Ukraine-Krise zum Trotz reist Regierungspräsident Guy Morin im Herbst nach Moskau, um ein letztes Mal für Basel zu werben. Zu gewinnen gibt es für Morin nichts mehr: Die Erfolgsbilanz der aufwendigen Initiative fällt ernüchternd aus.
Vier Jahre lang dauert das Missverständnis jetzt schon. Viel Geld hat es kostet, viele Erwartungen geweckt und vor allem Ernüchterung ausgelöst. «Basel meets Moscow», die grosse Russland-Expedition des Basler Standortmarketing, versucht sich im Herbst ein letztes Mal.
Angeführt von Regierungspräsident Guy Morin wirbt eine Delegation aus Basler Politikern und Interessenvertretern um die Gunst der russischen Hauptstadt. An einer rauschenden Party in der Residenz des Schweizer Botschafters sollen 120 russische Gäste vom Potential der kleinen Stadt am Rhein überzeugt werden.
Vielleicht denken sich Morin und seine Abteilung Aussenbeziehungen und Standortmarketing, dass ihnen jetzt die gebührende Aufmerksamkeit zuteil wird. Jetzt, wo die westliche Welt auf Distanz geht zum Kreml.
Grosse Bühne für Basler Lokalpolitiker
Es gebe keine politischen Berührungspunkte, versichert Sabine Horvath, Leiterin Aussenbeziehungen und Standortmarketing: «Es handelt sich um einen Austausch auf technischer Ebene.» Vertreter des Gesundheitssektors, des Kulturbetriebs, der Tourismusförderung sollen Kontakte vertiefen. Zumindest Morin ist aber wohl den Politikern zuzurechnen.
100’000 Franken ist Horvath dieses Zusammenkommen wert, obendrauf kommen Ausgaben, die von den halb-staatlichen Partnern übernommen werden. Seit 2011 hat die Präsenz in Moskau alleine das Standortmarketing rund eine halbe Million Franken gekostet. Gegen aussen wird die Aktion wiederholt als grosser Erfolg verkauft. Doch gelohnt, dieser Schluss lässt sich jetzt ziehen, hat es sich vor allem für die mitgereisten Regierungs- und Grossräte, die sich den eigens nach Moskau eingeflogenen Basler Lokaljournalisten auf der Weltbühne präsentierten.
Russische Touristen? Fehlanzeige
Tourismusförderung stand ganz oben auf der Liste der Ziele, die «Basel meets Moscow» erreichen wollte. Basel Tourismus lässt ausrichten, man ziehe ein «sehr positives Fazit». Konkrete Erfolge: 14 russische Journalisten waren auf Einladung von Basel Tourismus eben in Basel. Und Basel sei als Destination in die Reisekataloge wichtiger Russischer Anbieter aufgenommen worden.
Guy Morin weiht den Basilik-Brunnen ein.
Ein Blick in die Reisestatistik ergibt ein anderes Bild: Die Zahl der russischen Touristen nimmt seit zwei Jahren ab, nachdem in den ersten beiden Jahren seit der Lancierung der Präsenz in Moskau 2011 und 2012 tatsächlich mehr Russen in die Stadt kamen.
Das Niveau ist allerdings anhaltend tief: Russland rangierte 2013 in der Länderstatistik der Logiernächte auf Rang 16 und ist damit nach wie vor ein Nischenmarkt. Eigentlich wollte man mit dem Werben in Moskau die Russen von Zürich, Luzern und Genf nach Basel lotsen.
Uni-Spital zieht ernüchterndes Fazit
Noch dürftiger ist die Bilanz im Schlüsselbereich Gesundheit. Das bestätigt das Uni-Spital, das als Partner vor Ort war. «Die Zahl russischer Privatpatienten ist sehr gering», sagt Sabina Heuss, Leiterin Marketing und Kommunikation. Intern ging die Basler Delegation davon aus, mit der Präsenz diesen lukrativen Markt erschliessen zu können.
Beim Uni-Spital stand der Austausch von Ärzten im Fokus. Auch hier ist Heuss‘ Fazit ernüchternd: «Aufgrund sprachlicher Probleme nahmen nur ganz wenige Ärzte am Austausch teil.»
Erfolglos blieben auch die Bemühungen der Wirtschaftsförderer von BaselArea, die 2012 in Moskau den Event «Go for Business in Switzerland!» abhielten. Nach messbaren Resultaten gefragt, teilt BaselArea mit, dass im Jahr 2012 37 Anfragen russischer Unternehmer «aus verschiedenen Vertriebskanälen» eingingen, 2011 waren es 13. Zu einer Ansiedlung eines Unternehmens kam es nicht. 2013 und 2014 gab es nicht mal mehr Anfragen.
Wirtschaftsförderung zieht sich zurück
Einziger handfester Erfolg der Basler Präsenz in Moskau auf wirtschaftlicher Ebene: Für die wirtschaftlich bedeutungslose Herbstwarenmesse konnten einige Anbieter russischer Volkskunst gewonnen werden, nachdem Vertreter der Messe 2012 nach Moskau gereist waren. Nachhaltig waren die Anstrengungen der Wirtschaftsförderung nicht. Seit 2013 hat sich BaselArea ganz aus dem russischen Markt zurückgezogen.
Teilweise funktioniert hat der Austausch auf kultureller Ebene. 2012 widmete sich das mit Lotteriefondsgeldern finanzierte Basler Festival «Culturescapes Moskau» und profitierte dabei auch auf von der gemeinsamen Absichtserklärung zur Partnerschaft. Im Herbst bringt zudem das musikwissenschaftliche Seminar eine Ausstellung in die russische Hauptstadt.
Bürgermeister zeigte kein Interesse
Wie bescheiden das Interesse der Russen an der selbsternannten «City of Vision» Basel ist, zeigen die Bemühungen, auf politischer Ebene Kontakte zu knüpfen. Zweimal versuchten die Basler vergeblich, ein Treffen zwischen Morin und dem Moskauer Bürgermeister einzufädeln. Schliesslich war es einer von acht Vizes, der sich Zeit dafür nahm. Auch als eine Delegation nach Basel eingeladen wurde, interessierte das nur die zweite Garde der Hauptstadtpolitik.
Ganz ohne nachhaltigen Erfolg verabschiedet sich Basel aber nicht aus der gescheiterten Liaison: In einem kleinen Moskauer Park steht nun ein Basilisk-Brunnen.