Bald sollen alle Basler online abstimmen können – vielleicht mit Hilfe von Aktienfonds

Bis 2019 soll die Internet-Urne der gesamten Basler Stimmbevölkerung zur Verfügung stehen. Doch noch fehlt die Technologie dafür.

Klicks statt Stimmen: Bald soll die elektronische Stimmabgabe zum Normalfall werden.

(Bild: Nils Fisch)

Bis 2019 soll die Internet-Urne der gesamten Basler Stimmbevölkerung zur Verfügung stehen. Doch noch fehlt die Technologie dafür.

Seit bald sieben Jahren dürfen Basler Stimmbürger die im Ausland wohnen übers Internet an den hiesigen Abstimmungen und Wahlen teilnehmen. Und seit vergangenem Juni steht diese Möglichkeit auch Menschen mit einer Behinderung zur Verfügung. Diese beiden Bevölkerungsgruppen dienten als Testpersonen, um diese «E-Voting» genannte Technologie gründlich zu prüfen.

Doch sieben Jahre Testbetrieb sind genug. Bis 2019 soll die gesamte Basler Stimmbevölkerung wahlweise persönlich, auf dem Postweg oder per Internet abstimmen können.

Für den Testbetrieb setzte Basel auf das E-Voting-System «CHVote», welches der Kanton Genf mit Unterstützung des Bundes entwickelte. Doch diese Technologie ist noch nicht reif, um sie der gesamten Stimmbevölkerung zur Verfügung stellen zu können. Wenn statt einer kleinen Minderheit wie bisher, theoretisch plötzlich 100 Prozent der Stimmen elektronisch eingehen könnten, müssen andere Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, damit der korrekte Ausgang einer Abstimmung garantiert werden kann. Basel muss also ein neues E-Voting-System anschaffen.

Die Technologie muss erst noch entwickelt werden.

Die Ausschreibung für diesen Auftrag ist vor wenigen Wochen zu Ende gegangen. Die Staatskanzlei evaluiere derzeit die eingegangenen Angebote, sagt Staatsschreiberin Barbara Schüpbach. Da noch in keinem Kanton die gesamte Stimmbevölkerung elektronisch abstimmen und wählen darf, besteht auch noch keine erprobte Technologie für das E-Voting im grossen Stil.

«Beide in der Schweiz anerkannten Systeme, also CHVote und das Angebot der Post, befinden sich derzeit in Entwicklung», sagt Schüpbach. Man werde also in jedem Fall eine erprobte Technologie anschaffen, die jedoch für die Ausdehnung auf 100 Prozent der Stimmberechtigten zuerst noch weiterentwickelt werden müsse.

Den grössten Konkurrenten für CHVote stellt also die Post dar, die vor einem Jahr angekündigt hat, ins E-Voting einzusteigen. Die Post entwickelt dafür jedoch kein eigenes System, sondern kauft die entsprechende Technologie beim spanischen IT-Unternehmen Scytl ein. Einen entsprechend erbitterten Kampf um die Markthoheit liefern sich die beiden Anbieter, wie die «Handelszeitung» Mitte September berichtete (online nicht verfügbar).

In diesem Wettstreit greift die Genfer Staatsschreiberin Anja Wyden Guelpa zu deutlichen Worten: «Im Gegensatz zum System der Post ist CHVote breit getestet, es wurden bereits über 100 Abstimmungen damit durchgeführt.» Zum ersten Einsatz des Post-Systems kommt es im November im Kanton Freiburg. «CHVote setzt zudem auf volle Transparenz, wir werden den gesamten Quellcode veröffentlichen», verspricht Wyden Guelpa. Kritisch beurteilt sie neben der fehlenden Transparenz auch die Tatsache, dass hinter dem System der Post eine ausländische Eigentümerschaft steht. Scytl befindet sich in den Händen mehrerer Aktienfonds, darunter etwa der amerikanische Risikokapitalgeber Vulcan Capital.

Interpellation eingereicht

Dieser Umstand ruft in Basel Kritiker auf den Plan. Der Co-Präsident der Grünen und Grossrat Harald Friedl reicht einen entsprechenden Vorstoss ein. In einer Interpellation fragt er die Regierung, ob es nicht wünschenswert wäre, beim E-Voting auf ein Schweizer System zu vertrauen. Weiter will Friedl wissen, welche Rolle die Transparenz bei der Auftragsvergabe spiele und wie gross der Aufwand eines Systemwechsels wäre.

In der Basler Staatskanzlei kann man in der Eigentümerschaft hinter Scytl kein Problem erkennen. «Für uns, wie auch für den Bundesrat, spielt es keine Rolle, ob sich die Technologie in privater oder öffentlicher Hand befindet», sagt Schüpbach. Massgeblich seien einzig die Sicherheitsbestimmungen. «Ein demokratischer Urnengang ist ein hoheitlicher Akt und diese Hoheitlichkeit muss gewährleistet werden.»

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