Avanti Popolo – und mehr Gerechtigkeit!

Rot, röter, am rötesten – und doch: Ausgerechnet in diesem knallroten Basel spricht am 1. Mai niemand zum Volk, der die Massen anziehen würde. Dafür reist SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr nach Liestal und spricht über «mehr Lohn, Schutz, Rente».

Ganz so anders als dieser Umzug 1934 in Zürich sehen die heutigen 1.-Mai-Demonstrationen eigentlich gar nicht aus. (Bild: Hans Staub)

Rot, röter, am rötesten – und doch: Ausgerechnet in diesem knallroten Basel spricht am 1. Mai niemand zum Volk, der die Massen anziehen würde. Dafür reist SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr nach Liestal und spricht über «mehr Lohn, Schutz, Rente».

Christian Levrat kann es gut. Vor die Massen stehen, soziale Parolen schwingen, Begeisterung auslösen. Und viel Volk anlocken, bevor er all das tut. Weil er Christian Levrat ist, ein pointierter Redner, einer, der sagt, was ist (aus linker Sicht) – und als SP-Parteipräsident erst noch ein hohes Amt inne hat. Aber Christian Levrat kommt dieses Jahr nicht wie 2011 nach Basel, sondern geht nach Yverdon. Diesmal müssen sich die Basler Genossen mit Pascal Pfister begnüngen. Pascal Pfister?

Pascal Pfister, ja. Seines Zeichens Vize-Präsident der SP Basel-Stadt und Sekretär der Gewerkschaft Unia, die sehr präsent ist mit ihren Fahnen und Anliegen am 1. Mai. Der Umzug wird vom Basler Gewerkschaftsbund organisiert, der mit Vania Alleva eine Vollblutgewerkschafterin und Mitglied der Unia-Geschäftsleitung als zweite Rednerin nach Basel eingeladen hat.

Und sonst? Um 10.30 Uhr der Umzug vom Messe- zum Barfüsserplatz mit Halt an einer Station, nämlich dem Marktplatz, wo eben diese Redner sprechen. Motto dieses Jahr: «Mehr Lohn, Schutz und Rente». So wird es in goldener Schrift auf den roten 1.Mai-Bändeln stehen und so soll sie werden, die Welt – gerecht. Gehofft und gefeiert wird nach der Demonstration auf dem Barfüsserplatz, wo das Bier traditionell von Politikern wie Fetz und Schenker, Brutschin und Wessels ausgeschenkt wird.

Aus Prinzip treu

Der 1.-Mai-Umzug ist in Basel ein Selbstläufer und die treuen Genossen schaffen es jedes Jahr und bei jedem Wetter aus den Federn, um im Chor «Die Internationale» oder «Avanti Popolo» zu singen. Darum ist es vielleicht auch nicht so schlimm, dass kaum einer dieser Genossen wegen eines bestimmten Redners, sondern vielmehr aus Prinzip mitdemonstrieren wird.

In Liestal ist das anders, da zieht der Promi-Faktor mehr. Das werden auch die Gewerkschaften wissen, und geben ihn den Baselbietern, diesen Promi-Faktor: Mit SP-Nationalrätin Jacqueline Fehr reist eine schweizweit gefragte Rednerin ins Städtchen. Sie wird auf dem Zeughausplatz reden, nachdem sie mit den Demonstranten vom Bahnhof her dorthin gegangen ist (Start 13.30 Uhr).

Botschaft ist wichtig

Serge Gnos, Präsident des Basler Gewerkschaftsbundes, sagt: «Wichtig ist, was geredet wird – und nicht, wer etwas sagt. Der 1. Mai ist kein Promi-Anlass.» Leute, die etwas zu sagen hätten und die Probleme der Menschen kennen würden seien die richtigen Redner für den Tag der Arbeit. Und da gäbe es eben bekannte und weniger bekannte Vertreter der Linken.

Nochmals zu Pascal Pfister: So unpopoulär, wie man denken könnte, ist der Redner doch nicht, wie ein Blick ins Programm zeigt: Nach seiner Rede auf dem Marktplatz wird er am Abend auch im Gemeindesaal Menziken sprechen. Menziken? Das ist eine 5500-Seelen-Gemeinde im Kanton Aargau. Dem Kanton, in dem der 1. Mai kein gesetzlich anerkannter Feiertag ist. An dem aber «fast überall höchstens bis Mittag gearbeitet» wird, wie es bei Wikipedia heisst. Und weil SP-Legende Helmut Hubacher im ebenso aargauischen Rheinfelden sprechen wird (16 Uhr), ist alles halb so wild.

Quellen

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