In punkto Besucherfreundlichkeit sind die italienischen Museen etwas verknöchert. Das hat nun Konsequenzen: Gleich sieben Kulturstätten werden künftig von Ausländern geleitet – darunter der Freiburger Eicke Schmidt, der künftig den Uffizien vorstehen wird. Man erhofft sich dadurch Innovation und Erneuerung.
Die abfälligen Kommentare liessen nicht lange auf sich warten. Von einer Verschwendung italienischer Ressourcen war die Rede. Italienische Kunsthistoriker und Politiker kritisierten die Nominierung der 20 neuen Direktoren der bedeutendsten staatlichen italienischen Museen und Kulturstätten. Der Grund: Sieben von ihnen sind Ausländer, darunter drei Deutsche, zwei Österreicher, ein Franzose sowie ein Brite.
Aus dem Breisgau nach Italien: Eicke Schmidt wird künftig die Uffizien leiten. (Bild: Keystone)
Der Freiburger Kunsthistoriker Eike Schmidt (47), der die berühmten Uffizien in Florenz leiten wird, sowie der erst 34 Jahre alte Ravensburger Archäologe Gabriel Zuchtriegel, der Direktor der Unesco-Weltkulturerbe-Stätte Paestum wird, stechen aus dem Kollegium heraus. Die 48-jährige Cecilie Hollberg, die bisher das Städtische Museum in Braunschweig führte, wird künftig die Galleria dell’Accademia in Florenz leiten.
Eine derartige Invasion ist man in den verkrusteten öffentlichen Strukturen in Italien nicht gewohnt. Schmidt, der derzeit am Minneapolis Institute of Art in den USA als Leiter der Abteilung für dekorative Kunst, Textilien und Bildhauerei tätig ist, bezeichnete sich als «überglücklich» und überrascht. Auch Zuchtriegel, der sich wie Schmidt auch für andere Leitungsposten der Ausschreibung beworben hatte und von einer international und prominent besetzten Jury empfohlen wurde, gab sich überrascht. Beide können eindrucksvolle Lebensläufe vorweisen, ein Museum oder eine bedeutende kulturelle Institution haben beide allerdings noch nicht geleitet.
Neuorganisation gefragt
Die Uffizien, die weltberühmte Werke von Künstlern wie Leonardo Da Vinci, Michelangelo, Raffael, Botticelli oder Cranach umfassen, zählten 2014 knapp zwei Millionen Besucher. Nach Paestum kamen zuletzt immerhin 300’000 Besucher. Der italienische Kulturminister Dario Franceschini hatte die 20 Direktoren-Posten international ausschreiben lassen. Es seien Kandidaten mit «höchstem wissenschaftlichen Profil» ausgewählt worden. Jahrelange Verspätungen in der Museumsverwaltung würden jetzt aufgeholt.
Nur ein Highlight der Uffizien: «Minerva and the Centaur» von Sandro Boticelli. Hier bei der Reise nach Deutschland im November 2009. (Bild: ARNE DEDERT)
Schmidt arbeitete bereits zwischen 1994 und 2001 am Deutschen Kunsthistorischen Institut in Florenz. Zuvor studierte er an der Universität Heidelberg Kunstgeschichte und promovierte dort über die von den Medici gesammelten Elfenbeinskulpturen. Der Spezialist für Bildhauerei und florentinische Kunst arbeitete als Kurator im J. Paul Getty Museum in Los Angeles und in der National Gallery of Art in Washington. Anschliessend verantwortete er zwei Jahre lang die Abteilung für Skulpturen beim Auktionshaus Sotheby’s in London. 2009 heuerte er beim Minneapolis Institute of Arts an und baute dort die Skulpturensammlung auf.
In seinem neuen Job sind nicht nur wissenschaftliche Kompetenz, sondern auch der Wille zu Neuorganisation und Management gefragt. «Dieser Dualismus stellt einen radikalen Wandel für Italien dar, aber in diese Richtung entwickeln sich alle Museen der Welt», sagt Schmidt. Auch für andere Sektoren gelte dasselbe. «Der Ferrari-Chef kann heute nicht nur Ingenieur, sondern muss auch Manager sein.»
Besucherfreundlichkeit erhöhen
Wie Schmidt will auch Gabriel Zuchtriegel in Paestum neuen Schwung in die italienische Kulturlandschaft bringen. Besucherfreundliche Strukturen, Bookshops oder Restaurants gibt es in der antiken Tempelstädte bisher nicht. Die neuen Direktoren müssen sich auch solchen Themen widmen. «Das Museum in Paestum und die Tempel sollen das Herz eines kulturellen Dreh- und Angelpunktes werden», sagt der 34-jährige Archäologe, der in Bonn promovierte und zuletzt an der Universität der Basilikata in Macerata über griechische Kolonien forschte. Er sei sich auch bewusst, dass es Widerstände, etwa durch Bürokratie, geben könnte. «Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, ich hätte keine Angst.»
Aber auch in den Uffizien sind die Meisterwerke zu sehen: Hier «Madonna of the Magnificat» von Botticelli. (Bild: MAURIZIO DEGL‘ INNOCENTI)
Schmidt will in Florenz die Besucherfreundlichkeit der Uffizien und die Attraktivität des zugehörigen Palazzo Pitti fördern. «Ich werde auf der bereits getanen Arbeit aufbauen und mit reformerischem Geist an die Arbeit gehen», sagt der 47-Jährige. Über seine siebenjährige Zeit in Florenz am Deutschen Kunsthistorischen Institut sagt er: «Mein Herz ist dort geblieben.» Er sei sich sicher dass seine Florenz-Kenntnisse und seine internationale Erfahrung in Deutschland, England und den USA ihm bei der Leitung der Uffizien sehr behilflich sein werden.