Die Beihilfen für AHV- und IV-Empfänger sollen nicht gekürzt werden. Das empfiehlt die zuständige Kommission des Grossen Rats. Der Entscheid wirft ein Licht auf die fragwürdige Mechanik des Sparpakets.
Das Sparpaket der Basler Regierung wird aufgeschnürt. Die Gesundheits- und Sozialkommission des Grossen Rats empfiehlt mit einer überraschend deutlichen Mehrheit von 9 zu 3 Stimmen, die Kürzung der Beihilfen von AHV- und IV-Empfängern zurückzunehmen.
Auch bürgerliche Kommissionsmitglieder, die bei der grossen Spardebatte noch beschworen hatten, wie wichtig es sei, das Paket als Ganzes umzusetzen, folgten den Argumenten der Linken, welche die Kürzungen um 60 Prozent für unzumutbar halten. Man hege «schwerwiegende sozialpolitische Bedenken», teilt die Kommission in ihrem Bericht mit.
Tausende Betroffene
Betroffen von den Einsparungen wären tausende Basler gewesen, die an der Schwelle des Existenzminimums leben und AHV oder IV beziehen. Auch wenn die Beihilfen monatlich nur wenige Dutzend Franken betragen pro Person, wäre die Streichung ins Gewicht gefallen, so die Kommission, da bei derart prekären finanziellen Verhältnissen jeder Franken zähle. Mit der Kürzung wollte die Regierung jährlich 4,7 Millionen Franken einsparen.
Sollte der Grosse Rat seiner Kommission folgen, bleibt unklar ob der Betrag woanders eingespart werden muss, oder ob das Entlastungspaket von jährlich 65 Millionen Franken abgespeckt wird. Im zuständigen Departement für Wirtschaft, Soziales und Umwelt (WSU) will man sich dazu nicht äussern.
Dem WSU ist es in der Kommissionsdebatte nicht gelungen, die Sparmassnahme plausibel zu machen. Der Grund, weshalb es die Beihilfen traf, entlarvt den Mechanismus hinter den baselstädtischen Sparmassnahmen. Diese erfolgten offenbar nicht nach dem Grundsatz, dass dort gespart wird, wo man auf etwas verzichten kann – sondern dort, wo die politische Umsetzung am bequemsten möglich ist.
Bequemste Lösung
WSU-Departementschef Christoph Brutschin (SP) beklagte vor der Kommission, es sei nicht einfach gewesen, ein Sparziel zu finden, da bei vielen Budgetposten rechtliche und sozialpolitische Verpflichtung bestünden. Die Senkung der Beihilfen hätte die «am wenigsten unangenehme Massnahme» dargestellt. Im Rahmen der sogenannten Opfersymmetrie verlangte die rotgrüne Regierung von allen Departementen Streichungen.
Die Kommission überzeugte diese Herangehensweise nicht. Man sei nicht bereit, den Rotstift beim Engagement für sozial Schwache anzusetzen, solange in «anderen Bereichen des staatlichen Wirkens der Wille zu umfangreichen Ausgaben» festgestellt werde. Als Beispiele für Grossausgaben werden die Theatersubventionen und die Umgestaltung der Innenstadt angeführt.
Festhalten an der Opfersymmetrie
Die kleine Minderheit in der Kommission wollte vor allem aus grundsätzlichen Überlegungen an der Kürzung der Beihilfen festhalten. So FDP-Grossrat Christian Egeler, der befürchtet, nun werde «das ganze Sparpaket aufgedröselt». Egeler befürwortet das Prinzip der Opfersymmetrie.
Ähnlich argumentiert SVP-Mann Lorenz Nägelin, auch er steht hinter der Streichung: «Wo wird denn schlussendlich gespart, wenn wir jetzt anfangen, alles aufzuweichen?»
Egeler wie Nägelin zeigen sich überrascht über die deutliche Mehrheit in der Kommission, die nur dank solider bürgerlicher Unterstützung zustande gekommen ist. Egeler erklärt sich das damit, dass die Streichung bei den sozial Schwachen «äusserst unpopulär» sei.
Taktisches Manöver
In linken Kreisen vermutet man dahinter auch einen taktischen Kniff. Das angedrohte Referendum gegen die Kürzung hätte den Linken im Wahljahr 2016 Auftrieb verschafft – und als Plebiszit gegen das Sparpaket aufgefasst werden können.