil. «Wir haben viel Exekutiverfahrung in den Kantonen. Diese sollte in die Regierung hineingetragen werden.»

Auch am Abend dieses Wahlsonntags, als Leuenberger neben Martin Bäumle, dem Präsidenten der Grünliberalen und Sieger des Wahlsonntags, im Studio des Schweizer Fernsehens stand, konnte sich der Präsident der Grünen nicht von der Idee des ersten Grünen Bundesrates lösen.

Morins «Go for it»

Er hatte ja auch alles so gut vorbereitet. Gut drei Monate vor den Wahlen lancierte Leuenberger via Sonntagspresse sechs Kandidaten für den Bundesrat. Darunter als «Zugpferd» den Basler Regierungspräsidenten Guy Morin. Der gleiche Morin, der noch vor einem halben Jahr beim Wort Bundesrat höchstens ironisch gelächelt hatte, stand hin und verkündete in der Basler Zeitung die betont lässigen Worte seiner Frau. «Go for it», habe ihm seine Frau zugerufen, und das tat er dann auch. Weil er sich das zutraute, weil er sich das auch zutrauen musste: Die Lancierung von Morin und den anderen Kandidaten – beispielsweise der Berner Erziehungsdirektor Bernhard Pulver – war ein bewusstes Manöver der Parteileitung gewesen.

Im Januar hatte dieselbe Leitung in der Person von Ueli Leuenberger in verschiedenen Interviews prognostiziert, dass ein deutlicher Wahlerfolg der Grünen ohne schwerwiegende «Ereignisse» nicht möglich sei. Ohne diese «Ereignisse» wäre den Menschen der Klimawandel zu weit weg, zu wenig bewusst. Dann wurde es März und in Japan flog ein Atomkraftwerk in die Luft. Heute wissen wir, dass der «Fukushima-Effekt» eher den Grünliberalen als den Grünen geholfen hat, damals war die Einschätzung eine andere. Es gab nur noch ein Thema, die Umwelt rangierte auf dem Sorgenbarometer zuoberst, der Bundesrat beschloss den Ausstieg aus der Atomenergie. Und die Grünen sahen die Zeit und vor allem die Gelegenheit gekommen, ihre Politik nun auch in die Landesregierung zu tragen. Auch ohne den Verlust bei den Wahlen, wäre das schwierig geworden. Die Bürgerlichen hätten den Grünen wohl nur einen Sitz zugestanden, wenn die SP im Gegenzug auf einen verzichtet hätte. Ein unwahrscheinliches Szenario.

Und ein Szenario, über das man nach den Wahlen auch nicht mehr nachdenken muss. Ausser Ueli Leuenberger redet auch innerhalb der Grünen niemand mehr von einem Sitz im Bundesrat. Das Thema ist keines mehr. Für mindestens vier Jahre.

Quellen

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