Basel-Städter zahlen heute in manchen Fällen weniger Steuern als Einwohner in Baselland. Von Steuerhölle oder Steuerparadies kann deshalb bei den Halbkantonen keine Rede sein.
Die Unterscheidung zwischen Steuerhölle (Basel-Stadt) und Steuerparadies (Baselland) hat sich in vielen Köpfen festgesetzt. Gerade dann, wenn die Stadt Finanzhilfe an den darbenden Landkanton leisten will, treten diese Schlagworte in den Vordergrund.
Doch ist Baselland im Vergleich zur Stadt tatsächlich ein Steuerparadies? Ein genauer Blick auf die Steuerbelastung zeigt, dass diese Behauptung längst nicht mehr stimmt. In manchen Fällen zahlen Baselstädter heute sogar weniger Steuern als Einwohner von Baselbieter Gemeinden. Namentlich gut verdienende Singles kommen in der Stadt steuergünstiger weg als auf dem Land.
Die Unterschiede zwischen den Gemeinden in Baselland sind gross. In Bottmingen liegt der Steuerfuss am Tiefsten, in Oberbaselbieter Gemeinden ist die Steuerbelastung ungleich höher.
Dennoch lässt sich sagen: Wer ganz wenig oder sehr viel verdient, zahlt in der Stadt im Vergleich zum Land wenig Steuern. Auf dem Land profitieren hingegen Personen aus dem Mittelstand von Steuererleichterungen, insbesondere dann, wenn sie Kinder haben und ein Haus besitzen.
Ehepaare mit zwei Kindern zahlen auf dem Land weniger als in der Stadt. Nimmt man weitere Lebenskosten wie Kinderbetreuung oder Mieten dazu, so leben ebendiese Ehepaare in der Stadt günstiger als auf dem Land – das zeigt ein Direktvergleich der TagesWoche.
Steuern sukzessive gesenkt
Die unterschiedliche Steuerbelastung erklärt sich vor allem aus den verschiedenen Steuermodellen von Stadt und Land. Im Landkanton steigt der Steuersatz bei höheren Einkommen (Steuerprogression), in Basel-Stadt gibt es hingegen einen Einheitssteuersatz von 22,25 Prozent – eine «Flatrate», die bei fast allen Einkommen gleich ist.
Überdies kennt Basel-Stadt sehr hohe Pauschalabzüge. Wer beispielsweise netto 80’000 Franken verdient, muss in der Stadt nur etwa 56’000 Franken versteuern. In Baselland läge das steuerbare Einkommen in diesem Fall bei etwa 77’000 Franken, der durchschnittliche Steuersatz in den Gemeinden liegt hingegen bei etwa 16 Prozent (Kantons- und Gemeindesteuern zusammengenommen).
Die beiden Halbkantone haben in den vergangenen 15 Jahren die Steuerbelastung für Privatpersonen sukzessive gesenkt. Bei Steuerreformen galt jeweils die Devise, dass keine Personengruppe zusätzlich belastet werden soll. Denn das wäre politisch kaum durchsetzbar gewesen.
In Basel-Stadt erfolgte die Steuersenkung unter dem Druck von CVP und SVP, die via Volksinitiativen die Steuerbelastung für Privatpersonen senken wollten. Regierung und Parlament entschieden 2007, die Steuerprogression weitestgehend abzuschaffen und das Flaterate-Modell einzuführen. Einkommen bis 200’000 wurden fortan mit dem gleichen Satz besteuert. Gleichzeitig sollte dieser Satz sukzessive gesenkt werden – von 23,5 auf heute 22,25 Prozent.
Basel attraktiv für Reiche
Das neue Modell sorgte Schätzungen zufolge für jährliche Steuerausfälle von 85 Millionen Franken bei Privatpersonen. Ziel der Regierung war es damals, mit der milderen Steuerbelastung die Attraktivität des Stadtkantons als Wohnsitz für Reiche zu steigern.
Tatsächlich stiegen die Steuereinnahmen bei natürlichen Personen von 2007 bis heute leicht, was auch mit der wachsenden Bevölkerung in Verbindung steht. Mit dem Flatrate-Modell wurde Basel-Stadt insbesondere für sehr gut verdienende Personen attraktiv.
Familien und Rentner begünstigt
In Baselland wurden in den vergangenen 15 Jahren eine Reihe an Steuererleichterungen vorgenommen. Ab 2001 wurden beispielsweise die Abzüge bei doppelverdienenden Ehepaaren erhöht und Kinderabzüge direkt vom Steuerbetrag abgezogen, was dazu führte, dass Ehepaare mit Kindern weniger Steuern zahlen mussten.
2007 folgte dann die umfassendste Steuerreform im Landkanton, von der insbesondere Familien und Rentner profitierten. So wurden beispielsweise die Pauschalabzüge für Versicherungen und Kinder erhöht sowie ein Sozialabzug für Rentner eingeführt. Ausserdem führte der Kanton ein Vollsplitting für doppelverdienende Ehepaare ein, die nunmehr höhere Beiträge vom steuerbaren Einkommen abziehen konnten. Allein diese Massnahmen hatten Steuerausfälle in Höhe von 40 Millionen Franken zur Folge, wie die Baselbieter Regierung heute schätzt.
Insgesamt wurden die natürlichen Personen jährlich um 114 Millionen Franken entlastet, so die Schätzung der Regierung. Erleichterungen für Unternehmen führten zu Steuerausfällen von 67 Millionen Franken.
Steuerpolitik bringt Baselland in die roten Zahlen
Die beiden Halbkantone verfolgten in den vergangenen Jahrzenten das Ziel, Steuern zu senken, um damit die Standort-Attraktivität zu erhöhen. Im Landkanton scheint diese Strategie nicht aufzugehen – die roten Zahlen können mitunter als eine Folge der Steuersenkungspolitik angesehen werden. Die Stadt geriet hingegen nicht in finanzielle Nöte, was wiederum mit spezifischen wirtschaftlichen Bedingungen zusammenhängen mag.