Basel auf gutem Weg zu einer neuen Stadtgeschichte

Was lange währte, soll endlich gut werden: Das Projekt für eine neue Basler Kantons- und Stadtgeschichte befindet sich auf gutem Weg. Der Grosse Rat hat einen Unterstützungskredit von 4,4 Millionen Franken bewilligt und auch die Sammlung privater Gelder läuft gut.

Blinder Fleck: die Geschichte der Industrialisierung ab 1850. Das Bild stammt aus dem Jahr 1920.

(Bild: look-back.ch)

Was lange währte, soll endlich gut werden: Das Projekt für eine neue Basler Kantons- und Stadtgeschichte befindet sich auf gutem Weg. Der Grosse Rat hat einen Unterstützungskredit von 4,4 Millionen Franken bewilligt und auch die Sammlung privater Gelder läuft gut.

2010 klangen die Worte des Basler Regierungsrats alles andere als wohlwollend: «Angesichts anderer dringlicher Staatsaufgaben scheint dem Regierungsrat eine teure Kantonsgeschichte nicht begründbar», schrieb er in der Antwort auf drei Vorstösse aus dem Grossen Rat, die um Staatsgelder für eine neue Basler Kantons- und Stadtgeschichte warben.

Im Herbst 2016 wählte die Exekutive ganz andere Worte: «Wir brauchen diese Basler Geschichte», betonte Regierungspräsident Guy Morin am 19. Oktober vor dem Grossen Rat.

Das Bedürfnis abgeklärt  

Was ist in diesen sechs Jahren passiert? Der Grosse Rat liess sich von der ursprünglich ablehnenden Haltung der Regierung nicht anstecken. Und ein Verein Basler Geschichte, der in der Zwischenzeit ins Leben gerufen worden war, begann Lobbyarbeit für das Projekt zu machen und überzeugte den Regierungsrat schliesslich mit einem ausführlichen Konzept für das neue Geschichtswerk.

9,36 Millionen Franken sind für das Werk budgetiert. Zwei Drittel soll der Kanton dazu beitragen, ein Drittel private Geldgeber. Die Regierung beantragte einen Unterstützungskredit von 4,4 Millionen Franken. Weitere 1,6 Millionen Franken sollen dem Swisslos-Fonds entnommen werden. Der Verein Basler Geschichte hat bereits 2,26 Millionen Franken von Privaten auftreiben können. Gesammelt werden müssen also nur noch 1,1 Millionen, und das in einem Zeitraum von acht Jahren.

Elf Bände und ein Online-Portal

Geplant ist, von 2017 bis 2024 einen Überblick über die Basler Geschichte von der vorchristlichen Zeit bis in die Gegenwart zur verfassen. In elf Buchbänden soll ein 20- bis 25-köpfiges Forschungs- und Autorenteam verschiedene Epochen und Querschnittsthemen sowie einen Überblick für ein breites Publikum verfassen. Darüber hinaus ist ein Online-Portal geplant.

Dass die Basler Geschichtsschreibung einer Auffrischung bedarf, ist bereits seit längerer Zeit wenig umstritten. Die letzte umfassende Darstellung, «Die Geschichte der Stadt Basel» von Rudolf Wackernagel, ist mittlerweile 99 Jahre alt und endet mit der Reformationszeit. Auch wenn seither viele weitere Werke zu bestimmten Themen erschienen sind, ist die Basler Kantons- und Stadtgeschichte mit zahlreichen weissen Flecken übersät: Die Basler Wirtschaftsgeschichte des 17. und 18. Jahrhunderts, die Geschichte der Industrialisierung und die Migrationsgeschichte sind nur drei Beispiele unter vielen.

Letzter Anlauf gnadenlos gescheitert

Ende der 1980er-Jahre war in Basel bereits ein Anlauf für eine neue Basler Geschichte unternommen worden. Das Anliegen fand seinen Weg durch den Grossen Rat gegen den Widerstand der Rechtsaussenparteien, der CVP und der LDP. Mithilfe der damals noch als rechte Splitterpartei agierenden SVP kam es zum Referendum. Ein Streit zwischen Historikern während des Abstimmungskampfs sorgte schliesslich dafür, dass der zur Debatte stehende Kredit von rund 9 Millionen Franken an der Urne wuchtig verworfen wurde.

Der aktuelle Anlauf verspricht erfolgreicher zu werden. Der Verein Basler Geschichte ist breit abgestützt. Und die Bildungs- und Kulturkommission des Grossen Rats hat das Anliegen mit 9 gegen 2 Stimmen aus der SVP bei einer Enthaltung deutlich unterstützt. Enthalten hat sich der Kommissionspräsident Oswald Inglin, der als Vorstandsmitglied des Vereins Basler Geschichte in den Ausstand trat.

Diese Grundlage überzeugte schliesslich auch den Grossen Rat, der den Staatsbeitrag mit deutlichem Mehr bewilligte.

 

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