Der wiedergewählte Regierungspräsident Guy Morin muss sich nie mehr rechtfertigen, Baschi Dürr wird Polizeichef und Damian Heizmann greift zur Flasche – alles Haupt- und Nebensächliche zum zweiten Durchgang der Basler Regierungsratswahlen.
Den letzten Aufreger erlebte Guy Morin unmittelbar vor der Wahl. Der bisherige und künftige Basler Regierungspräsident begrüsste seine bisherigen und künftigen Amtskollegen aus dem linken Lager im Rathaus (die bürgerlichen Vertreter Carlo Conti und Christoph Eymann glänzten durch Abwesenheit), als ihm von einem Fotografen plötzlich nahe gelegt wurde, seine Backe zu reinigen. «Sie sind ja voller Lippenstift», bemerkte der Pressemann und verschreckte Morin dabei gründlich. «Oje, das war Eva Herzog!», stammelte Morin und wischte sich mit den Händen wild durchs Gesicht.
Im Verlauf des Abends dürfte noch einiger Lippenstift dazukommen. Im kleinen Rahmen will der Grüne Morin mit Weggefährten und Familie seinen deutlichen Wahlerfolg feiern. Die Basler bestätigten ihn mit 19’390 Stimmen als obersten Repräsentanten des Kantons. Alles andere wäre für Morin eine Katastrophe gewesen. «Ich mache diese Aufgabe mit Herzblut. Ich wäre sehr enttäuscht gewesen, wenn ich nicht bestätigt worden wäre», sagte er. Mirjam Ballmer, Co-Präsidentin der Basler Grünen, kündigte an, dass bei der Feier nicht nur Morins Leibgetränk Tee aufgetischt wird: «Da können Sie sicher sein!»
Dürrs Siegeransprache war vorbereitet
Nüchterner wirkte der Verlierer des Tages, Baschi Dürr. Mit dem Basler FDP-Präsidenten Daniel Stolz und Wahlkampfleiter Luca Urgese an seiner Seite nahm er das Resultat regungslos zur Kenntnis. Dürr fehlten ganze 5’752 Stimmen auf Morin. Den Rückstand aus dem ersten Wahlgang, als er beinahe 8500 Stimmen hinter Morin lag, konnte er nur leicht verringern.
Jede Kamera, jedes Mikrofon war danach auf Dürr gerichtet. Der PR-Unternehmer (Farner) funktionierte auch im Moment der Niederlage. Dürr hatte nicht nur eine Siegeransprache vorbereitet. Er sagte gestanzte Sätze, wie den, dass er froh sei, mit 17’300 Stimmen als Sicherheitsdirektor gewählt worden zu sein, denn man müsse «das Ergebnis erstmal ins Trockene bringen». Er verpasste es nicht, Morin zum «ganz klaren Sieg zu gratulieren». Und er wiederholte mal für mal, dass der hart geführte Wahlkampf keinen Einfluss auf die Regierungsarbeit haben würde, denn «die Schwächen des Gegners aufzuzeigen gehört zum politischen Spiel». Das schien sich schon am Wahltag zu bewahrheiten. Dürr und Morin, die erbitterten Gegner der letzten Monate, gaben sich zum Shakehands vor den Fotografen versöhnlich. «Jetzt haben wir gerade Duzis gemacht», bemerkte Morin belustigt.
Morin erwartet von Dürr konkrete Lösungen
«Wir haben in den letzten Wochen viel gestritten», sagte Morin nach der Wahl und kündigte sogleich an, dass die Öffentlichkeit von allfälligen Meinungsverschiedenheiten nicht mehr viel erfahren wird: «Natürlich vertrete ich andere Werte als Baschi Dürr. Aber solche Streitereien werden wir künftig am Dienstag in den Regierungsitzungen führen und nicht mehr öffentlich. Mir ist es sehr wichtig, dass wir als Kollegium geschlossen auftreten – und ich bin überzeugt, dass Baschi Dürr sich im Kollegium gut einfügen wird.»
Morin gab sich im Augenblick des Triumphs – er muss sich künftig nicht mehr anhören, nie vom Volk als Regierungspräsident gewählt worden zu sein – gönnerhaft: «Baschi Dürr ist ein «Gemögiger». Er wird sich beweisen müssen im Justiz- und Sicherheitsdepartement. Er muss nun konkrete Vorschläge und Lösungen bringen.» Das wollte Dürr nach der Wahl noch nicht: «Ich werde jetzt hier nicht halbgare Konzepte vorstellen.»
Dürr versprach übrigens, zu seinen Worten zu stehen, die er im Wahlkampf geäussert hatte. Thema: Kinderbetreuung mit einem Fulltime-Job. Er werde versuchen, ein paar Stunden pro Woche dafür freizuhalten. Möglicherweise lassen sich beide Tätigkeiten, Regieren und Hüten, auch pragmatischer verbinden. Söhnchen Moritz jedenfalls hatte seine helle Freude im Wahlforum und düste lachend durch die Reihen der Journalisten und Politiker. Kinderkrippe Rathaus, warum auch nicht?
Heizmann erreicht mit 460 Franken 17 Prozent
Ob Damian Heizmann, der wilde Kandidat, angetreten, um Baschi Dürr das Leben schwer zu machen, dort nochmals einen Fuss hineinsetzt, ist offen. Die Grüne Ballmer versuchte den Parteilosen, der mit 3’949 Stimmen ein beachtliches Resultat einfuhr, zu überreden, jetzt nicht abzutauchen. «Das geht nicht», sagte Ballmer, «alle vier Jahre in den Wahlkampf zu steigen und dazwischen aus der Politik zu verschwinden.»
Heizmann war zu diesem Zeitpunkt allerdings mit anderem beschäftigt als mit der Sorge um seine politische Zukunft: Er trank kräftig aus einer Pulle Champagner. Sein Fazit der Wahlen: «Enttäuscht bin ich nicht. Denn man kann nicht rund drei Wochen vor den Wahlen auf der Bildfläche erscheinen und das Gefühl haben, man gewinnt. Ich erreichte immerhin rund 17 Prozent der Stimmen, mein Budget für den Wahlkampf betrug 460 Franken. 460 Franken und 17 Prozent, das ist okay.»
Immerhin einen Erfolg konnte Heizmann verbuchen: Der zuständige Wachmann der Staatskanzlei wollte den Velokurier im Kapuzenpullover erst gar nicht reinlassen. «Was wollen Sie hier?», fuhr er Heizmann an. Dieser, sichtlich perplex, antwortete, er sei «amtierender Regierungsratskandidat». Dabei blieb es dann auch.
Kennzahlen zu den Regierungsratwahlen, 2. Wahlgang:
Eingelegte Wahlzettel 33’414
Leere Wahlzettel: 7’702
Stimmbeteiligung 7. Sitz in der Regierung: 32,1 Prozent
Stimmbeteiligung Präsidium: 34,2 Prozent
Christian Mueller vom Freistaat Unteres Kleinbasel erhielt 1’418 Stimmen, obwohl er seine Kandidatur für Damian Heizmann zurückzog.